Es ist jetzt genau 15 Jahre her. Am 2. April 2010, dem Karfreitag, gerieten deutsche Soldaten bei Kunduz in Afghanistan in einen Hinterhalt. Mehr als acht Stunden kämpften sie gegen eine Überzahl von Taliban. Drei Soldaten fielen, fünf wurden verwundet, sechs verbündete afghanische Soldaten kamen ums Leben. Dabei handelt es sich um das bekannteste Gefecht in der Geschichte der Bundeswehr.

Der Rostocker Lehrer und Afghanistan-Veteran Wolf Gregis hat das damalige Geschehen rekonstruiert. Mit seinem Buch „Das Karfreitagsgefecht. Deutsche Soldaten im Feuer der Taliban“ will er verhindern, dass die dramatischen Ereignisse in Vergessenheit geraten.

Als Erster alle Quellen ausgewertet

Dieses Gefecht sei heute kaum noch bekannt, bedauert Gregis, der mit bürgerlichem Namen Christian Taszarek heißt. Das Karfreitagsgefecht sei zu einem Mythos geworden. „Ich will entmystifizieren und erklären, was wirklich passiert ist“, unterstreicht er. Dazu hat Gregis 24 Soldaten interviewt, die damals dabei waren, und alles minutiös rekonstruiert. Sönke Neitzel, Professor für Militärgeschichte in Potsdam, lobt Gregis als jemanden, der als Erster alle Quellen ausgewertet habe. „Ein wichtiges Buch“, so Neitzel, immerhin der zurzeit führende Militärhistoriker in der Bundesrepublik.

Dieses Buch erlebt gerade seine zweite Auflage. Doch Gregis, der am Innerstädtischen Gymnasium Rostock Deutsch und Geschichte lehrt, geht es nicht um Verkaufszahlen. „Ich ziele nicht auf die breite Masse ab“, sagt der 43-Jährige. „Meine Zielgruppe sind die Soldaten, die Veteranen und ihre Freunde.“

Vor allem den Einsatzveteranen will er eine Stimme geben. Gregis war selbst als Oberleutnant der Panzertruppe 2008/09 im Afghanistan-Einsatz. „Der deutsche Veteran geht gebückt“, stellt Gregis fest und vermisst die Anerkennung ihrer Leistung in der bundesdeutschen Gesellschaft.

Sein Buch solle zur Traditions- und Identitätsbildung beitragen, verfolgt Gregis ein großes Ziel. Gleichzeitig hat er einen Aufklärungsanspruch. „Es geht um einen Haufen junger Männer, normale Menschen, die vom Bundestag ans hässliche Ende der Welt geschickt wurden und dort Kameradschaft, Tapferkeit und Einsatzbereitschaft unter Beweis gestellt haben“, sagt der Autor. Im Gefecht würden sich diese soldatischen Werte in Aktion zeigen. „Dabei will ich nicht heroisieren, sondern erzählend aufarbeiten“, ergänzt er. Auch das hässliche Ende des Soldatenberufs spart Gregis nicht aus: Kampf, Verwundung und Tod.

Die Leistung von Veteranen verdeutlichen

Der Afghanistan-Einsatz sei die bisher größte Probe für die Bundeswehr gewesen, so Gregis. Er will mit seiner Arbeit die Leistung von Veteranen stärker in den Vordergrund rücken. Dazu verbreitet er Kurzvideos in den sozialen Medien und hat den Veteranencast „Helm ab“ ins Leben gerufen. Gregis, der sein Veteranenabzeichen an seinem Jackett trägt, wünscht sich mehr Präsenz von Veteranen im öffentlichen Raum. „Zum Beispiel eine Einladung zum Neujahrsempfang im Rathaus oder zum Gedenken am Volkstrauertag“, sagt er. „Zudem sollten sie eine Stimme in Schulen bekommen, um von ihren Einsätzen zu berichten.“

Die Geschichten der Veteranen dürfen nicht vergessen werden, ich sammele sie ein und mache sie haltbar.

Wolf Gregis, Lehrer und Autor aus Rostock

„Die Geschichten der Veteranen dürfen nicht vergessen werden, ich sammele sie ein und mache sie haltbar“, sagt Gregis. Dabei verfolgt er einen kulturell-gesellschaftlichen und keinen politischen Ansatz. „Veteranen sollen sich aufrichten und stolz auf ihren Dienst sein. Sie müssen in ihrer gesellschaftlichen Rolle als Stabilitätsfaktor sichtbar werden. Sie können Vorbilder sein – denn daran mangelt es uns“, erklärt Wolf Gregis sein Anliegen.