Es war schon lange geplant, jetzt sollen die Unterschriften gesetzt werden: An diesem Freitag kommen Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Polens Regierungschef Donald Tusk in Nancy zusammen, um ein umfangreiches Freundschafts- und Sicherheitsabkommen zu unterzeichnen.

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Der Vertrag von Nancy umfasst Themen von wirtschaftlicher Zusammenarbeit über Bildung bis hin zur möglichen Zusammenarbeit beim Bau eines Atomkraftwerkes in Polen. Im Fokus stehen aber vor allem Sicherheit und Verteidigung.

In Zeiten anhaltender geopolitischer Spannungen mit Belarus und Russland ist Polen als Ostflanke der Nato ein unumgänglicher Partner in Sachen Verteidigung – das hat auch Frankreich erkannt.

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Nancy und Polen – eine gemeinsame Geschichte

Das Abkommen reiht sich in eine Serie bilateraler Verträge ein, mit denen Frankreich seine Beziehungen zu europäischen Partnerstaaten gefestigt hat.

Historisches Vorbild bleibt der Élysée-Vertrag von 1963, der das Fundament der deutsch-französischen Freundschaft legte und der 2019 in Aachen modernisiert wurde. Es folgten ein Vertrag mit Italien 2021 und ein Abkommen mit Spanien 2023.

Nancy, die Stadt im Osten Frankreichs, wurde nicht zufällig gewählt – sie steht für die historischen Verbindungen zwischen Frankreich und Polen.

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Im 18. Jahrhundert regierte dort der polnische König Leszczynski Stanisław, der nach seiner Vertreibung – beeinflusst durch russische Machtinteressen – im französischen Exil zum Herzog von Lothringen wurde.

An ihn erinnert heute noch der zentrale Place Stanislas, eines der prunkvollen Herzstücke von Nancy.

Das Rathaus von Nancy auf dem Place Stanislas. Inmitten des Platzes eine Statue des ehemaligen Exil-Herzogs.

© Foto: imago/Panthermedia/Steve Allen

Die Unterzeichnung wird französischen Medienberichten zufolge in dem Nachbarort Toul stattfinden.

Dort war Anfang der 1920er Jahre eine zentrale Einreisestelle für polnische Arbeiter, die nach dem Ersten Weltkrieg für die Minenarbeit in Frankreich rekrutiert wurden.

Europas mächtige Mitte wächst

Der Vertrag von Nancy ist das erste Abkommen dieser Art, das Frankreich mit einem Staat schließt, das kein direkter Nachbar ist.

Wie der französische Außenminister Jean-Noel Barrot im Beisein des polnischen Außenministers Radosław Sikorski am Dienstag bei einem Botschaftertreffen sagte, soll der Kooperationsvertrag ein neues Kapitel in den polnisch-französischen Beziehungen einleiten.

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Die französische Wochenzeitung „Le Point“ wertet diesen Schritt als Teil von Präsident Macrons Strategie, die europäischen Staaten um Frankreich herum zu einen. Das gemeinsame Abkommen ist somit auch ein Zeichen der Ankerkennung Polens als zentrale politische Kraft in Europa.

Der Vertrag von Nancy kann auch einen Neustart der polnisch-französischen Beziehungen auf Augenhöhe markieren. Viele Französinnen und Franzosen wissen noch immer wenig bis gar nichts über Polen.

Alte Klischees, wie das des „polnischen Klempners“, stehen noch immer sinnbildlich für vermeintliche Billigkonkurrenz und prägen bis heute das öffentliche Bewusstsein in Frankreich.

Bisher verließ sich Polen auf die USA

Für Polen ist dieser Vertrag auch ein wichtiger Schritt in Sachen Verteidigung. Der Osteuropa-Experte der Stiftung für Wissenschaft und Politik, Kai Olaf-Lang, weist darauf hin, dass Polens Sicherheitspolitik bisher auf die Nato und das enge Bündnis mit den USA baut.

Kai-Olaf Lang ist Experte für Osteuropa und EU bei der Stiftung für Wissenschaft und Politik (SWP).

„Auch wenn man in Polen beteuert, dass die USA zu ihren Sicherheitsgarantien stehen, wird die Annäherung der Trump-Administration an Russland oder der Umgang mit der Ukraine mit Sorge beobachtet“, sagt er.

Frankreich habe mit seiner Atomstreitmacht und seiner ostpolitischen Neuausrichtung nun für Polen eine neue Attraktivität. 

In Bezug auf Deutschland, sagt Lang, sei noch abzuwarten, ob ein ähnliches Abkommen wie mit Frankreich angestrebt wird.

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Beim Antrittsbesuch von Kanzler Friedrich Merz am Mittwoch in Warschau war deutlich geworden, dass Polen die Alleingänge der neuen Regierung bei den Grenzkontrollen nicht hinnehmen will.

Eine Gelegenheit, auch die deutsch-polnischen Beziehungen aufzustocken, wäre das Jubiläum des Nachbarschaftsvertrags Mitte Juni.