Newsblog zum Ukraine-Krieg
Darum will Merz zu Waffenlieferungen schweigen
Aktualisiert am 09.05.2025 – 23:54 UhrLesedauer: 25 Min.
Bundeskanzler Friedrich Merz (Archivbild): Der neue Regierungschef setzt auf eine neue Strategie bei der Weitergabe von Waffensysteme. (Quelle: Kay Nietfeld/dpa/dpa-bilder)
Bundeskanzler Friedrich Merz prüft eine neue Linie bei den Waffenlieferungen für die Ukraine – auch medial. Alle Entwicklungen im Newsblog.
Großbritannien und mehrere nordeuropäischen Länder haben bei einem Gipfeltreffen im norwegischen Oslo eine bedingungslose Waffenruhe in der Ukraine gefordert. „Wir brauchen eine bedingungslose Waffenruhe, um einen dauerhaften Frieden zu erreichen“, sagte der norwegische Regierungschef Jonas Gahr Störe am Freitag vor Journalisten. Sollte eine solche Feuerpause nicht eingehalten werden, müssten Sanktionen verhängt werden.
Die Staats- und Regierungschefs der multilateralen Eingreiftruppe Joint Expeditionary Force (JEF) standen laut Störe am Donnerstagabend in Kontakt mit US-Präsident Donald Trump und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Die 2014 ins Leben gerufene Militärallianz JEF besteht aus zehn Ländern: Dänemark, Estland, Finnland, Island, Lettland, Litauen, Norwegen, Großbritannien, den Niederlanden und Schweden.
Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Störe sagte der finnische Präsident Alexander Stubb, die JEF wolle mögliche Sanktionen mit den USA koordinieren. Aktuell seien Sanktionen gegen den russischen Banken- und Energiesektor im Gespräch, wie von Selenskyj vorgeschlagen, erklärte Stubb. Russland sei militärisch und wirtschaftlich in einer schwierigen Lage, betonte der finnische Präsident. „Russland kann diese Situation nicht aufrechterhalten, also lasst uns den Druck maximieren.“
Die neue Bundesregierung wird nach Angaben aus Regierungskreisen künftig die Information über die Lieferung von Waffensystemen an die Ukraine deutlich reduzieren. Man wolle eine „strategische Ambiguität“ in der Kommunikation erreichen, um Russland keine strategische Vorteilen mehr zu verschaffen, hieß es am Freitag. Damit dürfte auch die Veröffentlichung der von Deutschland gelieferten Liste des Militärmaterials auf den Seiten der Regierung eingestellt werden.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte bereits beim Besuch von Kanzler Friedrich Merz am Mittwoch betont, man habe verabredet, dass man nicht mehr über einzelne Waffensysteme für die Ukraine öffentlich sprechen wolle. „Deshalb haben wir beschlossen, dass wir eben in gewissen Bereichen nicht eindeutige Informationen geben“, sagte er. Merz wurde in Paris mehrfach zu möglichen Lieferungen des Marschflugkörpers „Taurus“ aus deutschen Beständen an die Ukraine befragt. Macron hatte dazu erklärt, man werde nicht bei Pressekonferenzen über Waffenkategorien und Modelle reden, „denn es könnte durchaus sein, dass auch die russische Armee die Antwort auf die Fragen hört.“
Nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine Ende Februar 2022 hatte die frühere Bundesregierung zunächst nur sporadisch über die militärische Hilfe berichtet, bis sie dann auf Druck von Abgeordneten und der Medien ab dem 21. Juni 2022 eine ständig aktualisierte Liste der gelieferten Systeme und Güter ins Internet stellte. Nun folgt unter Merz die mediale Zeitenwende.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat für Samstag ein Gipfeltreffen mit führenden europäischen Politikern in der Ukraine angekündigt. „Wir bereiten uns darauf vor, in der Ukraine die Anführer der Koalition der Willigen zu treffen“, hieß es in einem am Freitag von seinem Pressedienst veröffentlichten Redeauszug. „Wir werden morgen Zusammenkünfte haben“, sagte Selenskyj demnach, ohne die Teilnehmer zu benennen.
Der sogenannten Koalition der Willigen gehören unter anderem Deutschland, Großbritannien und Frankreich an. Sie war im März nach dem Eklat zwischen Selensky und US-Präsident Donald Trump bei deren Treffen im Weißen Haus ins Leben gerufen worden. In der rund 30 Länder zählenden Gruppe werden zusammen mit Vertretern der Nato und der EU vor allem die möglichen Beiträge Europas zu einer Waffenruhe und zur Friedenssicherung in der Ukraine diskutiert.