Bisher galt in der Bundesrepublik bei Koalitionsverhandlungen stets die Regel, dass die Posten, also auch die Ämter für Ministerinnen und Minister, zum Schluss vergeben werden. Daran haben sich Union und SPD ebenfalls gehalten. Hinter den Kulissen wird aber längst spekuliert, wer in einem vom voraussichtlichen neuen Kanzler Friedrich Merz (CDU) geleiteten Kabinett was werden könnte.

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Da die SPD ihre Posten paritätisch besetzen wird, dürfte es auf höchstens drei Männer und drei Frauen hinauslaufen. Co-Parteichefin Saskia Esken werden Ambitionen auf einen Kabinettsposten nachgesagt. Der Druck auf sie hat sich aber nach der Wahlniederlage noch einmal massiv verstärkt. Einem Medienbericht zufolge wollen SPD-Mitglieder nun verhindern, dass Esken Ministerin wird.

Auf keinen Fall darf Saskia Esken als Ministerin wegbefördert werden.

Gerhard Gaiser, SPD-Fraktionschef im Kreistag Freudenstadt in Eskens Wahlkreis

Gerhard Gaiser, SPD-Fraktionschef im Kreistag Freudenstadt in Eskens Wahlkreis, sagte der „Bild“: „Vor dem Mitgliederentscheid muss bekannt sein, wer in der Regierung Ministerin und Minister wird. Alles andere wäre nur die halbe Wahrheit. Da muss die Parteiführung mit offenen Karten spielen und beweisen, dass die versprochene personelle Erneuerung kommt.“

Gaiser hat klare Vorstellungen, wer nicht Mitglied im neuen Kabinett werden soll: „Auf keinen Fall darf Saskia Esken als Ministerin wegbefördert werden. Sonst sehe ich schwarz für die SPD und die fünf Landtagswahlen im nächsten Jahr.“

Fürths OB fordert Verzicht von Esken vor Mitgliederentscheid

Fürths Oberbürgermeister Thomas Jung (SPD) ruft Esken dazu auf, noch vor der SPD-internen Abstimmung über den Koalitionsvertrag ihren Verzicht auf ein Ministeramt zu erklären: „Die Genossin Esken sollte noch vor dem Mitgliederentscheid die Größe haben zu erkennen, dass sie keinen hilfreichen Beitrag leisten kann zu einem Wiederaufstieg der SPD.“

Auch Katrin Lange (SPD), Innenministerin von Brandenburg, mahnte an, dass die künftigen Regierungsmitglieder den erforderlichen Politikwechsel verkörpern müssten. „Die Geduld der Menschen mit der bisherigen Politik geht zu Ende“, so Lange.

„Klebt wie Pattex am Parteivorsitz“ Die SPD steckt im Esken-Dilemma

Von der Bundes-SPD verlangt Lange, die in der Vergangenheit schon mehrfach Esken und ihre politischen Positionen kritisiert hatte, eine Politikwende bei Migration, Frieden, Klima, Wirtschaft, Energie. „Und wir müssen passende Leute finden, die solche neuen Inhalte in der Regierung umsetzen“, so Lange.

Esken wehrt sich vehement gegen die Vorwürfe, für die Wahlschlappe der SPD allein verantwortlich gemacht zu werden. Angesichts einer aktuellen Umfrage, die die AfD erstmals gleichauf mit der Union bei je 24 Prozent sieht, sagte Esken am Samstag, sie setze darauf, dass eine schwarz-rote Koalition dem kriselnden Deutschland wieder Auftrieb gibt und so der AfD Nährboden entziehen kann.

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„Um die AfD wieder kleiner zu machen, kommt es darauf an, dass wir jetzt liefern. Dass wir einen Koalitionsvertrag aufschreiben, uns Vorhaben vornehmen, die wir auch erfüllen können“, sagte Esken.

Man müsse „dafür sorgen, dass die Daseinsvorsorge wieder verlässlich den Menschen auch zur Seite steht, dass sie Sicherheit haben, auch was ihre Arbeitsplätze anbelangt. Und dann werden wir es auch schaffen“, sagte Esken mit Blick auf die AfD. Die Union hatte die Wahl am 23. Februar mit 28,5 Prozent gewonnen. Die AfD landete mit 20,8 Prozent auf Platz zwei. (lem)