DruckenTeilen
„Gotter Nes, die Hexe von Offenburg“ ist die vierte Romanbiografie von Autorin Renate Tebbel, die in Hann. Münden geboren und aufgewachsen ist. © Müller, Kira
In der Romanbiografie von Renate Tebbel geht es um eine Frau, die der Hexerei angeklagt wurde – und überlebte.
Eine neue Romanbiografie von Renate Tebbel ist Anfang Februar erschienen. Gotter Nes, die Hexe von Offenburg heißt das vierte Werk der Autorin, die in Hann. Münden geboren und aufgewachsen ist.
Auf knapp 200 Seiten erzählt Renate Tebbel von einer Frau, Agnes Gotter, die zwar der Hexerei angeklagt wurde, dies aber bis zuletzt geleugnet hat – und schlussendlich auch frei kam. Sie sei, wie Tebbel erklärt, eine der Frauen, die zum Ende der Hexenbewegung geführt haben.
Frau Tebbel, dies ist Ihre vierte Romanbiografie. Wie sind Sie auf ein doch eher ungewöhnliches Thema gekommen?
Das erste Mal bin ich mit dem Thema in Berührung gekommen, als ich verschiedene Artikel für die hiesigen Zeitungen geschrieben habe. Unter der Überschrift „Meilensteine der Geschichte“ habe ich mich zum Beispiel mit dem Bauernkrieg in Offenburg beschäftigt – und auch mit Hexen. Das war im Jahr 2000.
Das ist schon lange her. Wie viel Zeit haben Sie denn in die Recherche gesteckt?
Das Thema ist jetzt ungefähr 24 Jahre gewachsen und groß geworden. Manchmal beschäftigen einen Themen sehr lange und dann muss man sich entscheiden, ob man das endlich aufschreibt oder ganz abbricht. Ich habe mich entschieden, die Geschichte auf Papier zu bringen.
Wie viel von dieser Geschichte ist in der Vergangenheit wirklich passiert und was ist Ihrer Fantasie entsprungen?
Alle Namen, Schicksale und Prozesse sind in echt so passiert. Dafür habe ich in einem Archiv in Karlsruhe recherchiert. Fiktiv sind alle Beziehungen zwischen den Personen. Die Geschichte spielt im Buch über einen Zeitraum von vier Wochen, behandelt aber insgesamt zwei Jahre. Ich habe den Zeitraum verdichtet.
Haben Sie schon Rückmeldungen bekommen? Wie wird das Buch angenommen?
Die erste Auflage – das waren 1000 Exemplare – ist jetzt fast ausverkauft. Das Buch findet Anklang, obwohl es kein leichtes Thema ist. Es ist schon passiert, dass bei einer Lesung jemand weinend rausgerannt ist. Mir ist es aber wichtig, auch an die Frauen zu denken, die in dieser Zeit umgekommen sind. Wir haben eine Erinnerungskultur, bei der wir an alle Opfer denken, das Denken an die Hexenverbrennung, bei der 50.000 (vermeintliche) Hexen umgekommen sind, kommt dabei zu kurz.
Welche Leser erreichen Sie mit der Biografie?
Vor allem historisch interessierte Leser, aber auch viele Frauen, die sich die Frage stellen, warum mehr Frauen als Männer der Hexerei angeklagt wurden. Den Gedanken, dass dabei die physische Stärke von Männern eine große Rolle gespielt hatte, kam mir vor Gesprächen mit Lesern gar nicht. Besonders freue ich mich, dass mein Buch als Grundlage für ein Theaterstück genutzt wurde.
Theaterstück?
Ein Theaterlehrer, der auch die Junge Theaterakademie Offenburg leitet, hat mich vor Kurzem zu meinem Buch kontaktiert. 40 bis 50 Schüler haben sich in der Akademie mit einer Inszenierung rund um das Thema Hexenverbrennung beschäftigt.
Ich war vor einigen Wochen bei den Proben dabei, das war sehr anregend. Bei meinem Theaterbesuch hat sich herauskristallisiert, dass die 14-jährige Agatha (in meinem Buch Kapitel 11 und 12) im Mittelpunkt stehen soll. Das Stück wird dann im November aufgeführt.
Also beschäftigt das Thema auch noch in der heutigen Zeit?
Manche Themen sind alt, sind aber immer wieder aktuell. Die Unschuldsvermutung gibt es etwa seit dem 18. Jahrhundert. Das Rechtssystem gibt dabei vor, dass bei einer Anklage ohne Beweise, der Angeklagte so lange als unschuldig gilt, bis das Gegenteil bewiesen wird. Dies wird in der heutigen Zeit immer wieder infrage gestellt. Da können Parallelen zur Zeit der Hexenverbrennung gezogen werden, wo es diese Unschuldsvermutung noch nicht gab.
Gibt es einen konkreten Bezug zu Ihrer Heimatstadt Hann. Münden?
Ich trage die Stadt Hann. Münden immer noch mit mir herum. Mindestens einmal im Jahr bin ich dort, um meine Verwandten zu besuchen. Ich habe das Gefühl, dass das Mittelalter dort noch lebt. Beim Schreiben konnte ich mir das Atmosphärische bildlich vorstellen und war dabei geistig immer in den engen Gassen in Hann. Münden unterwegs.
Informationen: Das Buch „Gotter Nes, die Hexe von Offenburg“ ist im Seitenweise Verlag erschienen, kostet 18,50 Euro und ist im Buchhandel oder auf Anfrage per E-Mail unter rtebbel2146@gmail.com erhältlich.