Hamburg – Zum Feiern ist den Arbeitern gar nicht zumute. Dafür steckt ihnen zu tief in den Knochen, was sie erleben mussten. Unhaltbare Zustände auf der Großbaustelle sollen mehrere ihrer Kollegen das Leben gekostet haben.

Schon dreimal musste der Betreiber die Eröffnungsfeier für das Westfield-Center in der HafenCity in Hamburg wegen erheblicher Verzögerungen und Baumängeln verschieben. Am Dienstag soll es nun so weit sein.

Trauer statt Party

Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD, 59) ist zur Feier geladen, parallel trauern die Arbeiter. Motto der Demo: „Ihre Shopping-Mall. Unser Grab.“ Mehr als 100 Bauarbeiter haben sich angekündigt. Jörg Harder (59), Teamleiter der IG Bau Hamburg, zu BILD: „Wir wollen an die verstorbenen Bauarbeiter erinnern, die unter unsagbaren Zuständen dort arbeiten mussten.“

Drei Opfer des Baustellen-Unglücks: Alfred V. (34), Albert Z. (31) und Astrit X. (39)

Drei Opfer des Baustellen-Unglücks in Hamburg: Alfred V. (34), Albert Z. (31) und Astrit X. (39)

Foto: privat

Das riesige Einkaufs- und Erlebniscenter (579 Wohnungen, 4000 Büroarbeitsplätze, 3 Hotels und 150 Geschäfte) hat Unibail-Rodamco-Westfield mehr als 2 Milliarden Euro gekostet. Arbeitsschutz spielte laut Harder eine untergeordnete Rolle.

Furchtbare Unfälle auf der Westfield-Center-Baustelle

Tatsächlich hat es während der Arbeiten auf der Mega-Baustelle eine Vielzahl von schweren Unfällen, auch durch schlechte Arbeitsbedingungen, gegeben.

  • Fünf Arbeiter starben beim Einsturz eines Baugerüstes (Oktober 2023)
  • Ein Metallteil verletzte einen Bauarbeiter am Kopf (März 2023)
  • Sturz eines Bauarbeiters von einem Baugerüst (April 2023)
  • Schwerer Stromschlag wegen eines nicht isolierten Kabels (Juni 2023)
  • Großbrand durch mehrere explodierte Gasflaschen (Juni 2023)

Lesen Sie auch

Eine Senatsantwort auf CDU-Anfrage hat bereits offenbart, dass wenige Tage vor dem tödlichen Unfall auf der Baustelle bei Kontrollen unter anderem fehlende Absturzsicherungen und viele weitere Mängel festgestellt worden waren.

Keine Hilfe für die Angehörigen

Unterstützung für die Angehörigen der Opfer – Fehlanzeige! „Ohne unseren Spendenaufruf wären die Verbliebenen sogar auf den Rückführungskosten ihrer Liebsten hängen geblieben. Das muss man sich mal vorstellen. Die Einkommensquelle ist weg. Und die Familien bleiben ohne Versorgung zurück“, sagt IG BAU-Sekretär Ilja Clemens Melzer (35) zu BILD.

Das „Westfield-Center“ kostete mehr als 2 Milliarden Euro

Das Westfield-Center kostete mehr als 2 Milliarden Euro

Foto: Stephan Wallocha

Was läuft auf den Baustellen schief?

„Generalunternehmer geben die Arbeiten an Subunternehmen weiter. Mir ist es oft unerklärlich, wie diese kleinen Bauunternehmen ihre Kosten decken können, bei den derart niedrig angesetzten Kalkulationen“, sagt der Experte vom Bauhauptgewerbe Region Nord zu BILD. Die Folge: „Auf den Baustellen wird auf den Rücken der Arbeitnehmer gespart.“

Nach Ansicht von IG-Bau-Mann Harder sind zudem die Kontrollorgane unterbesetzt und sei es nur eine Frage der Zeit, bis es die nächsten Toten auf einer Baustelle gibt.