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Drei polnische Mitglieder der Fraktion Europa der Souveränen Nationen (ESN) im Europäischen Parlament sind über die Haltung der Fraktion gegenüber Russland mit anderen Fraktionsmitgliedern im Streit. Das bestätigten mehrere mit der Angelegenheit vertraute Quellen.
Die Polen Marcin Sypniewski, Stanisław Tyszka und Ewa Zajączkowska-Hernik, die auf der Liste „Konföderation“ gewählt wurden, sind den Quellen zufolge unzufrieden mit der allgemeinen Haltung ihrer Kollegen zu Russland und dem Verhalten einiger Personen in der Fraktion.
Die Teilnahme von Delegierten der bulgarischen Partei Revival – darunter der Europaabgeordnete Stanislav Stoyanov – an der Parade zum Tag des Sieges in Moskau am 9. Mai sei ein erschwerender Faktor gewesen, so die Quellen.
Revival hat vor kurzem ein Kooperationsabkommen mit Wladimir Putins Partei „Einiges Russland“ unterzeichnet. Die Gruppe „Renew Europe“ im Parlament hat eine Untersuchung darüber gefordert, ob Abgeordnete von Revival finanzielle Zuwendungen von „Einiges Russland“ erhalten haben.
Dies ist jedoch nicht der einzige Grund für die Unzufriedenheit der polnischen Europaabgeordneten. Einige sind auch über das Bündnis mit der deutschen Rechtsaußen-Partei Alternative für Deutschland (AfD) beunruhigt.
Verfahren gegen AfD-Europaabgeordneten Petr Bystron
AfD-Mitglieder gelten bereits als Sympathisanten russischer Interessen. Gegen den Europaabgeordneten Petr Bystron laufen Ermittlungen wegen angeblicher Annahme von Bestechungsgeldern zur Unterstützung russischer Interessen.
In Polen werden die Europaabgeordneten der Konföderation dafür kritisiert, dass sie derselben Gruppe angehören wie die rechtspopulistische, in Teilen gesichert rechstextreme deutsche Partei. Angesichts der starken antideutschen Stimmung unter den rechtsgerichteten polnischen Wählern ist dies ein besonders heikles Thema.
„Es gibt Spannungen“, sagte eine interne Quelle innerhalb der Fraktion, „aber es ist unwahrscheinlich, dass sie kurzfristig zu einer Spaltung führen werden.“
Die drei polnischen Europaabgeordneten sind sich bewusst, dass sie bei einem Austritt aus der ESN Gefahr laufen, fraktionslose Mitglieder im Europäischen Parlament zu werden.
„Sie könnten sich leicht der Fraktion der Patrioten für Europa (PfE) anschließen“, so eine weitere interne Quelle. Es sei bereits der Weg von Anna Bryłka und Tomasz Buczek gewesen, die auch über die Liste der Konföderation ins EU-Parlament gewählt wurden.
Möglichkeit eines Fraktionswechsel im EU-Parlament
Offiziell will sich die PfE-Fraktion nicht zu möglichen laufenden Gesprächen äußern. Interne Quellen sagten Euronews, dass die polnischen Mitglieder wahrscheinlich eher akzeptiert würden als größere Delegationen, wie die deutsche AfD.
Es ist allerdings sehr wahrscheinlich, dass die fraglichen Abgeordneten die ESN-Fraktion nicht verlassen werden, es sei denn, sie erhalten feste Zusicherungen, dass sie in die PfE aufgenommen werden, so eine der Quellen.
Die Abgeordneten verlieren bestimmte Befugnisse, wenn sie nicht der Fraktion angehören. Dazu gehören eine geringere Redezeit während der Plenarsitzungen und weniger Mittel für das Personal, da einige Assistenten von der Fraktion und nicht von einzelnen Abgeordneten beschäftigt werden.
Stanisław Tyszka ist neben seiner Funktion als Abgeordneter auch Co-Vorsitzender der ESN-Fraktion. Berichten zufolge ist er nicht bereit, diese Position aufzugeben.
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Diese sogenannte „Vernunftehe“ ist auch für die anderen Parteien von Vorteil: Ohne die polnische Delegation läuft die ESN-Fraktion Gefahr, unter die für jede Fraktion erforderliche Grundschwelle zu fallen.
Mindestens 23 Abgeordnete aus mindestens sieben Ländern müssen jeder Fraktion im Europäischen Parlament angehören. Die ESN-Fraktion hat derzeit 27 Mitglieder aus acht Ländern. Ein weiteres Mitglied der Fraktion, der litauische Abgeordnete Petras Gražulis ist Berichten zufolge auch im Konflikt mit anderen Fraktionskollegen.
Die Europaabgeordneten der Konföderation müssen nun entscheiden, ob sie die Ansichten ihrer Kollegen über Russland annehmen und die Vorteile der Fraktionsmitgliedschaft nutzen wollen. Alle drei polnischen Abgeordneten waren nicht sofort für eine Stellungnahme zu erreichen.