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Präsident Bidens Gesundheitszustand wird hinterfragt. Ein neues Buch wirft ein Schlaglicht auf die Vertuschung seiner Probleme.
Washington, D.C. – Die jüngsten Enthüllungen über den angeblichen geistigen Zustand von Joe Biden, dem 46. Präsidenten der Vereinigten Staaten, haben die amerikanische Öffentlichkeit in Aufruhr versetzt. Ein neues Buch von Jake Tapper, einem CNN-Moderator, und Alex Thompson, einem Korrespondenten von Axios, trägt den Titel „Original Sin: President Biden‘s Decline, Its Cover-Up, and His Disastrous Choice to Run Again“. In Deutschland erschien es unter dem Titel „Hybris: Verfall, Vertuschung und Joe Bidens verhängnisvolle Entscheidung“ am 20. Mai. Es beleuchtet die scheinbar schwerwiegenden kognitiven und körperlichen Probleme des Ex-Präsidenten, die sich bereits Jahre vor seiner erneuten Kandidatur im Jahr 2024 abzeichneten.
Neues Buch deckt Vertuschung von Bidens kognitivem Verfall auf
Die Autoren Tapper und Thompson zeigen sich schockiert über die kognitiven Probleme Bidens. Das Buch basiert auf über 200 Interviews mit engen Vertrauten, Kabinettsmitgliedern und Insidern und legt offen, wie Bidens geistiger Verfall systematisch von seinem inneren Kreis geheim gehalten worden sein soll. Sie werfen ein schonungsloses Licht auf die Versuche, den Präsidenten trotz seiner zunehmenden Schwächen im Amt zu halten.
Bereits 2015, im Jahr des Todes seines Sohnes Beau, zeigten sich wohl erste deutliche Anzeichen eines kognitiven Verfalls bei Biden. Ein Top-Berater beschrieb es so, als würden seine geistigen Kräfte „versickern wie Wasser im Wüstensand“.
Diese frühen Anzeichen wurden jedoch offenbar nicht öffentlich gemacht, obwohl viele Menschen im Umfeld des Präsidenten sie beobachteten. Besonders im Jahr 2023, als sich Bidens Zustand dramatisch verschlechterte und er zunehmend Schwierigkeiten hatte, sich an Namen und Daten zu erinnern, blieben solche Vorfälle weitgehend unter Verschluss.
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Das Buch stellt die Frage, ob Biden 2024 überhaupt noch in der Lage war, die Anforderungen seines Amtes zu erfüllen. In einem Interview mit dem Spiegel berichtet Thompson nun von der erschreckenden Einschätzung eines Kabinettsmitglieds, das anonym erklärte, dass es Zweifel gab, ob Biden noch in der Lage sei, „um zwei Uhr morgens auf eine Krise zu reagieren“. Er fügte hinzu: „Einer sagte uns: ‚Ich wäre beunruhig.‘“ Diese Zweifel unter den höchsten Regierungsvertretern werfen ein düsteres Licht auf die Fähigkeit des damaligen Präsidenten, das Land weiterhin zu führen.
Die Autoren kritisieren nicht nur Bidens inneren Zirkel, sondern auch die Medien. Während konservative Stimmen schon lange auf Bidens kognitive Probleme hinwiesen, gingen die liberalen Medien nur zögerlich mit der Wahrheit um. Tapper gesteht ein, dass die Berichterstattung von CNN und anderen Medienanstalten während der Amtszeit Bidens nicht ausreichte, um die wahren Ausmaße seines Verfalls offenzulegen.
Er erklärt selbstkritisch im genannten Spiegel-Interview: „Es ist unmöglich, heute zurückzublicken, die Ergebnisse unserer Recherche zu betrachten und zu sagen: Wir – die liberalen Medien – haben über die Geschichte im Großen und Ganzen so berichtet, wie es notwendig gewesen wäre. Ich schließe mich von dieser Kritik nicht aus.“
CNN-Journalist Jake Tapper mit dem von ihm und Alex Thompson verfassten Bestseller (New-York-Times-Bestsellerliste: Platz 1) „Original Sin: President Biden‘s Decline, Its Cover-Up, and His Disastrous Choice to Run Again“ (In Deutschland erschien es unter dem Titel „Hybris: Verfall, Vertuschung und Joe Bidens verhängnisvolle Entscheidung“). © Foto links: IMAGO / Newscom / AdMedia | Foto rechts: X (Screenshot)/@w3bsag3Trotz kognitiver Probleme: Warum entschied sich Biden für erneute Kandidatur?
Ein zentrales Thema des Buches ist die Frage, warum Joe Biden trotz seiner offensichtlichen gesundheitlichen Probleme beschloss, erneut für das höchste Amt im Land zu kandidieren. Laut Tapper und Thompson war es ein Akt des „Hochmuts“ – oder wie die Autoren es nennen, „Hybris“ –, dass Biden sich zu einer erneuten Kandidatur drängte, obwohl er seine körperlichen und geistigen Kräfte längst überschritten hatte. Jill Biden, der engste Kreis und andere politische Berater drängten ihn, in der Hoffnung, das politische Erbe der Familie Biden zu bewahren.
Dennoch bleibt unklar, warum niemand in Bidens Umfeld ihn davon abhielt, sein Amt weiterhin auszuüben, obwohl seine Fähigkeit, dieses verantwortungsvolle Amt zu führen, zunehmend fraglich war, urteilt The New Yorker.
Tapper und Thompson beschreiben, dass Biden von seinem inneren Zirkel, insbesondere von seiner Frau und einigen Vertrauten, zu dieser Entscheidung gedrängt wurde, die sich mehr von persönlichen Bindungen als von einer realistischen Einschätzung seiner Fähigkeiten leiten ließen. Die Autoren werfen Biden vor, dass er sich in einem Moment des persönlichen und politischen Drucks entschloss, an seiner Kandidatur festzuhalten, ohne die Notwendigkeit zu erkennen, kommentiert etwa der Rolling Stone, Platz für einen anderen Kandidaten zu machen, der für die Partei und das Land besser geeignet gewesen wäre.
TV-Duell zwischen Biden und Trump: „Es war, als würde man zusehen, wie jemand stirbt“
Die dramatische TV-Debatte zwischen Biden und Donald Trump im Sommer 2024, bei der Biden mit klaren Anzeichen geistiger Ermüdung zu kämpfen hatte, stellt den Wendepunkt dar. In dieser entscheidenden Fernsehdebatte wurde Biden immer wieder von den Medien auf seine körperlichen und geistigen Schwächen hingewiesen, was zu einem öffentlichen Aufschrei führte. Es war, so erinnern die beiden Buchautoren, als würde die Nation zum ersten Mal die Realität seiner gesundheitlichen Probleme sehen.
Ein Insider erklärte gegenüber der Newsweek: „Es war, als würde man zusehen, wie jemand stirbt.“ Tapper und Thompson berichten, dass seine Berater versuchten, seine Fehler als gesundheitliche Aussetzer zu entschuldigen, doch die Wahrheit war unbestreitbar: Biden sei nicht mehr in der Lage gewesen, das Amt zu führen.
Erst eine Woche nach einem Gespräch mit Chuck Schumer, dem Mehrheitsführer im Senat, zog Biden sich aus dem Rennen zurück und räumte ein, dass er seine Chancen verloren hatte. Doch dieser Rückzug kam zu spät – zu einem Zeitpunkt, als die Demokraten ihre Wahlkampfstrategie bereits verloren hatten.
Demokraten und Biden – und die Frage nach der Verantwortung
Das Enthüllungsbuch fordert nicht nur die politische Verantwortung der Demokraten ein, sondern auch die moralische Verantwortung des Präsidenten selbst. Tapper und Thompson argumentieren, dass es ein „Skandal“ war, dass Biden trotz seines fortschreitenden körperlichen und geistigen Verfalls im Amt blieb. Doch auch die Medien, findet beispielsweise die NZZ, tragen eine Mitschuld, da sie zu lange wegschauten und keine ausreichende Berichterstattung über die wachsenden Bedenken hinsichtlich seiner Gesundheit lieferten.
Tapper und Thompson stellen fest, schreibt die NZZ, dass die wachsende Macht von Bidens „Politbüro“ und die Tatsache, dass seine Kabinettsmitglieder kaum noch in der Lage waren, eigenständige Entscheidungen zu treffen, Fragen aufwerfen, inwieweit der Präsident überhaupt noch in der Lage war, seine Regierungsaufgaben zu erfüllen.
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Fotostrecke ansehenSelbstvermarktung und frühere Ansichten: Auch Tapper und Thompson stehen in der Kritik
Mit der Veröffentlichung von „Hybris“ kommen auch kritische Stimmen über das Autoren-Duo auf. In der NZZ wird Tapper etwa vorgeworfen, dass er selbst eine wichtige Rolle in der Verbreitung von unkritischer Berichterstattung über Bidens Gesundheit spielte, bevor er mit seinem Buch die „Wahrheit“ aufdeckte. Besonders kritisch wird Tapper für seine frühere Haltung betrachtet, die Kritik an Bidens Zustand als „Verschwörungstheorie“ abzutun, nun aber mit seinem Buch das Gegenteil dieser Behauptung ausführlich zu skizzieren.
Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die Selbstvermarktung der Autoren. Tapper und Thompson werden vorgeworfen, dass sie sich selbst in den Mittelpunkt der Geschichte stellen, während sie gleichzeitig das Augenmerk auf die Fehler und den Zustand des Ex-Präsidenten richten.
Die NZZ etwa bezeichnet das Buch als einen Versuch der „schamlosen Selbstvermarktung“, da Tapper von seinem eigenen Sender gefeiert wird, während er nun als „Enthüllungsjournalist“ auftritt. Es wird kritisiert, dass Tapper und Thompson nicht nur den früheren Präsidenten, sondern auch sich selbst als Teil der Geschichte und als Helden darstellten, die den „Skandal“ aufgedeckt haben, den sie selbst zuvor nicht ausreichend thematisiert hatten. Joe Biden indes hat in diesen Tagen nicht nur mit den scheinbaren Enthüllungen zu kämpfen: Erst kürzlich machte er seine Krebserkrankung öffentlich.