Berlin – Diese Zahlen sind beunruhigend: Immer weniger Asylbewerber in Deutschland sind tatsächlich schutzbedürftig. Trotzdem dürfen sie oft bleiben.

▶︎ Fakt ist: In den ersten vier Monaten (Januar bis April 2025) hat das „Bundesamt für Migration und Flüchtlinge“ (BAMF) über insgesamt 110.077 Asylanträge (das meint „Erst- und Folgeanträge“) entschieden. Davon wurden 90.018 Anträge abgelehnt.

Bedeutet: Nur 20.059 Asylanträge wurden positiv beschieden und bewilligt. Damit liegt die „Gesamtschutzquote“ der Asylanträge für alle Staatsangehörigen bei 18,22 Prozent.

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Von den 110.077 BAMF-Entscheidungen zu den Erst- und Folgeanträgen fielen die meisten zur:

▶︎ Türkei mit 23.924 Entscheidungen (Gesamtschutzquote: 8,3 Prozent),

▶︎ Afghanistan mit 18.635 Entscheidungen (Gesamtschutzquote: 51,8 Prozent),

▶︎ Syrien mit 9731 Entscheidungen (Gesamtschutzquote: 0,2 Prozent).

Der Sonderfall Syrien

Das BAMF verweist in seinem Report „Aktuelle Zahlen – April 2025“ auf die unklare Lage in Syrien. Nach dem Sturz von Baschar al-Assad gibt es noch keine Entscheidung der Bundesregierung zum weiteren Schutz syrischer Flüchtlinge. Seit dem 9. Dezember 2024 gilt ein vorübergehender Verfahrensaufschub, der die Schutzquote senkt, da aktuell vor allem formelle Entscheidungen ohne Bewertung der Lage in Syrien getroffen werden.

Trotzdem: Die Gesamtschutzquote ist mit 18,22 Prozent sehr gering! Dafür sorgen neben Syrien auch die BAMF-Entscheidungen zu Kolumbien (2499 Entscheidungen mit einer Schutzquote von 0,4 %) und zu Russland (5419 Entscheidungen mit einer Schutzquote von 4,3 %).

Deutlicher Rückgang bei Asylanträgen 2025

Die Debatte über die Verschärfung der deutschen Grenzkontrollen in den vergangenen Monaten und die tatsächliche Verschärfung seit Anfang Mai 2025 zeigen offenbar Wirkung.

▶︎ Im Jahr 2025 (Januar bis April) wurden 45.681 Asyl-Erstanträge vom BAMF registriert. Im Vergleichszeitraum 2024 waren es noch 84.984 Asyl-Erstanträge gestellt – minus 46,2 Prozent.

▶︎ Die meisten Asylgesuche kamen 2025 bisher aus drei Ländern: Syrien mit 11.644 Asyl-Erstanträgen, Afghanistan mit 7873 Asyl-Erstanträgen und der Türkei mit 4749 Erstanträgen.

▶︎ 2025 (Januar bis April) waren 71,7 Prozent Asyl-Erstantragsteller jünger als 30 Jahre, 41,3 Prozent waren minderjährig und 62,4 Prozent aller Asyl-Erstantragsteller waren laut BAMF „männlich“.

Die Wirkung der verschärften deutschen Grenzkontrollen

Seit dem 16. September 2024 führt Deutschland intensive Grenzkontrollen zu allen EU-Nachbarstaaten durch, inklusive Schleierfahndung. Innenminister Alexander Dobrindt (54, CSU) ordnete im Mai 2025 zusätzlich strengere Maßnahmen und Zurückweisungen auch bei Asylanträgen an. Zwischen dem 16. September und dem 30. April 2025 wurden 33.406 unerlaubte Einreisen registriert, davon 19.644 im Jahr 2025. Etwa 10.300 Personen wurden bis dahin direkt an der Grenze zurückgewiesen.

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Ein riesiges Problem: Trotz der geringen Gesamtschutzquote von nur 18,22 Prozent und der Tatsache, dass die meisten Asylantragsteller wieder ausreisen müssten, bleiben sie hier!

Das liegt auch an den geringen Abschiebezahlen und den enormen Zahlen der „abgebrochenen Abschiebungen“, die BILD exklusiv vorliegen.

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Die Abschiebe-Bilanz:

▶︎ 2024 wurden 20.084 abgelehnte Asylbewerber aus Deutschland in Ihre Heimat oder in einen EU-Staat abgeschoben. Aber: In 33.717 Fällen wurden geplante Abschiebungen im vergangenen Jahr abgebrochen (meistens wegen „einer Stornierung“ durch die Länder).

▶︎ 2025: In den ersten vier Monaten des Jahres 2025 (Januar bis April) wurden bisher genau 8.163 Personen abgeschoben. Aber: In 11.753 Fällen wurden geplante Abschiebungen in den ersten vier Monaten 2025 abgebrochen (u. a. wegen der „Stornierung“ durch die Länder oder wegen der „nicht erfolgten Zuführung einschl. Absage am Tag der Maßnahme“).

Abschiebung: Polizeibeamte begleiten einen Afghanen auf dem Flughafen Leipzig-Halle in ein Charterflugzeug

Abschiebung: Polizeibeamte begleiten einen Afghanen auf dem Flughafen Leipzig-Halle in ein Charterflugzeug

Foto: picture alliance/dpa

Gleichzeitig scheitern immer mehr Dublin-Überstellungen! Die Rückführungsbilanz:

▶︎ 2024: Von den 74.583 Fällen, in denen Deutschland im Jahr 2024 die Überstellung eines Asylbewerbers in das nach dem Dublin-Verfahren dafür zuständige EU-Land (hier kam die Person an) beantragt hatte, fand die Rückführung in nur 5827 Fällen auch tatsächlich statt.

▶︎ 2025: In genau 15.279 Fällen hat Deutschland um zwischen Januar und April 2025 ein EU-Land um die Rücknahme von Asyl-Bewerbern gebeten. 11.054-mal wurde hier zwar von den EU-Ländern zugestimmt, ABER: Nur 2230-mal wurde dann auch wirklich überstellt.

In 11.907 Fällen kam es 2025 zum Abbruch des Dublin-Verfahrens.

Gründe für das Scheitern u. a.: Die EU-Partner erlauben Überstellungen nur zu bestimmten Zeiten, haben ganz enge „Stundenpläne“ (BILD berichtete). Und: Viele der Personen, die zurückgeführt werden sollten, waren zum Stichtag einfach untergetaucht.

Politiker fordern jetzt Konsequenzen

Die Politik in Berlin reagiert besorgt, fordert Konsequenzen (u. a. dringende Reformen)!

▶︎ Innenexperte Stephan Mayer (51, CSU) zu BILD: „Die restriktivere Asylpolitik der EU und Deutschlands beginnt zu wirken. Aber: Das Dublin-System ist gescheitert, muss reformiert, der Druck auf die Länder, die eine Rücknahme von Asylbewerbern verweigern, muss deutlich erhöht werden. Fakt ist: Kein einzelnes EU-Land kann das Thema ‚Asyl‘ alleine stemmen.“

▶︎ Sahra Wagenknecht (55, BSW) zu BILD: „Das Asylsystem hilft immer mehr den Falschen. Wenn über 80 Prozent der Asylbewerber gar keinen Schutz benötigen, zeigt das den Kontrollverlust in der Migrationspolitik. Statt primär über Grenzkontrollen zu diskutieren, die Staus verursachen, während die meisten Asylbewerber einfach über die grüne Grenze kommen, sollte die Bundesregierung die Anreize abstellen, die Menschen zu uns zu holen.“

Das Scheitern des Dublin-Systems

Das europäische Asyl-System, vor allem die gemeinsamen europäischen Regeln zur Zusammenarbeit beim Thema Migration, versagt laut Kritikern an den entscheidenden Stellen. Gemeint ist hier vor allem das sogenannte Dublin-System.

Das Dublin-Verfahren soll sicherstellen, dass jeder Asylantrag innerhalb der EU nur einmal geprüft wird. Denn nach den geltenden EU-Regeln müssen Flüchtlinge in der Regel in dem Staat Asyl beantragen, in dem sie zuerst EU-Boden betreten.

Das bedeutet: Asylbewerber, die beispielsweise über Italien, Griechenland oder Spanien in die EU einreisen und dort einen Asyl-Erstantrag stellen, müssen dann auch in diesen Ländern das Asylverfahren durchlaufen und dort Schutz erhalten.