Die zehnteilige Zeitreise zum 30. Jubiläum von WELT.de – was bewegte die Menschen in den ersten Jahren unserer Online-Zeitung? Heute: 2001. Harry Potters Sprung aus dem Buch auf die Leinwand. Die Terroranschläge von 9/11 als brutale weltgeschichtliche Zäsur. Und eine wichtige „Entschlüsselung“.
Vor 30 Jahren ging WELT.de online, und das Jubiläum nehmen wir bei WELTGeschichte zum Anlass, auf die Ereignisse zurückzublicken, welche die ersten zehn Jahre prägten: Was waren in der ersten WELT.de-Dekade jeweils der Lichtblick, der Schock und die Innovation des Jahres? Heute: das Jahr 2001.
Kinobegeisterte hatten in jenem Jahr jede Menge Spaß: Während es sich Cineasten alter Schule nicht entgehen ließen, Stanley Kubricks SciFi-Klassiker „2001 – Odyssee im Weltraum“ von 1968 anlässlich seiner Wiederaufführung auf der großen Leinwand zu bewundern, strömten Fans von Blockbuster-Entertainment in Filme wie „Ocean’s 11“ und „Shrek“.
Außerdem wartete das Jahr mit zwei Großereignissen bei Literaturverfilmungen auf: Mit „Der Herr der Ringe – Die Gefährten“ kam der erste Teil von Peter Jacksons epochaler Adaption von J.R.R. Tolkiens Fantasy-Romantrilogie in die Kinos. Ein globaler Hit, der aber „nur“ auf Platz 2 der weltweiten Kinocharts stürmte. Den Box-Office-Spitzenplatz errang ein anderes mit Spannung erwartetes Fantasy-Epos (siehe unten).
Derartige Zerstreuung und Ablenkung hatten viele in jenem Jahr angesichts schrecklicher Ereignisse auch bitter nötig. Der Wirbel um die Rinderwahn-Seuche BSE, die ihren Ausgang in Großbritannien nahm, Ende 2000 nach Deutschland übersprang und 2001 viele Negativ-Schlagzeilen machte, war da nur der Anfang. Ungleich schockierender und weltgeschichtlich einschneidend waren die Terrorattacken des 11. September.
Lichtblick des Jahres: das Kino-Debüt von Harry Potter
Die Fantasy-Jugendbücher über den Zauberlehrling Harry Potter waren das wohl größte literarische Phänomen zweier Dekaden. Von 1997 bis 2007 veröffentlichte die britische Autorin J.K. Rowling sieben Bücher, die sich rund um den Globus insgesamt 600 Millionen Mal verkauften. Regelmäßig wurde das Erscheinen eines neuen Bands zum Happening, mit Schlangen kostümierter Potter-Fans von jung bis alt, die vor Buchläden campierten, um die ersten Exemplare zu ergattern.
Da lag es nahe, dass Hollywood bei Rowling anklopfte, um die Filmrechte des phänomenal erfolgreichen Stoffs zu erwerben und eine Kinoreihe daraus zu machen. Rowling behielt bei dem Deal ein kreatives Mitspracherecht, damit die Filme dem Geist ihrer Buchvorlage entsprachen. Als Regisseur fungierte beim Auftaktfilm Chris Columbus, der zuvor unter anderem den Hit „Kevin – Allein zu Haus“ (1990) realisiert hatte.
Viel Aufwand wurde betrieben, an Kulissen, Ausstattung und Spezialeffekten nicht gespart. Die Filmmusik von Altmeister John Williams können bis heute viele auf Anhieb nachsummen. Und mit Daniel Radcliffe fanden die Macher einen Harry-Darsteller, der die meisten überzeugte; auch die Besetzung der weiteren Rollen fand Anklang. Weltweit spielte „Harry Potter und der Stein der Weisen“ fast eine Milliarde Dollar ein, wurde der Nr.-1-Film des Jahres und bildete den Auftakt zu einer höchst erfolgreichen Kinoreihe.
Schock des Jahres: der Terror von 9/11
Es war eine schreckliche Zäsur, die für jeden sofort als solche offensichtlich war: der 11. September 2001. Die islamistische Terrorgruppe al-Qaida verübte verheerende Terroranschläge auf das New Yorker World Trade Center und das Washingtoner Pentagon, tausende starben.
Ein schwerer Schock für die USA und seine Verbündeten, und ein böses Erwachen nach den lebensfrohen 1990ern, in denen Schlagworte wie „Ende der Geschichte“ und „Spaßgesellschaft“ die Runde gemacht hatten. Nun war die Welt schlagartig eine andere. Die USA unter George W. Bush beantworteten die Terrorangriffe mit dem globalen „Krieg gegen den Terror“, der unter anderem in Afghanistan und im Nahen Osten ausgefochten wurde.
Innovation des Jahres: die „Entschlüsselung“ des menschlichen Genoms
„Was die Welt im Innersten zusammenhält“ trieb schon Goethes Faust um. Auch die Forscher des Humangenomprojekts beschäftigten sich von 1990 bis 2003 mit derlei Fragen. Sie hatten das Ziel, das Genom, also das Erbgut des Menschen vollständig zu entschlüsseln. Zeitweise waren mehr als 1000 Wissenschaftler in 40 Ländern daran beteiligt.
Im Februar 2001 verkündeten die Forscher die Sequenzierung des menschlichen Genoms, was in Schlagzeilen der Medien meist unter dem Schlagwort „Entschlüsselung“ viel Beachtung fand. Allerdings waren zu dem Zeitpunkt tatsächlich erst 83 Prozent des Genoms erfasst. Als vollständig entschlüsselt gilt das menschliche Genom mit seinen 19.969 Genen seit Mai 2021.
Martin Klemrath ist Managing Editor bei WELTGeschichte. Zu seinen Themenschwerpunkten zählen die Geschichte der USA, Technikgeschichte, Kulturgeschichte und Zeitgeschichte.