In Düsseldorf stehen die Chancen auf Erhalt der Hauptschulen gut. Auch wenn der Druck auf die Existenz dieser Schulform groß ist. Denn die Hauptschulen sind bei den Erst-Anmeldungen nur wenig nachgefragt, der Abstand zu allen anderen Schulformen ist hier ähnlich groß wie die Vorurteile bei Eltern und Viertklässlern gegen eine Schulform, an der vor Jahrzehnten noch die Mehrheit der Heranwachsenden unterrichtet wurde. Für weiteren, womöglich existenziellen Schülerschwund könnte zudem eine aktuelle Änderung der NRW-Schulgesetzgebung sorgen, die Hauptschulzweige an Realschulen ermöglichen soll.

„Ich setze darauf, dass wir als selbstständige Schulform erhalten bleiben“, sagt Veranika Loose. Die Vollblut-Pädagogin arbeitet seit zwölf Jahren an der Hauptschule Am Eller Forst (vormals Bernburger Straße), zunächst als Konrektorin, seit 2018 als Schulleiterin. Im Gebäude an der Vennhauser Allee riecht es immer noch nach Neubau. Pausenbereich, Lehrerzimmer, Fachräume – alles sieht tipptop und hochmodern aus. Ein einladendes Konzept weit weg von der klassischen Flurschule mit verschlossenen Räumen auf der linken und der rechten Seite. „Wir fühlen uns wohl“, sagen Schüler, die auf dem Weg in den Unterricht sind.

Loose sieht das Gebäude, das im Rahmen der milliardenschweren Düsseldorfer Schulbau-Offensive errichtet wurde, als Bekenntnis des Schulträgers, also der Stadt, zu dieser Schulform. Nach 20 Erst-Anmeldungen im Februar stieg diese Zahl am Eller Forst auf inzwischen 45. „Das heißt, wir werden wieder zwei fünfte Klassen bilden. Ab der siebten sind wir dann dreizügig, weil wir – vor allem nach der Erprobungsstufe – Schüler aufnehmen, die an anderen Schulformen nicht zurechtkamen.“

Im Vergleich sind die Zahlen am Vennhauser Standort gut. Doch muss es im dreigliederigen Teil des Schulsystems neben dem Gymnasium, das von mehr als der Hälfte der Viertklässler gewählt wird, wirklich zwei getrennte Schulformen mit Angeboten bis Klasse 10 geben? „Ja, dafür gibt es gute Gründe“, sagt Loose. Denn die Kinder, die zu ihr kommen, bräuchten kleine Klassen, eine intensive Beziehungsarbeit und besondere Methoden, um Selbstwirksamkeit zu erfahren. Was sich nach Pädagogen-Deutsch anhört, füllt die Schule in Vennhausen mit Leben. Der Bogen ist weit gespannt und reicht von AGs, in denen Nistkästen gebaut und der Schulgarten gepflegt wird, über eine Schülerfirma, die dabei hilft, drei Mal pro Woche ein kostenloses Frühstück zu servieren, bis zu den zahlreichen Kontakten in die Berufswelt.

All das bedeutet viel ambitionierte Arbeit. Denn an Looses Schule haben 81,3 Prozent der Jungen und Mädchen einen Migrationshintergrund, 55 Nationen weist die Statistik aus und auch die Inklusion erfordert besonderes Engagement. 45 Kinder mit erhöhten Förderbedarfen – vor allem im Bereich Lernen – werden hier gemeinsam mit allen anderen unterrichtet. Zwei Sonderpädagogen, vier Schulsozialarbeiter, eine multiprofessionelle Kraft und eine Alltagshelferin unterstützen das Kollegium. Am Ende erreicht, so Loose, ein Drittel der rund 60 Schüler einer Jahrgangsstufe den mittleren Schulabschluss, den auch Realschüler nach Klasse 10 erwerben.

Die geplanten Hauptschulzweige sieht die 42-jährige Pädagogin eher als Alternative für den ländlichen Raum, da dort womöglich die Schülerzahlen für eigene Hauptschul-Standorte nicht ausreichten. „Gibt es genug Kinder, macht es unbedingt Sinn, uns in einer Stadt als eigene Säule zu erhalten. Denn die Zielgruppe ist eben doch anders als an Realschulen und es bringt wenig, diese Kinder aufzunehmen, ohne die pädagogischen Konzepte grundlegend anzupassen und zu ändern.“

Ähnlich schätzt das Alexander Schrimpf, Leiter der Werner-von-Siemens-Realschule in Düsseltal, ein. „Bei bestimmten Kindern können die Hauptschulen besser und punktgenauer auf deren Bedürfnisse reagieren. Das alles unter ein Dach zu packen, ohne die personellen und didaktischen Voraussetzungen deutlich auszubauen, könnte am Ende die in Düsseldorf sehr starke Säule der Realschulen schwächen“, sagt Schrimpf. Zudem sei ein neuer Hauptschulzweig räumlich an seinem Standort nicht darstellbar. „Wir sind ursprünglich für 550 Schüler konzipiert und beschulen mehr als 600 Kinder, käme ein solcher Zweig, müssten wir klassische Realschul-kinder in größerer Zahl abweisen“, sagt der Pädagoge. Deshalb setze er darauf, dass die Stadt als Schulträger an der gut aufeinander abgestimmten Dreigliederigkeit festhalte.

Und genau danach sieht es aktuell auch aus. Alle sieben Hauptschulstandorte könnten schulrechtlich gesichert weiter betrieben werden und seien mit ihren Gesamtkapazitäten für eine ausgewogene und angemessene Schulplatzversorgung notwendig, betont Dagmar Wandt, Leiterin des Amtes für Schule und Bildung. Das unterstreiche nicht zuletzt der Neubau der Benrather Hauptschule an der Melanchthonstraße. „Hauptschulen sind eine wichtige Säule in der Düsseldorfer Schullandschaft und die Landeshauptstadt plant als Schulträgerin die aktuell vorhandenen Kapazitäten weiterhin und dauerhaft ein“, unterstreicht die Amtsleiterin.