Remchingen-Wilferdingen.  Alvaro Fernandes sitzt an diesem Nachmittag im Kreis seiner Lieben: Er lacht mit dem vierjährigen Enkel Tiago und Tochter Lisa-Maria (24), an seiner Seite Ehefrau Susanne (59) – nur Tochter Martha (21), die in Karlsruhe lebt, fehlt in der fröhlichen Runde. Dass es dem 60-Jährigen heute wieder so gut geht, das verdankt er auch der schnellen Unterstützung fremder Menschen. Als wäre es das Selbstverständlichste auf der Welt, haben sie sich um ihn gekümmert, als er Anfang April am Bahnhof mit einem Herzinfarkt zusammenbrach. „Und ich konnte ihnen nicht einmal danken“, bedauert der Projektmanager, der 1986 aus Angola nach Deutschland kam und seit 26 Jahren mit seiner Frau in Wilferdingen lebt.

Zusammenbruch am Bahnsteig

Er kann sich noch gut an die Geschehnisse erinnern: An jenem Dienstag saß er wie üblich im Zug, auf der Heimfahrt von seiner Arbeitsstelle in Karlsruhe. Die ersten Probleme hatte er bereits, als ihm bei einer Fahrkartenkontrolle sein Ticket herunterfiel: Als er sich danach bückte, spürte er plötzlich einen Druck auf den Brustkorb. Er schob das zunächst auf seine üblichen Rückenbeschwerden, versuchte es mit Dehnübungen, wurde aber zunehmend kraftlos. Vor der Einfahrt in den Bahnhof konnte er nicht einmal mehr alleine aufstehen und fragte ein Mädchen um Hilfe, damit er die wenigen Schritte zur Zugtür schaffte. „Sie legte sofort ihr Handy weg und kam“, erzählt Alvaro Fernandes, der sich zusammen mit seiner Frau in der evangelischen Kirchengemeinde engagiert.

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Auf dem Bahnsteig in Wilferdingen verschlechterte sich sein Zustand weiter: Er brach zusammen und schaffte es nicht bis zur nächsten Bank, auf die er sich setzen wollte, um seine Frau anzurufen. Während er noch verzweifelt nach seinem Handy suchte, kamen schon die ersten Menschen und fragten, ob er Hilfe brauche. „Ich war ansprechbar, hatte aber Kreislaufprobleme und konnte meine Augen nicht mehr öffnen“, erinnert sich der 60-Jährige. Er hörte nur die Stimmen und bekam mit, wie die Versuche, seine Frau und die Tochter zu erreichen, scheiterten.

Zwei Frauen, die auf dem Weg nach Pforzheim waren, verschoben kurzerhand ihre Weiterfahrt. Dann legten ihn die Helfer in die stabile Seitenlage und es wurde beschlossen, den Notarzt zu alarmieren. Jemand brachte ihm Wasser, eine andere Person redete beruhigend mit ihm: Er müsse sich keine Sorgen machen, Hilfe komme gleich, er sei nicht alleine. Andere liefen vor den Bahnhof, um dem Notarzt den Weg zu zeigen. Und schließlich die Stimme des Arztes, dass er jetzt übernehme.

„Ich weiß nicht, wie viele Menschen geholfen haben und wer sie waren. Aber ich bin so froh über ihre Unterstützung“,

sagt Fernandes.

Er hofft, dass sein Dank sie erreicht. Die schnelle Hilfe habe auf jeden Fall Schlimmeres verhindert. Nach dem Krankenhausaufenthalt und einem Monat in der Reha gehe es ihm deutlich besser. Er hofft, bald wieder arbeiten zu können.

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Auch seine Frau Susanne, die in der Krippe in Ersingen tätig ist, ist erleichtert. Als ihr Mann sie damals erreichen wollte, war sie gerade mit Enkel Tiago auf dem Spielplatz, erzählt sie.

„Ich habe den Notarztwagen gesehen und für die Insassen gebetet, wie ich es immer mache“,

erinnert seine Frau Susanne sich.

Dass es ihr Mann war, der da gerade in die Klinik gebracht wurde – das erfuhr sie erst später. Das Ehepaar ist tief beeindruckt, wie selbstlos die Menschen geholfen haben. „Es heißt ja immer, die Leute gucken weg und achten nicht aufeinander“, sagt Alvaro Fernandes. „Aber das stimmt nicht.“ Zumindest in seinem Fall haben die zahlreichen Helfer das Gegenteil bewiesen.

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