Der Weg in Maxim Wakultschiks Reich führt eine Rampe hinunter. Auf rund 400 Quadratmetern in einem Unterbilker Hinterhof haben der Künstler und sein Team viel Platz, um sich kreativ auszuleben. Zum Atelier gehören Lagerflächen, ein Büro, eine gemütliche Küche und ein kleines Fotostudio. Bei einem Rundgang erzählt Wakultschik, wie die zu seinem Markenzeichen gewordenen Bilder aus Streichhölzern entstehen.
„Ich kaufe immer alles auf, was es an Streichhölzern gibt“, sagt er und zeigt auf Regalreihen mit Kästchen voller bunter Hölzchen, fein säuberlich nach Farbtönen sortiert. Die Motive, meist Frauenporträts oder Ausschnitte von Gesichtern, wie ein Auge oder die Mundpartie, werden auf Papier vorgezeichnet. Danach beginnt die fast schon meditative Feinarbeit, die tausenden Hölzchen zu positionieren, bis ein dreidimensionales Bild daraus entsteht.
Dabei ist der gebürtige Weißrusse längst nicht nur auf die Hölzchen festgelegt. Sein Stil spielt mit den visuellen Effekten, lässt die Betrachtenden Dreidimensionalität neu erfahren. Durch eine besondere Relieftechnik, die mit Falten und unterschiedlichen Ebenen arbeitet, bekommen seine Bilder Tiefe und eröffnen je nach Blickwinkel ganz neue Perspektiven. Mit seinen Arbeiten sprengt er die Grenzen zwischen der flachen realistischen Malerei und Objektkunst, macht sie vielmehr fließend, verarbeitet natürliche Materialen wie Holz und Papier, mit Metall und Plexiglas. Damit hat er sich international einen Namen gemacht, mit Ausstellungen in Houston (Texas/USA), Seoul, Istanbul, Wien, Luzern, Peking, Athen, Taipeh, den Niederlanden, Belgien und Spanien.
Wakultschik sprüht vor Ideen. Kunst ist für ihn Vision. Er sehe sich selbst als eine Art Impulsgeber, der andere dazu bringt, Teil eines Kunstwerks zu werden, erzählt der 52-jährige bei einer Tasse Tee in der Wohnküche seines Ateliers. So wie kürzlich bei einem Happening, das er in den Rudas Studios inszeniert hat.
„Das Spannende dabei ist, dass ich nicht weiß, was passieren wird, und die Leute, die dabei sind, ebensowenig“, bilanziert er. Genau darin liege der Reiz. Dieses Fließende und Unerwartete sind der Kontrast zu seinen minutiös geplanten Streichholz-Bildern.
Aber auch da tritt Wakultschiknicht auf der Stelle, wagt das Experiment und entwickelt die Ideen weiter. „Derzeit arbeite ich mit fluoreszierenden Farben“, sagt er und zeigt auf ein erst kürzlich fertig gestelltes Frauenporträt, das durch die leuchtende Farbgebung einen ganz besonderen Reiz bekommen hat. „Der Effekt verstärkt sich noch, wenn es in einem dunklen Raum hängt, wie in einem Club zum Beispiel“, erklärt der in Minsk geborene Maler und Objekt-Künstler.
Sein Wissen möchte Wakultschikgern weitergeben. Der Wahl-Düsseldorfer kann sich vorstellen, mit Kindern zu arbeiten, sie an die Kunst heranzuführen, um „ihre Kreativität zu fördern“, wie er betont. Dabei hat Wakultschik seine eigene Ausbildung im Hinterkopf, denn „auf dem Lyzeum der bildenden Künste Minsk, dass ich besucht habe, war der Unterricht breit aufgestellt. Wir haben verschiedenste Disziplinen kennen gelernt und das zahlt sich heute für mich als Künstler aus“. Bereits als Elfjähriger wurde seine Liebe zur Kreativität erkannt und gefördert. „Von Kunstangeboten für Kinder gibt es immer noch zu wenig“, findet Wakultschik, der sich eine Art Kids-Akademie in seiner Wahlheimatstadt Düsseldorf vorstellen kann. „Damit würde ich auch sehr gern etwas von der Gastfreundlichkeit zurückgeben, die mir hier immer entgegengebracht wurde“, sagt er.
Schon während seines Studiums zog es Wakultschik nach Düsseldorf. Für ein Jahr war er in der Stadt und nutzte die Zeit als Gasthörer an der Kunstakademie. 1992 beschloss er, aus dem Besuch einen Daueraufenthalt zu machen und schrieb sich an der Kunstakademie ein, studierte bei Beate Schiff und Jannis Kounnellis das Fach Freie Kunst. Waren es am Anfang noch Kreide-, Tusche- und Aquarellzeichnungen, kamen 1994 schon erste Reliefs, Skulpturen und Objekte dazu.