Soundcheck April 2025# 1
Galerie mit 22 Bildern: Messa – Desertfest Berlin 2023

Das erste Album der italienischen Avantgarde-Doomer MESSA nach ihrem Wechsel zu Metal Blade Records nennt sich „The Spin“ – und dieses Labeldebüt räumt gleich mal den Soundcheck-Sieg im April ab. Bereits mit ihrem vorherigen Werk „Close“ konnte das Quartett (fast) restlos überzeugen, folglich schloss der Kollege Otterbeck in seinem Fazit zum Vorgängerwerk: „Bleibt zu hoffen, dass MESSA den Höhepunkt ihres kreativen Schaffens noch nicht erreicht haben und wir noch viel mehr Alben wie „Close“ genießen dürfen“. Wunsch erfüllt, lieber Tim: Was die Band heuer mit „The Spin“ vorlegt, das wird dieser Hoffnung im Hinblick auf Qualität und Kreativität absolut gerecht, ja, es gelingt MESSA sogar die aufgrund ihrer starken Diskographie geschürten Erwartungen erstaunlich souverän zu erfüllen.

Dies liegt insbesondere an der Stärke von MESSA sich nachvollziehbar zu entwickeln. Auf jedem ihrer bisherigen Alben haben MESSA neue Ideen in ihren Sound eingebracht, welche sich stets gut in das doomige Grundbild eingefügt haben: Seien es orientalisch-mediterrane Einflüsse wie in „Close“ oder jazzig-sludgige wie auf „Feast For Water“. Diesmal wird tief in den späten 1970er und frühen 1980er Jahren gegraben, um in die Songs Gothic-Rock, Post-Punk und Dark-Wave-Elemente einzuflechten. Pate hierfür stehen neben KILLING JOKE, JOY DIVISION auch THE SOUND und THE SISTERS OF MERCY. Dabei ist sicherlich nicht zu unterschätzen, dass MESSA Weiterentwicklung dabei nicht als Selbstzweck begreifen, sondern Neugestaltung glaubwürdig anhand eigener Interessen vorantreiben und sich laufend selbst herausfordern. Trotz der Vielzahl an unterschiedlichen Einflüssen entsteht hierdurch ein stimmiges Gesamtbild und letztlich ein einmaliger Stil.

„The Spin“: Film-Noir trifft Doom

Neben diesen grundlegenden Änderungen gibt es auch unzählige kleinere, erfrischende Elemente zu entdecken – seien es elektronische Synthie-Sounds, Post-Black-Metal-Ausflüge oder soundtrackhaft-jazzige Anleihen, die direkt dem ikonischen TWIN PEAKS-Soundtrack von Angelo Badalamenti entnommen sein könnten. Ohnehin wirkt „The Spin“ wie eine Hommage an den grandiosen David Lynch, dem Anfang 2025 verstorbenen Schöpfer dieser wegweisenden Mystery-Serie rund um Agent Cooper, aber auch von düsteren, surrealistischen Thrillern wie Mullholland Drive und Blue Velvet. Dabei wird die Film-Noir-Atmosphäre noch verstärkt durch die träumerischen Videos zu den Singles „At Races“ und „The Dress“, die stimmig die jeweiligen Titel visuell erweitern.

Über die gesamte Spielzeit von „The Spin“ zieht sich eine Grundspannung, die immer wieder in sorgsam aufgebauten Songstrukturen wahlweise aufgelöst oder intensiviert wird. Damit folgt auch das Songwriting gewissermaßen der Charakteristik des Herrn Lynch: Das Gesamtwerk lebt von seiner unterlegten Stimmung und der Bereitschaft, sich dieser hinzugeben, die Zusammensetzung der einzelnen Elemente ist dabei nicht immer durchgehend stringent, mitunter auch unerwartet und abstrakt, aber eben stets aufregend – die Songs halten dadurch auch mehr als einen Gänsehaut-Moment bereit. Wozu MESSA diesbezüglich in der Lage sind, zeigt „The Dress“ womöglich am eindrucksvollsten. Aber auch „Immolation“, welches für MESSA-Verhältnisse geradezu balladesque daher kommt, entfaltet eine besonders eindringliche Wirkung.

MESSA entwickeln ihren Sound gekonnt weiter

Über die sieben Titel von „The Spin“ ergießt sich eindrucksvoll der Gesang von Sara Bianchin, der bisweilen wirkt, als könnten die Songs den energiegeladenen Klang und ihre stimmliche Kraft kaum halten. Dieser Gesang hebt sich immer wieder markant von den Instrumenten ab, ohne dabei jedoch überzogen oder gar unpassend zu wirken. Wer die Band schon einmal live erleben durfte, kann sich sicherlich gut ausmalen, wie eindrucksvoll die Frontfrau auch hier ihre Texte vorträgt. Dank dieser gesanglichen Leistung und insbesondere bei den leichteren, jazzigen Elementen, platziert sich MESSA mitunter in der Nähe von frühen THE GATHERING, erkennbar besonders im opulenten Abschlusstitel „Thicker Blood“.

Wohin der Weg MESSA mit dem auf „The Spin“ folgenden Album allerdings führen wird, das bleibt offen – aber sicher ist, dass nicht weniger als ein famoses Album zu erwarten ist, sollte das Niveau von „The Dress“ und „At Races“ konstanter erreicht werden. Mit „The Spin“ jedenfalls ist die Band ihrem vollen Potenzial und einer Höchstwertung schon verdammt nah gekommen.

MESSA (2025)