Apples iOS kannte in Sachen User Interface bislang nur einen Bruch: Im Juni 2013, also vor genau 12 Jahren, präsentierte das Unternehmen iOS 7, das vom Skeuomorphismus der ersten iPhone-Jahre Abstand nahm und einen neuen, „flachen“ Look einführte. Mit dem in dieser Woche vorgestellten iOS 26 und seinem „Liquid Glass“ genannten Design kommt nun der nächste große Schritt. Der soll, so Apple, die Grundlagen für das nächste iPhone-Jahrzehnt legen. Die ersten Stunden mit der neuen UI, die seit Montag als Beta für Entwickler verfügbar ist, zeigen: Die Umstellung wird vermutlich schwieriger als zunächst gedacht. Auch wenn sich das Design auf den ersten Blick anscheinend nur marginal verändert, greift Apple an vielen Stellen ins System ein. Unterdessen witzeln User in den sozialen Medien, dass sich Apple mit seinem glasigen Look an Windows Vista von 2006, einst Erzfeind von macOS orientiert, dessen Oberfläche „Aero Glass“ hieß.

Glasig: Nicht immer gut für die Übersicht

Wer mit der Vorabversion von iOS 26 arbeitet, erkennt die Designeingriffe mit den ersten paar Klicks: Icons wurden angepasst, die bekannten iOS-Schalter sind in die Länge gezogen, viele UI-Elemente wandern automatisch nach unten, Ecken von Pop-ups und andere Kontrollelemente sind stärker abgerundet. Immerhin sind die Icons keine Kreise, wie so mancher Gerüchtekoch vorhergesagt hatte. Krass ist das Kontrollzentrum, je nachdem, welchen Bildschirmhintergrund und welche Icon-Zusammenstellung man verwendet: Zieht man es wie gewohnt herunter, steht man vor einer Glaswand. Einzelne Bereiche sind nicht als Knöpfe zu erkennen. Ähnlich läuft es bei Apps mit buntem Hintergrund: In der Wetter-Anwendung von Apple findet man beim Erstbesuch zunächst die Leiste zum Wechseln der Ortsansicht nicht, weil diese derart stark in den Hintergrund hineinfließt.

Gleiches gilt für den Kontrollbereich in der Apple-Music-App, der ebenfalls nach unten gerutscht ist und je nach Hintergrund kaum zu sehen ist, besonders wenn dort derzeit keine Musik läuft. Apple hat außerdem an den Schriftarten gedreht. Überschriften sind jetzt teilweise fett, aber dennoch recht klein. Der Zurückknopf in den Systemeinstellungen wirkt sehr hell, als sei er im HDR-Modus abgebildet. Am wenigsten „anders“ wirken Apps, die einfarbige Hintergründe haben, da dort der Glaseffekt kaum zu sehen ist. So mancher User dürfte diesen sowieso abdrehen, was über die Barrierefreiheitseinstellungen möglich sein wird – Menschen mit nur leichter Sehbehinderung kann die neue Durchsichtigkeit bereits stören.

iOS 26 steht noch am Anfang

Klar ist aber auch: iOS 26 steht noch am Anfang. Apple wird aus der nun angelaufenen Betaphase lernen und die gröbsten Designschnitzer beseitigen. Dennoch ist es erstaunlich, dass Probleme wie fehlende Sichtbarkeit im Kontrollzentrum dem Designteam nicht aufgefallen zu sein scheinen. Etwas am Hintergrund drehen würde hier bereits helfen. Wollte Apple womöglich besonders effektvoll daherkommen, sich möglichst stark von iOS 7 absetzen? Man weiß es nicht. Wirklich stabil ist die Beta sowieso nicht, es gibt noch Abstürze in Teilbereichen. Doch manchmal ist es gar kein Bug, sondern man findet vor lauter Glaseffekt einfach das gewohnte Element nicht mehr.

Apple hat sich mit Liquid Glass einiges vorgenommen, neben iOS 26 wurden auch alle anderen Betriebssysteme angepasst. Es bleibt zu hoffen, dass der Konzern dem ausreichend Ressourcen widmet. Hinzu kommt: Haben Nutzer wirklich nach einem solchen Redesign gefragt? Wollten Sie nicht eher bessere KI und vor allem Siri? Apple hat sich anders entschieden. Nun dürfen sich User zunächst mit einer neuen UI auseinandersetzen.

(bsc)

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