Dresden – Es soll wieder so aussehen, wie zu Honecker-Zeiten! Ungewöhnliche Auflagen für die Sanierung eines Hauses in der Innenstadt von Dresden.
Während Häuser in der historischen Altstadt im prunkvollen Barockstil wiedererrichtet wurden und zum Touristen-Hotspot mutierten, sollen Häuser am Neustädter Markt wieder nach DDR aussehen. Der Grund: Denkmalschutz-Vorgabe!
Erich Honecker (†81) war von 1976 bis 1989 Staatsratsvorsitzender der DDR – unter ihm wurde der Wohnungsbau (Plattenbauten) vorangetrieben
Foto: IMAGO/ITAR-TASS
DDR-Wohnblöcke entstanden Ende der Siebziger
Nach der Zerstörung Dresdens 1945 durch britische und amerikanische Bomber war das Viertel zu DDR-Zeiten viele Jahre später zu einer sozialistischen Flaniermeile umgebaut worden.
Links und rechts entstanden schlichte Plattenbauten vom Typ WBS70/1080 – auch am Neustädter Markt (1977-78 errichtet) um den berühmten Goldenen Reiter.
Der Goldene Reiter und die im Bau befindlichen Plattenbauten im Januar 1978 – die Hauptstraße hieß zu DDR-Zeiten „Straße der Befreiung“
Foto: Volker Santrucek/Archiv Sächsische Zeitung/Picture alliance
Areal in Dresden seit 2021 Kulturdenkmal
Knapp 41 Jahre später sollten die letzten Plattenbauten in diesem Areal saniert werden, doch durch eine überraschende Ernennung des Neustädter Marktes zum „Kulturdenkmal“ im Jahr 2021 verzögerte sich alles. Denn das Landesamt für Denkmalpflege Sachsen um Landeskonservator Alf Furkert (59) teilte damals schriftlich mit: „Zum neuen Schutzgut gehören die gesamte Platz- und Straßenanlage mit Platzwänden (DDR-Plattenbauten) …“ Bedeutet: Die Gebäude an sich stehen zwar nicht unter Denkmalschutz, aber ihre äußere Optik, die zur Anmutung des Platzes gehört.
In einem Plattenbau-Durchgang (Sandstein-Platten müssen erhalten werden) erklärt Dresdens Vonovia-Chef Alexander Wuttke (44, r.) BILD-Reporter Thomas Fischer (43) die Pläne
Foto: Dirk Sukow
DDR-Optik soll nach Sanierung entstehen
Jetzt begann Wohnungsriese Vonovia mit der Sanierung der 70 Wohnungen in Top-Lage und macht bei den Auflagen deutlich: „Wir gehen davon aus, dass wir den Charme der DDR-Optik des Plattenbaus wiederherstellen sollen“, sagt Dresdens Vonovia-Chef Alexander Wuttke (44). „Noch ist nicht jedes Detail final entschieden.“
Die Balkone wurden bereits abgebaut. Die Balkon-Front soll Waschbeton-Optik bekommen. Die Fassade dahinter muss ochsenblutrot werden. Der Waschbeton-Look daneben soll wieder hergestellt werden
Foto: Dirk Sukow
Waschbeton-Look und ochsenblutrote Farbe
Sicher ist aber bereits: „Da das Haus mit Mineralwolle gedämmt wird, muss der Putz in Tafelbauweise nachgebildet werden“, erklärt Wuttke. Heißt: Es muss anschließend wieder nach Platte aussehen, Farbe und Struktur sollen dem früheren Waschbeton ähnlich sein. „Über das finale Aussehen läuft gerade die Abstimmung.“
Auch die Balkone sollen den DDR-Look bekommen, ein leichteres Material soll aus statischen Gründen die Betonplatten ersetzen. Doch die Fassade im Balkonbereich soll wie zu Honeckers-Zeiten in „ochsenblutrote Wandfarbe“ gestrichen werden.
Ein Foto des Pioniertreffens 1978 in Dresden, im Hintergrund die Platte. So ähnlich soll sie in noch unsanierten Abschnitten wieder aussehen
Foto: Kolbig/ZB/picture-alliance
Das kostet Wohnen in der neuen DDR-Platte
Die Durchschnittsmiete in Top-Lage am Goldenen Reiter kostet laut Vonovia 5,02 Euro/m² (Kaltmiete). Nach der Modernisierung soll die Miete nicht mehr als 2 Euro erhöht werden. Die 70 Wohnungen (64 und 77 Quadratmeter) sind für Familien gedacht. Mehr als 5 Millionen Euro wird die Sanierung (Fertigstellung Herbst 2026) kosten.
Sanierung muss wegen Vögeln ruhen
Doch die Bauarbeiten ruhen aktuell wegen Umweltschutz. „Es wurden 40 Singvögel- und 100 Fledermaus-Brutplätze entdeckt“, so Wuttke. Dafür sollen zahlreiche Kästen angebracht werden. Zumindest dieses Detail wird sich vom ursprünglichen DDR-Look unterscheiden.