Dramatik pur in der Verbandsliga Sachsen-Anhalt: Lange führte der SSC Weißenfels im Heimspiel gegen Halle-Ammendorf mit 1:0 und wäre nach dem Abpfiff somit in die 5. Liga aufgestiegen. Doch in der 90. Spielminute fiel der Ausgleichstreffer. Weil Verfolger Lok Stendal parallel in seinem eigenen Spiel die Führung erzielte, zogen die Stendaler in buchstäblich letzter Minute noch an Weißenfels vorbei auf den ersten Tabellenplatz. Enttäuschte Gesichter derweil im Weißenfelser Stadtstadion, wo schon reichlich Pyrotechnik aufgrund des vermeintlichen Aufstiegs brannte. Bis dahin herrschte reges Treiben im Heimblock.
Eine lange Schlange bildete sich vergangenen Samstag am Einlass des Stadtstadions in Weißenfels. Trotz bestem Sommerwetter wollten 427 zahlende Zuschauer live mit dabei sein und den SSC Weißenfels im Kampf um den Oberliga-Aufstieg siegen sehen.
Der Saalesportclub Weißenfels entstand im Sommer 2018 durch eine Fusion des 1. FC Weißenfels sowie des SC UM Weißenfels und sieht sich als legitimer Nachfolger der BSG Fortschritt Weißenfels. Diese spielte zu DDR-Zeiten sogar fünf Jahre (1955–1960) in der damals höchsten Spielklasse und fand sich sonst oft in der 2. Liga der DDR ein.
Weißenfels verfügt über 40.000 Einwohner. Vor allem der Mitteldeutsche Basketball Club (1. Liga), der in Weißenfels beheimatet ist, ist sportliches Aushängeschild der Stadt. An Fußballfans gab es einst mit den „Weißenfelser Jungs“ einen schlagkräftigen Fanclub der Grün-Weißen aus Leipzig-Leutzsch. Ansonsten gibt es mit der „Sektion Weißenfels“ eine bekannte Sektion der HFC-Fankurve. Und dann gibt es noch die Fans des SSC Weißenfels.
Schon seit vielen Jahren existiert im Vereinsumfeld ein hohes Potenzial an „Sportsfreunden“. Seit 2023 existiert beim SSC außerdem mit den „Banner Buben“ eine Gruppe, die der Mannschaft in nahezu jedem Spiel akustisch den Rücken stärkt. Zwischen den Fans des SSC Weißenfels und des Halleschen FC herrscht eine Rivalität. Anti-HFC-Sticker im Stadionumfeld machen deutlich, wer hier alles andere als beliebt ist. Auch das Auswärtsspiel in Dölau mit Umstieg in Halle vor wenigen Wochen offenbarte die Abneigung der Weißenfelser gegen den HFC.
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In Sachen Fußballgraffitis ist die Stadt in unterschiedliche Bereiche aufgeteilt. Insbesondere in der Stadiongegend dominieren allerdings die Farben des SSC.
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Seitens der Banner Buben gab es in den Tagen vor dem Spiel einen entsprechenden Aufruf für das Entscheidungsspiel.
Zum Heimspiel gegen den BSV Halle-Ammendorf versammelten sich dauerhaft etwa 50–55 Stimmungswillige (teilweise sogar bis zu 70 Leute) im Fanblock. Mit dabei eine Abordnung der Freunde von Einheit Wernigerode.
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Zum Einlaufen der Spieler zeigten die Fans eine Blockfahne mit der Aufschrift „Kämpfen & Siegen“.
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Im Anschluss sang der Mob trotz hochsommerlicher Temperaturen nahezu pausenlos durch und wurde in der 35. Spielminute mit dem 1:0-Führungstreffer belohnt. Dabei kam sogar eine Snare Drum zum Einsatz.
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Die Tabellensituation der Verbandsliga Sachsen-Anhalt gestaltete sich vor dem letzten Spieltag wie folgt: Der SSC Weißenfels stand mit einem Punkt Vorsprung auf Verfolger Lok Stendal an der Tabellenspitze, die zeitgleich im Altmark-Derby in Gardelegen spielten. Somit konnten die Weißenfelser mit einem Sieg im Heimspiel gegen Halle aus eigener Kraft den Aufstieg besiegeln.
Lange Zeit sah es danach aus, dass der SSC in der kommenden Saison fünftklassig spielt. Doch in der fünften Minute der Nachspielzeit fiel tatsächlich noch der Ausgleichstreffer. Nahezu parallel schoss in Gardelegen der 1. FC Lok Stendal den Führungstreffer und zog somit an Weißenfels vorbei. Ein Fußball-Krimi, der in Weißenfels für pures Entsetzen sorgte.
Die Pyro-Show der Weißenfelser anlässlich des vermeintlichen Aufstiegs war derweil schon im vollen Gange – verkündete der Stadionsprecher fälschlicherweise den Abpfiff in Gardelegen beim Stand von 0:0. Rauchdosen teilten den Block in Blau und Gelb. Raketen schossen in die Luft, Kugelbomben explodierten und mehrere Dutzend Bengalen brachten zusätzlich Farbe in den Fanblock.
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Es war eine ordentliche Pyro-Aktion, doch leider im falschen Moment. Als die Info aus Gardelegen in Weißenfels die Runde machte, wechselte die bisherige Party-Stimmung in Momente der Stille. Irgendwann kippte die Stimmung in Wut – so vertrieb der aufgebrachte Pöbel die eigene Mannschaft. Die Mehrheit der Zuschauer verließ derweil mit enttäuschten Gesichtern das Stadtstadion.
Es war das dritte Jahr in Folge, in dem der SSC Weißenfels knapp am Aufstieg in die Oberliga scheiterte – bereits in den beiden Vorsaisons belegten die Saalestädter den zweiten Tabellenplatz.
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(Faszination Fankurve, 16.06.2025)