Der Abpfiff war kein gewöhnlicher: Am 17. Juni 1995 schloss sich für Dynamo Dresden mit der Partie bei Bayer Leverkusen (2:2) der Bundesliga-Vorhang. Das ist inzwischen exakt 30 (!) Jahre her.

„Das war wie Krebs im Endstadium, die Wochen vorher eine Quälerei“, erinnert sich Vereinslegende Ralf Minge (64), damals Cheftrainer des Teams.

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Die Vereinsführung um den damaligen Präsidenten und Bauunternehmer Rolf-Jürgen Otto (†75) trieb Dynamo mit dubiosen Geschäften in den finanziellen Ruin. Wegen Schulden von über 10 Mio. DM entzog der DFB schließlich die Lizenz für die 1. und 2. Liga, Otto wurde u.a. wegen Insolvenzverschleppung zu drei Jahren Haft verurteilt.

„Der Lizenzentzug war bekannt, die Spieler mit ihren Gedanken überall, nur nicht mehr hier“, so Minge weiter. „Die Stimmung nach dem letzten Spiel war eine Mischung aus Ernüchterung, Trauer und Erleichterung, dass die Scheiße vorbei war.“

Am 18. Juni 1995 gab Ralf Minge beim Freundschaftsspiel in Zittau sein letztes Autogramm als Bundesliga-Trainer von Dynamo

Am 18. Juni 1995 gab Ralf Minge beim Freundschaftsspiel in Zittau sein letztes Autogramm als Bundesliga-Trainer von Dynamo

Foto: Privat

Kurz vor Spielende gelang Michael Spies damals der Ausgleich zum 2:2, das Tor ist bis heute das letzte für die SGD im Fußball-Oberhaus. Einen Tag später, am 18. Juni 1995, trat das Team bei einem Freundschaftskick in Zittau letztmalig als Bundesligist an und auf, gewann mit 4:2. Danach gab es die Mannschaft so nicht mehr.

Minge, der später als Geschäftsführer zu seinem Herzensverein zurückkehrte und heute Abteilungsleiter des Sportparks Ostra in Dresden ist: „Die Tragweite der damaligen Geschehnisse hat man in der Deutlichkeit und Intensität erst Wochen später so richtig realisiert.“

Minge arbeitet heute in Dresden als Abteilungsleiter des Sportparks Ostra

Minge arbeitet heute in Dresden als Abteilungsleiter des Sportparks Ostra

Foto: picture alliance/dpa

Dabei hatte er selbst noch versucht, gegenzusteuern. „Ich habe damals gesagt, dass jeder Tag, den man verschenkt, den Verein Jahre kosten wird.“ Er erarbeitete eine umfassende Konzeption, wie ein Neuanfang gestaltet werden kann. „Die habe ich heute noch zuhause. Aber damals hatte sich nicht wirklich jemand dafür interessiert.“

Und so wurstelte der einstige Stolz des Ostens, der achtmalige DDR-Meister, der Europacup-Halbfinalist von 1989 danach jahrelang in den Niederungen des Fußballs rum. Stieg 2000 sogar in die viertklassige Oberliga ab.

Im Fahrstuhl zwischen 2. und 3. Liga

Inzwischen pendelt Dynamo zwischen der 3. und 2. Liga, hat immerhin gerade im dritten Anlauf die Rückkehr ins deutsche Unterhaus geschafft. Die Fan-Basis ist nach wie vor riesig, das Rudolf-Harbig-Stadion regelmäßig mit über 30.000 Zuschauern ausverkauft.

Genauso groß ist die Hoffnung, irgendwann doch nochmal auf die ganz große Fußball-Bühne zurückzukehren. Doch das dürfte – wenn überhaupt – noch eine Weile dauern. Und so bleibt der Treffer von Michael Spieß vor 30 Jahren bis auf Weiteres der letzte für Dynamo Dresden in der Bundesliga…