Aus Sicht von Bundeskanzler Friedrich Merz macht Israel im Krieg mit dem Iran derzeit „die Drecksarbeit“ für den ganzen Westen. Das machte der CDU-Politiker in einem ZDF-Interview am Rande des G7-Gipfels in Kanada deutlich.

„Ich kann nur sagen, größten Respekt davor, dass die israelische Armee den Mut dazu gehabt hat, die israelische Staatsführung den Mut dazu gehabt hat, das zu machen“, sagte er. „Wir hätten sonst möglicherweise Monate und Jahre weiter diesen Terror dieses Regimes gesehen und dann möglicherweise noch mit einer Atomwaffe in der Hand.“ Merz verwies dabei auch auf iranische Drohnenlieferungen für den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine.

Macht Israel die „Drecksarbeit“? Bundeskanzler Merz hat recht

Merz’ Aussagen rufen bei Teilen der SPD Kritik hervor. Der SPD-Außenpolitiker Ralf Stegner zum Beispiel kritisierte Merz scharf. „Wenn der Bundeskanzler sagt, Israel mache im Iran die Drecksarbeit für uns, ist das mehr als befremdlich“, sagte Stegner dem „Spiegel“. „Gleichzeitig verrät das ein Verständnis, das meilenweit von dem entfernt ist, wie man das als Sozialdemokrat betrachtet.“

„Mit einer solchen Diktion suggeriert Herr Merz selbst, dass die militärische Attacke Netanjahus gegen den Iran mutmaßlich völkerrechtswidrig war“, so Stegner. „Da ist für einen Vertreter Deutschlands jedwede öffentlich geäußerte Erleichterung völlig unangebracht. Das gilt erst recht, wenn man die fraglos erheblichen Eskalationsgefahren mit einbezieht.“

Die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Siemtje Möller warnte beim Nachrichtenportal t-online am Mittwoch vor zu scharfer Rhetorik. Die Lage im Nahen Osten sei „hochsensibel und brandgefährlich“, sagte sie. „Gerade in einer solchen Situation braucht es von allen politisch Verantwortlichen diplomatisches Fingerspitzengefühl in der öffentlichen Kommunikation.“ 

„Maischberger“ zu Ukraine und Nahost „Herr Stegner, das ist verschwörungstheoretische Sprache“

Die SPD-Außenpolitikerin Derya Türk-Nachbaur rügte ebenfalls Merz. „“Drecksarbeit’ ist kein Begriff, den ich in diesem Zusammenhang nennen möchte„, sagte sie t-online. “Sowohl im Iran als auch in Israel sterben Zivilisten. Frauen, Kinder, junge und alte Menschen, die diesen Krieg nicht verantworten.„

BSW-Chefin Sahra Wagenknecht sprach von einer Entgleisung sondergleichen. Merz „legitimiert in unverfrorener Weise einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg, dem bereits Hunderte Zivilisten im Iran zum Opfer gefallen sind“, sagte Wagenknecht. Das sei ein Bruch mit der Tradition der außenpolitischen Mäßigung. 

Merz habe offenbar kein Problem mit einem Kriegseintritt der USA. „Dass jetzt ein Flächenbrand im Nahen Osten droht, ist dem Kanzler keine Silbe wert“, sagte Wagenknecht. „Mehr Doppelmoral geht nicht.“

„Damit verhöhnt er die Opfer von Krieg und Gewalt“

Linken-Chef Jan van Aken

Linken-Bundestagsfraktionschef Sören Pellmann kritisierte: „Dass Kanzler Merz jetzt das Völkerrecht über Bord wirft und in die verheerende Logik eines ‚Rechts des Stärkeren‘ einstimmt, ist ein Skandal und beschädigt Deutschlands Ansehen bei den Vereinten Nationen und darüber hinaus massiv.“ Merz’ Äußerungen seien eine Absage an rechtsstaatliche und internationale Normen. „Den meisten von uns dürfte noch nicht klar sein, wo das enden kann“, sagte Pellmann der dpa.

„Wenn Menschen getötet werden, nennt Merz das Drecksarbeit“, sagte Linken-Chef Jan van Aken am Mittwoch der „Süddeutschen Zeitung“. „Damit verhöhnt er die Opfer von Krieg und Gewalt.“

Der Grünen-Politiker Anton Hofreiter sagte dem Sender Welt TV: „Ich halte die Wortwahl für ungeschickt.“ Im Iran seien 80 bis 90 Prozent der Menschen gegen das islamistische Regime – „und bei den Angriffen Israels auf den Iran sterben auch Zivilisten“. 

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Deshalb solle man Worte vorsichtig wählen, meinte Hofreiter. „Aber natürlich wäre es wünschenswert für ganz viele Menschen auf dieser Welt und insbesondere auch für die Menschen im Iran und in Israel, wenn das Mullah-Regime fallen würde.“

Ein Regierungssprecher sagte am Mittwoch zu der Kritik an der Äußerung, Merz habe immer wieder betont, dass das iranische Atomprogramm nicht nur eine Gefahr für Israel, sondern für die gesamte Region oder gar die gesamte Welt sei. Gleichzeitig habe der Kanzler deutlich gemacht, dass Deutschland bereit sei, wieder diplomatischen Möglichkeiten zur Beilegung des Konflikts zu prüfen und sich an derartigen Initiativen zu beteiligen. (Tsp, mit dpa)