Am 19. Juni fand eine Demonstration der Erzieherinnen und Erzieher der Leipziger Kitas auf dem Naschmarkt in Leipzig statt. Die Kolleginnen und Kollegen demonstrierten dafür, dass das Kita-Moratorium endlich durchgesetzt wird und der Freistaat Sachsen das Geld für einen besseren Betreuungsschlüssel in den Einrichtungen im Haushalt verankert.
Denise von ver.di erklärte, worum es geht.
Dass Erzieherinnen und Erzieher überlastet sind, ist nichts Neues, allein die Fluktuation und der Krankenstand sprechen Bände. Aber wie ist denn die Lage in den Kitas? Wir fragten eine Kita-Leiterin nach ihren Eindrücken.
Demo-Plakat Volkssolidarität. Foto: Thomas Köhler
Ver.di hat Erfahrungsberichte im Kita-Krisenbuch „Systemversagen aufdecken“ zusammengefasst und schreibt dazu:
Daniel mit Krisenbuch. Foto: Thomas Köhler
„Die Geschichten in diesem Buch sind keine Ausnahmen, keine Einzelfälle, keine überzogenen Dramatisierungen. Es sind Berichte aus dem Alltag. Ein Alltag, der für viele pädagogische Fachkräfte zu einer dauerhaften Belastungsprobe geworden ist. Ein Alltag, der uns alle angeht, weil er direkt das Leben und die Entwicklung derjenigen beeinflusst, die heute ‚Kind sein dürfen‘ und morgen unsere Gesellschaft gestalten sollen.“
Einen dieser Berichte las David bei der Veranstaltung vor, der Bericht geht unter die Haut.
Demo-Plakat Azubi. Foto: Thomas Köhler
Auch die Eltern, in Person von Jens Bruns, einem Mitglied des Gesamtelternrates der Stadt Leipzig, kamen zu Wort. Die Eltern der Kita Möckernsche Straße haben auch eine Petition dazu gestartet. Diese hat bereits über 25.000 Unterschriften. Wir baten ihn nach der Veranstaltung um eine Zusammenfassung seines Redebeitrages.
Es tut sich etwas in der Politik
Allerdings tut sich etwas im Sächsischen Landtag, wie Denise ausführte:
„An der Stelle ist anzumerken, dass es nicht ganz so bewegungslos geblieben ist, denn heute Mittag kam die Ankündigung von 22,6 Millionen im Haushaltsbeschluss. Das sind zwar keine 100 Milliarden, aber es ist schon mal ein großer Schritt in die richtige Richtung und wird hoffentlich sinnvoll für die Kitas und die Kolleginnen verhaushaltet.“
Zu diesem Punkt kamen Politikerinnen und Politiker zu Wort. Die Landtagsabgeordneten Gerald Eisenblätter (SPD), Juliane Nagel (Linke), Christin Melcher (Bündnis 90/Die Grünen) und Doreen Voigt (BSW) gaben Statements zum Thema ab.
´Von links nach rechts: Doreen Voigt (BSW), Christin Melcher (Bündnis 90/Die Grünen), Laura (ver.di), Juliane Nagel (Linke), Gerald Eisenblätter (SPD). Foto: Thomas Köhler
Es gibt im Landtag eine Einigung zum Kita-Moratorium, im Rahmen der Haushaltsdiskussion, die von CDU, SPD, Grünen und Linken getragen wird. Gerald Eisenblätter führte dazu aus:
„Und was heißt das? Da gehen immer ein paar Fakten durcheinander, dass jetzt im ersten Jahr 200 Vollzeitäquivalente und im zweiten Jahr auch nochmal 200 Vollzeitäquivalente im System bleiben, finanziert werden und dadurch auch ein Betreuungsschlüssel besser werden kann. Wir wissen, das ist nicht das Ende der Fahnenstange, es ist aber ein sehr wichtiger Beitrag, um eben auch das Signal in die Landschaft zu geben, dass wir sehr wohl merken, wie Kinderzahlen sinken, dass Einrichtungen von Schließungen bedroht sind und dass man dagegen steuern muss.“
Juliane Nagel bestätigte die Zahlen, aber sie betonte auch, dass dies nicht dem ursprünglichen Vorschlag zum Kita-Moratorium entspricht.
„Das steht nicht in dem Ursprungsbeschluss des Sächsischen Landtags. Jetzt fangen wir an miteinander zu diskutieren. Ich lege jetzt meine Position nochmal da. Der Sächsische Landtag hat in alter Besetzung im September Auge in Auge mit den zurückgehenden Kinderzahlen beschlossen, dass der Landeszuschuss möglichst stabil gehalten wird, trotz der sinkenden Kinderzahlen. […] Ich halte das, was wir im Landtag ausgehandelt haben, dazu komme ich auch gleich, weil wir als Linke haben da natürlich auch eine Rolle, nicht für die Erfüllung dessen, was dieser Beschluss im September ausgesagt hat. […] Weil wir vor der Situation stehen, dass wir einen Landeshaushalt brauchen, der Ausgaben sichert im Bereich der Sozialen, der Bildung, der Kultur, der Demokratieförderung und so weiter.“
Es scheint also von Seiten der Linken eine pragmatische Entscheidung zu sein, diesen Kompromiss zu unterstützen, um endlich zu einem Haushalt für den Freistaat zu kommen. Gleichzeitig greift sie das BSW an, diese wären aus den Verhandlungen ausgestiegen. Sie kritisiert auch, dass das Kita-Gesetz nicht geändert wurde. Das wäre nötig, um eine dauerhafte Lösung zu erreichen.
Dem widerspricht Christin Melcher, sie führt aus:
„Natürlich ändern wir im Rahmen des Haushaltsgesetzes nächste Woche auch das Kita-Gesetz, weil das gehört zusammen. Und das, was wir im Haushalt entsprechend finanziell abgebildet haben, rechnen wir um auch im Kita-Gesetz. Das heißt, wir fassen auch den Betreuungsschlüssel im Kita-Gesetz an.
Wir machen einen Gesamtpersonalschlüssel und wir stecken den ersten Schritt, das Kita-Moratorium, was umgesetzt wird, zum 1.8.25. Die 200 VZÄ, die Gerald Eisenblätter von der SPD erwähnt hat, kommen der Schulvorbereitung zugute, sprich, sie fließen in den Kita-Bereich. Und der nächste Schritt zum 1.8.26, auch das haben wir im Kita-Gesetz festgelegt und wird nächste Woche beschlossen werden, fließt in den Krippenbereich.“
Doreen Voigt widerspricht der Aussage, das BSW wäre aus den Verhandlungen ausgestiegen, vielmehr hätten sie höhere Forderungen.
„Um ein wirklich echtes Moratorium ins Leben mit der entsprechenden Wirkung zu rufen, braucht es ganz andere Nummern. Nächste Woche ist die Haushalts-Plenarsitzung dazu. Wir haben als BSW-Fraktion einen Änderungsantrag in Höhe von 55 Millionen und 73 Millionen gestellt, weil wir sagen, dadurch könnte das eine Wirkung entfalten.“
Das klingt gut, hat aber einen Haken. Der Kompromiss, den die anderen Parteien vereinbart haben, lässt sich wahrscheinlich finanziell im Haushalt abbilden. Sollte der Änderungsantrag des BSW tatsächlich eine Mehrheit erhalten, könnte der Beschluss zum Haushalt vielleicht erneut verschoben werden. Vielleicht ist es aber auch ein wohlklingender „Schaufensterantrag“.
Wir werden also den Haushaltsbeschluss des Landtages abwarten müssen.
Die Forderungen der Kolleginnen, Kollegen und Eltern fasste Denise zusammen.
Fazit: Es tut sich etwas im Sächsischen Landtag. Ob das reicht, steht nicht fest. Allerdings ist das Problem der kommunalen Finanzierung, die wiederum von Bund und Land abhängig ist, nicht geklärt. Die Demonstration hat erneut auf die Missstände aufmerksam gemacht. Wir werden weiter dazu berichten.