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Strafvollzuganstalt Dartmoor in Großbritannien © IMAGO
Tausende Häftlinge werden aufgrund von überfüllten Gefängnissen in Großbritannien frühzeitig entlassen. Die Lage sei laut Premierminister Keir Starmer schlimmer als gedacht.
London – In diesem Jahr verteilte die britische Regierung unter dem ehemaligen Premierminister Rishi Sunak eine Vielzahl von „Du kommst aus dem Gefängnis frei“-Karten. Mehrere Tausend Häftlinge wurden bereits entlassen, und weitere sollen nun unter dem kürzlich gewählten Premierminister Keir Starmer folgen. Die Lage sei dabei schlimmer als gedacht – das Land steckt in einer Überfüllungskrise.
Schlechter Zustand und wenig Personal – Gefängnisse in Großbritannien vor dem Kollaps
Meldungen der Nachrichtenagentur Reuters bestätigen, dass der britische Premierminister Keir Starmer weitere Insassen früher aus dem Gefängnis entlassen wird. „Unsere Gefängnisse stehen vor dem Kollaps. Wenn Gefängnisse zu voll sind, steigt die Gewaltbereitschaft und bringt Vollzugsbeamte in Gefahr. Wenn keine Zellen frei sind, können Verdächtige nicht mehr verhaftet werden“, erklärt Justizministerin Shabana Mahmood zur Entscheidung des Premierministers.
Viele der Insassen würden sich aktuell bereits Zellen teilen, die nur auf eine Person ausgelegt sein. Zudem seien auch die Zellen in einem schlechten Zustand und es fehle an ausreichend Personal. Nun sollen mehrere Tausend Häftlingen entlassen werden, die bereits 40 Prozent ihrer Strafe abgesessen haben. Für die befreiten Insassen sollen weiter Bewährungshelfer eingestellt werden. Bei Vertragsbruch kommen sie zurück ins Gefängnis. Schwerverbrecher mit einer Einsitzstrafe von länger als vier Jahren, sowie Sexualstraftäter, Stalker oder Täter häuslicher Gewalt kommen dabei nicht früher frei.
Schuld trägt konservative Regierung – Kein Geld für Ausbau der Gefängnisse vorhanden
Schuld an der Krise trage laut Mahmood vor allem „Sunak und seine Gang in Nummer 10“, das ist die Straßennummer des Premierministerbüros. Die letzte Regierung habe die Absitzzeiten der Insassen in vielen Fällen verlängert und Sanierungsmaßnahmen nicht stark genug gefördert. Innerhalb der letzten elf Jahre habe sich die Länge des Gefängnisaufenthaltes zudem von 14,5 auf 20,9 Monate verlängert.
Statistiken zeigen, dass es Anfang Juli etwa 87.453 Gefangene in England und Wales gab. Die maximale Kapazität beträgt 88.864, eine Zahl, die bereits großzügig aufgerundet ist. Unter Berücksichtigung akzeptabler Umstände liegt die Zahl bei rund 79.698. Zudem hat dem World Prison Brief zufolge Großbritannien die höchste Inhaftierungsrate in Westeuropa. Pro 100.000 Einwohner gibt es dort 144 Gefangene. In Deutschland sind es weniger als die Hälfte davon.
Durch die Entlassung weiterer Häftlinge wird sich die Lage nur langsam erholen. Der Regierung fehlt es vor allem an Geld. Laut Angaben des Institute for Government (IfG) werden die Ausgaben für Gefängnisse auch in Zukunft jährlich um 5,9 Prozent im Verhältnis zur Nachfrage sinken.