Immer wieder sorgen falsch geparkte Autos für Ärger im Gleisnetz der Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB). Das ist nicht nur für die Fahrgäste in den Straßenbahnen ärgerlich. Es bringt alle Fahrpläne durcheinander. Und das meist nur, weil Autobesitzer ihr Fahrzeug gedankenlos da abstellen, wo es für sie gerade bequem ist. Den Ärger artikuliert die Freie Fraktion im Stadtrat jetzt mit einem Antrag, mit dem sie das Installieren von Dashcams in allen Straßenbahnen der LVB beantragen.

„Täglich erleben es viele auf der Fahrt mit Straßenbahn und Bus: Menschen, die ‚nur kurz was abgeben‘ oder ‚nur schnell Brötchen holen‘ versperren mit ihren Kraftwagen den Fahrzeugen der Leipziger Verkehrsbetriebe den Weg. Viel zu oft lösen Einzelne ihre Parkplatzprobleme auf Kosten Unzähliger – nämlich jene, die den öffentlichen Nahverkehr benutzen“, beschreibt die Freie Fraktion das Problem in ihrem Antrag.

„Üblicherweise meldet das Fahrpersonal dann diese Behinderung an die Leitstelle und kann dann nur hoffen, dass alsbald die Behörden am Ort des Geschehens eintreffen, oder die Besitzer der Fahrzeuge vor Eintreffen der Behörden den Kraftwagen selbst wegfahren.

Im Jahr 2023 wurden 421 Behinderungen der Gleiswege von den LVB festgestellt, wobei die Dunkelziffer deutlich höher liegen dürfte. Denn oftmals hat das Fahrpersonal keine Zeit oder Möglichkeit, die Ordnungswidrigen festzustellen und auf Polizei oder Polizeibehörde zu warten. Wohlgemerkt sind auch Busse von falsch parkenden Kraftwagen betroffen, wie zum Beispiel an engen Stellen der Arthur-Hoffmann-Straße.“

Bilder gleich an die Zentrale?

Was kann man da tun? Aus Sicht der Freien Fraktion wären Dashcams, die möglicherweise die Bilder gleich automatisiert an die Zentrale weiterleiten, eine Lösung.

„Die Stadt Wiesbaden hatte dazu bereits 2021 einen Testlauf der Dashcams unternommen und bis Ende 2024 sollen 30 Busse mit diesen eigens entwickelten Kamerasystemen ausgestattet werden. Auch in New York und anderen Städten weltweit kommt ein solches System zum Einsatz, das von Siemens entwickelt wurde. Beide Systeme ermöglichen eine datenschutzkonforme Verwendung“, verweist die Fraktion in ihrem Antrag auf Beispiele aus anderen Städten. „Die Kosten für die Einführung der Systeme dürften bei weitem durch die verhängten Bußgelder amortisiert werden.“

Doch gerade zur Dokumentation von Falschparkern auf den Gleisen seien Dashcams eher ungeeignet, stellen die LVB fest.

„Was die Dokumentation von Falschparkern betrifft, so halten die LVB den Einsatz von Dashcams für keine optimale Variante, unter anderem auch aufgrund der Qualität der mittels Frontkamera gefertigten Videos. Die Aufnahmen sind je nach Entfernung zwischen den Fahrzeugen und dem Falschparker und auch aufgrund des Kamerawinkels nicht geeignet, die Behinderung unstreitig aufzuzeigen.

Aus Sicht der LVB liefert eine Dokumentation mithilfe der bereits im Einsatz befindlichen ‚Fahrertablets‘ oder Mobiltelefone bessere Aufnahmen“, teilt das Mobilitäts- und Tiefbauamt in einem Sachstandsbericht zum Antrag der Freien Fraktion mit.

Frontkameras werden trotzdem Standard

Wobei die LVB auf den Einbau von Frontkameras in den Fahrzeugen trotzdem nicht verzichten: „Teilweise verfügen die Fahrzeuge bereits heute über eine standardisierte Ausrüstung und alle künftig zu beschaffenden Fahrzeuge werden ebenfalls mit Frontkameras ausgerüstet. Die eingebauten Frontkameras können jedoch nicht per WLAN-Daten übertragen, die Aufzeichnungen erfolgen auf einem Datenträger im Fahrzeug, der bei Bedarf aus dem Fahrzeug entnommen und auf einem Auswertungsplatz im Unternehmen gesichtet wird.“

Wobei die Frage nach dem Datenschutz die Nutzung der Technik deutlich einschränkt.

Und so lautet den auch das vorsichtige Fazit aus Sicht der Stadt: „Die Anschaffung von Dashcams ist Sache der LVB, da es sich um ein Thema der operativen Umsetzung im Unternehmen handelt. Ein Teil der bestehenden Fahrzeugflotte sowie die zukünftig eingesetzten Fahrzeuge verfügen bereits über Frontkameras. Die LVB bewertet den Einsatz von Dashcams und die Erzeugung von Videos als gerichtsfesten Beweis in Ordnungswidrigkeitenverfahren jedoch in zeitlicher, qualitativer und datenschutzrechtlicher Hinsicht als nicht sinnvoll.

Auch die rechtliche Prüfung und der Datenschutzbeauftragte weisen auf die Zuständigkeit der LVB hin sowie auf die umfangreichen datenschutzrechtlichen Anforderungen, die hierbei zu beachten wären. Der Nahverkehrsplan der Stadt Leipzig enthält zur Anschaffung von Dashcams keine expliziten Festlegungen. Im Ergebnis wird unter Beachtung der dargestellten Aspekte die Einführung von Dashcams nicht vorgesehen.“

Das bisherige Verfahren hat sich bewährt

Also bleibt es vorerst beim eingespielten Verfahren, wie es die Verwaltung schildert:

„Zunächst meldet das LVB-Fahrpersonal den Falschparker an die Verkehrsleitstelle der LVB. Diese veranlasst eine Umleitung, entsendet einen Verkehrsmeister zum Ort der Störung und informiert das Ordnungsamt

Variante 1: In Anwesenheit des Ordnungsamtes

1. Das Ordnungsamt entsendet einen Mitarbeiter zum Ort des Falschparkers.

2. Das Ordnungsamt veranlasst den Abschleppvorgang.

3. Der Verkehrsmeister dokumentiert (in der Regel) vor Ort mit Fotos die Situation und fertigt eine Vorkommnismeldung an.

4. Ordnungsamt veranlasst Abschleppvorgang.

Variante 2: Bei Abwesenheit des Ordnungsamtes

1. Das Ordnungsamt entsendet keinen Mitarbeiter zum Ort des Falschparkers (z. B. aufgrund von Überlastung, Anrufen außerhalb der Dienstzeit)

2. Wenn sich die Behinderung nach Rückmeldung des Verkehrsmeisters bestätigt, veranlasst die Verkehrsleitstelle im Auftrag der LVB den Abschleppvorgang.

3. Der Verkehrsmeister dokumentiert (in jedem Falle) vor Ort mit Fotos die Situation und fertigt eine Vorkommnismeldung und beauftragt den Abschleppdienst.

4. Die Verkehrsleitstelle informiert die Polizei über den Abschleppvorgang, Abschleppfirma (inkl. deren Abstellhof).“

Aus Sicht der Stadt ist das bestehende Verfahren „in seiner Umsetzung erprobt, weist aber bei Variante 1 (in Anwesenheit des Ordnungsamtes) aus Sicht der LVB Verbesserungspotential hinsichtlich der aufgewendeten Zeit auf. Das Warten auf die Mitarbeiter des Ordnungsamtes kann im Einzelfall zu größeren Verzögerungen im Betriebsablauf führen.

Die Beseitigung von Störungen im Linienbetrieb der LVB hat beim Ordnungsamt jedoch eine hohe Priorität. Entsprechenden Meldungen an die Einsatzstelle wird schnellstmöglich nachgegangen und entsprechend der tatbestandlichen Voraussetzungen sowohl mit Ordnungswidrigkeitenanzeigen als auch mit der Einleitung von Vollzugsmaßnahmen reagiert. Von den insgesamt 193 Anforderungen durch die LVB von Juli 2024 bis Mai 2025 konnten anhand der Datenlage lediglich sechs Fälle u.a. aufgrund der Verfügbarkeit nicht angenommen und zehn Fälle nicht zeitnah bearbeitet werden.“

Die etablierten Abläufe seien rechtssicher und haben sich bewährt. Die eingebauten Frontkameras werden dann eher helfen, Beweismaterial bei Unfällen und Störungen im Fahrbetrieb zu sichern.