Gegen Mittag wusste Kai Wegner schon nicht mehr, wie viele Selfies er an diesem Tag bereits gemacht hatte. „Wenn ich für jedes Foto einen Euro bekomme, hätten wir in Berlin keine Finanzprobleme mehr“, scherzte Wegner, während er im Innenhof seines Regierungssitzes eine Limo schlürfte. Dann stand schon die nächste Familie bereit, um ein Erinnerungsfoto mit dem Regierenden Bürgermeister von Berlin zu schießen.
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Trotz Badeseewetters strömten am Sonnabend nach Angaben der Senatskanzlei mehr als 8000 Menschen zum „Tag der offenen Tür“ ins Rote Rathaus. Laut Wegner war es das erste Mal, dass die Berlinerinnen, Berliner und Gäste ausdrücklich dazu eingeladen wurden, einen ausführlichen Blick in das ikonische Gebäude zu werfen. Und man fragt sich, warum eigentlich kein anderer Regierender vor Wegner auf diese Idee gekommen ist. Bedarf hatten die Berlinerinnen und Berliner offensichtlich.
Es ist wichtig, dass die Berlinerinnen und Berliner Demokratie erleben können.
Kai Wegner (CDU), Regierender Bürgermeister von Berlin
Der Regierungschef begrüßte seine Gäste mit einer Rede im Festsaal des Roten Rathauses, dort wo sonst unter anderem Ehrenbürger gewürdigt werden. Es sei „wichtig, dass die Berlinerinnen und Berliner Demokratie erleben können“, sagte Wegner. Dazu gehöre eben auch, einmal ganz plastisch Einblick zu gewähren.
Ein Kinder-Bueno auf dem Schreibtisch
Die Senatskanzlei öffnete dafür nicht nur repräsentative Räume wie den Wappensaal oder den Säulensaal. Auch einen Blick in den Sitzungssaal des Senats und in sein eigenes Büro gewährte Wegners Team den Besuchern. Auf seinem Schreibtisch drapierte es extra einen Kinder-Bueno. Eine Anspielung auf seine vermeintliche Frühstücksroutine.
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An mehreren Infoständen konnten sich die Berliner zudem über die Arbeit ihrer Regierung informieren: Was macht eigentlich ein Protokollchef? Seit wann hat die Stadt einen Internetauftritt (seit 1997!) und wie hat er sich über die Jahre entwickelt? Warum braucht Berlin einen Staatssekretär für Europaangelegenheiten?
Personalausweis verlängern im mobilen Bürgeramt
Das eigentliche Highlight: ein mobiles Bürgeramt, bei dem die Besucher vor Ort ihren Personalausweis verlängern konnten. Es war der mit Abstand bestbesuchte Stand an diesem Tag im Roten Rathaus.
Wegner selbst bereiten solche Termine sichtlich Freude. Er gilt innerhalb des Senats nicht als der akribischste Aktenleser. Im direkten Gespräch mit Bürgerinnen und Bürgern ist Wegner jedoch talentiert wie nur wenige Politikerinnen und Politiker. Irgendwas zwischen Arbeit und Freizeit sei so ein Offener Tag im Roten Rathaus für ihn, sagte er dem Tagesspiegel. Man nimmt es ihm ab – nicht zuletzt, weil ein Selfie mit einer Rentnerin offensichtlich leichter fällt als Verhandlungen mit einem renitenten Koalitionspartner.
Allzu tief ins politische Tagesgeschäft tauchte Wegner auch in seiner Eröffnungsrede nicht ein. Eine „ideologiefreie Verkehrspolitik“ wolle er machen, für „mehr Sauberkeit und Sicherheit in der Stadt“ sorgen – Sätze, denen niemand widersprechen würde, die aber die eigentlichen Konflikte überdecken.
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Zum Schluss erzählte Wegner noch eine Anekdote über die irrwitzige Anzahl an Dokumenten, die er täglich ab- und unterzeichnen muss. Eine Geschichte, die er bereits kurz nach seinem Amtsantritt das erste Mal erzählte und seitdem wohl hunderte weitere Male. Auch das eine unterschätzte Fähigkeit von Spitzenpolitikern, die Wegner perfekt beherrscht: Die Resilienz, wieder und wieder das Gleiche zu sagen, ohne sich dabei selbst auf die Nerven zu gehen.