Ein Splitter Ton, eine antike Münze, ein geheimnisvoller Knochen – und plötzlich ist da diese Frage: Wer hat das hier zurückgelassen? Im Petri Berlin wird genau diese Neugier zur Methode. Mit Mitmachstationen, digitalen Anwendungen und viel Raum für Fragen will das Haus auch junge Menschen für längst Vergangenes begeistern.

Sich mit Archäologie zu befassen – ist das in Zeiten von SpaceX und KI nicht eher abwegig? „Nein, ganz im Gegenteil“, findet Martina Schilling, die am Petri Berlin den Bereich Bildung und Vermittlung verantwortet. Kinder hätten einen sehr intuitiven Zugang zu Archäologie, lieben es, auf Schatzsuche zu gehen und Verstecktes auszugraben. „Das üben sie quasi schon im Sandkasten“, sagt Schilling.

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Das Interesse für Vergangenes entstehe schon im Vorschulalter: Bücher und TV-Serien, Filme und Spielzeug wecken früh die Lust an früheren Epochen. Dinosaurier. Römer. Und später, wenn Fantasy-Bücher und Videospiele spannend werden, auch: Mittelalter.

Im Petri wollen wir zeigen, dass Archäologie nicht nur in antiken Stätten und fernen Ländern passiert, sondern vor der eigenen Haustür und im Herzen einer modernen Großstadt.

Martina Schilling, Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Berliner Petri für den Bereich Bildung und Vermittlung

Und zum Thema Mittelalter hat das Petri Berlin viel zu bieten. Das Museum steht auf historischem Grund: Bei Grabungen auf dem Petriplatz kamen Mauerreste einer Lateinschule aus dem 14. Jahrhundert zum Vorschein; sie sind heute im Untergeschoss sichtbar. „Mittelalter ‘in echt’ zu sehen und zu betreten, ist gerade für Kinder aus Berlin etwas sehr Besonderes“, so die Kunsthistorikerin Schilling. Wer sich die uralten Mauern anschaut, versteht: Für Grabungsstätten muss man nicht erst nach Pompeji oder Troja fahren – die gibt es direkt in Berlin-Mitte!

Martina Schilling ist Kunsthistorikerin und hat sich in ihrer Promotion mit mittelalterlicher Architektur befasst. Am Petri Berlin ist sie Wissenschaftliche Mitarbeiterin für den Bereich Bildung und Vermittlung.

© Juliane Eirich

„Berlin ist viel älter als es aussieht und einiges davon liegt noch verborgen im Boden“, erklärt Martina Schilling. „Im Petri wollen wir zeigen, dass Archäologie nicht nur in antiken Stätten und fernen Ländern passiert, sondern vor der eigenen Haustür und im Herzen einer modernen Großstadt.“

Wie genau funktioniert das? „Das Petri ist mehr Archäologie-Lab als Museum“, sagt Conrad Mücke, der am Petri den Bereich „Outreach“ leitet. „Bei uns steht nicht die Objektpräsentation, sondern das interaktive, informelle, haptisch erfahrbare Entdecken im Vordergrund.“

Wie in einer gläsernen Manufaktur

Diese Leitidee zieht sich durchs ganze Haus, denn: Bei einem Besuch kann man nicht nur Fundstücke besichtigen, sondern durch Glasfronten auch die Arbeit der Archäologie-Teams beobachten – also den Arbeitsalltag von Museums-Mitarbeitenden aus Forschung, Restaurierung und Inventarisierung. „Wie in einer gläsernen Manufaktur werden alle Arbeitsbereiche eines Museums sichtbar gemacht: Sammeln, Bewahren, Forschen und Vermitteln“, so Conrad Mücke.

Dass Ausstellungs- und Arbeitsflächen quasi miteinander verschmelzen, ist ein echtes Novum – und etwas, das das Petri von anderen Museen abhebt. Es geht darum, Archäologie ganzheitlich sichtbar zu machen und nicht nur spektakuläre Funde auszustellen. Aus diesem Grund wird das berühmte „Samuraischwert vom Molkenmarkt“, ein Ausnahmeobjekt der jüngeren Berlin-Archäologie, nicht auf einem Sockel in einer Einzelvitrine gezeigt, sondern didaktisch in den Röntgentisch im Kapitel Restaurierung integriert.

Archäologe Conrad Mücke begleitet seit 15 Jahren Ausstellungen, zuletzt im Museum für Kommunikation. Am Petri Berlin ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter für den Bereich Outreach.

© Juliane Eirich

Wenn Schulklassen ins Petri kommen, beginnen sie ihren Rundgang im Untergeschoss bei den Mauerresten der mittelalterlichen Lateinschule. Während eines Projekttags steigen sie Etage um Etage nach oben – Schicht für Schicht wie bei einer archäologischen Grabung. Ein mehrstöckiges Schauregal präsentiert Funde aus allen Epochen. An interaktiven Stationen lässt sich mehr über die Arbeitsweise von Archäologen erfahren. Virtuell können Kinder hier beispielsweise ein Fundstück fachgemäß reinigen. Klappt das? Oder geht der Fund kaputt?

Als Schulklasse ins Petri

Schnell sein lohnt sich: Bis zu den Sommerferien bietet das Petri kostenlose Projekttage für Schulklassen an – für Grundschule und Sekundarstufe 1. Weitere Informationen und Buchungsmöglichkeit unter petri.berlin.

Oben lädt eine Loggia mit Panoramablick zur Mittagspause ein. Zum Abschluss gestalten die Gruppen im Workshop-Raum eigene Zeitschicht-Modelle und nehmen sie als persönliches Andenken mit nach Hause.

„Das Petri soll ein attraktiver, außerschulischer Lernort werden, wo entdeckendes und kreatives Lernen im Mittelpunkt stehen“, sagt Martina Schilling. Willkommen sind Klassen aller Jahrgangsstufen – von der Grundschule bis zur Oberstufe – ebenso wie Inklusionsklassen und Gruppen mit pädagogischem Sonderbedarf.

Wie in einer gläsernen Manufaktur werden alle Arbeitsbereiche eines Museums sichtbar gemacht: Sammeln, Bewahren, Forschen und Vermitteln.

Conrad Mücke, Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Berliner Petri für den Bereich Outreach

Auch Familien finden ein passendes Programm: dialogische Führungen, kreative Drop-in-Angebote und ein „Fundspielheft“, das den Weg eines Fundes durch alle Etagen begleitet.

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„Uns ist wichtig, nicht elitär zu sein, sondern Teilhabe zu ermöglichen“, sagt Schilling. Conrad Mücke ergänzt: „Wir verfolgen einen bewusst zugewandten und niedrigschwelligen Ansatz.“ Dazu gehört das „Petri-Mobil“ – ein Lastenrad, das Originalfunde, Mitmach-Stationen und Geschichten der Berliner Archäologie auf Stadtteilfeste oder in Seniorenheime bringt. Mücke: „Wir wollen Archäologie erlebbar machen – auch für die, die nicht vor Ort teilhaben können.“