Diesmal steht der Mörder schon auf den ersten Seiten fest und lässt sich durch nichts von seiner Mission abhalten: Der Killer Trig mit einem Vaterkomplex und Schuldgefühlen entwickelt sich zum Serientäter. Er will den Tod eines fälschlich Verurteilten durch so viele willkürliche Morde an Unschuldigen rächen, wie es Geschworene in dem Gerichtsverfahren gab. Doch er ist nicht der einzige Bösewicht. Der militante Abtreibungsgegner einer christlichen Sekte sieht seine Aufgabe in der Ermordung einer radikalen Feministin, die als Medienstar mit ihren Anhängerinnen quer durchs Land Fußballstadien füllt. Diese Kate McKay ist eine eiskalte, weiße Karrieristin, die Menschen danach beurteilt, wie nützlich sie ihr sind und ihre Assistentin Corrie ausnutzt. Die Studentin Corrie ist auch das erste Opfer des radikalisierten Mobs: „Da hast du, was du verdienst, sagt die rothaarige Frau und schleudert den Inhalt der Thermosflasche in Corries vor Schreck weit geöffnete Augen. Einem Weibe aber gestatte ich nicht, dass sie lehre, auch nicht, dass sie des Mannes Herr sei, sondern stille sei. Timotheus eins, du Miststück!“

Zweites Frauen-Duo

Als zweites Frauen-Duo treiben die schwarze Soul-Sängerin „Sista Bessie“ und ihr Schützling Barbara, eine junge Lyrikerin, die an Amanda Gorman denken lässt, die Handlung voran. Und schließlich sind da noch die Polizistin Izzy, die im Serienmord ermittelt, und ihre Freundin, die Privatdetektivin Holly Gibney. Die sympathische Ermittlerin mit Minderwertigkeitskomplexen kennt die Leserin schon aus sechs vorhergehenden Büchern von Stephen King (zuletzt „Holly“), hier kommt sie als Personenschützerin der Feministin Kate ins Spiel.

Stephen King. Kein Zurück. Aus dem Amerikanischen von Bernhard Kleinschmidt. Heyne Verlag. 640 Seiten, 28,70 Euro




Stephen King. Kein Zurück. Aus dem Amerikanischen von Bernhard Kleinschmidt. Heyne Verlag. 640 Seiten, 28,70 Euro


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Wie der Bestsellerautor die unterschiedlichen Handlungsstränge zusammenführt, ist große Handwerkskunst und macht den mehr als 600 Seiten starken Wälzer zum Pageturner. Auch wenn sich beim Lesen leichtes Unbehagen einstellt: Warum muss die schwarze Sängerin mit „ihrem prall in den Bluejeans steckenden Hintern“ die mütterlich Warmherzige sein und die Erfolgsfrau weiß, kalt und berechnend? King erzählt hier nahe an Klischees entlang und bedient, wohl unbewusst, doch wieder chauvinistische Stereotype. Das sehr persönliche Nachwort des Horror- und Thriller-Meisters versöhnt aber ein wenig. Darin zählt er Namen von einigen Menschen auf, die getötet wurden, weil sie Frauen unterstützten, die abtreiben ließen: „Diese Menschen wurden wegen ihrer Überzeugung ermordet.“