„Andrea, canta!“ – „Andrea, sing!“ riefen die Kinder am Malecón, der berühmten Uferpromenade in Havanna, wenn sie morgens zur Probe eilte. „So entstand mein Künstlername“, sagt sie. Was für die kubanischen Kinder ein spontaner Zuruf war, wurde für Andrea zur Inspiration und ist bis heute der Name, unter dem alle sie kennen. Auch die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihres neuen Projekts singen mit Andrea Canta: „Ich habe einen Chor in Urdenbach ins Leben gerufen“, sagt sie.

Das sei ein Herzenswunsch. Sie habe Lust darauf, Menschen zum Singen zu ermutigen. „Sing & Swing“ heißt es nun immer montagabends in der KulturWerkstatt an der Bücherstraße.

Julia Schackow und Loisa Taglianatela sind dabei: „Die Musikauswahl ist sehr cool“, sagen sie. „Andrea hat mir meine Stimme gegeben“, beschreibt Loisa ihr Erfahrungen. Früher sei sie gesanglich deutlich schüchterner gewesen. Sie hat bereits an einigen Gesangs-Workshops mitgemacht. „Hier gibt es gute Tipps, damit man sich was traut“, sagt Julia Schackow. „Das Spektrum ist breit und es tut der Seele gut, zu singen. Nach der Arbeit hierherzukommen und zu singen, ist beschwingend“, findet auch Carsten Schäfer.

Gemeinsam singen und Spaß haben, stehen auf dem Programm – wie aber auch Stimmbildung. Andrea Canta trainiert das mehrstimmige Singen und die Atem- und Vokal-Technik beim Einsingen. Die Teilnahme am Chor kostet monatlich 60 Euro.

„Wir trainieren unsere Stimmen, Musikalität und Rhythmusgefühl mit Liedern aus allen Jahrzehnten: 60er, 70er, 80er, 90er, bis hin zu aktuellem Repertoire“, sagt sie. Die Musikrichtungen umfassen Pop, Soul, Funk, Blues, Brazilian, Cuban, Jazz, gelegentlich auch Reggae und Gospel. „Wenn die Woche so startet, hat man gute Laune“, sagen die Sängerinnen. Bald ist schon ein erster gemeinsamer Auftritt geplant. Am 1. Juni wollen sie ein kleines Konzert in der Urdenbacher KulturWerkstatt geben. Gesungen wird hauptsächlich auf Englisch, aber auch auf Deutsch und manchmal auf Spanisch oder Portugiesisch, ganz ohne Noten.

Geboren und aufgewachsen ist Andrea Canta in Düsseldorf. „Tatsächlich in Urdenbach, wo ich jetzt auch wieder lebe, schön im Grünen“, sagt sie. Als sie aus Brasilien zurückkam, habe sie etwas die wilde Natur vermisst. Schon als Kind entdeckte sie die Liebe zum Gesang. „Ich habe gesungen, bevor ich sprechen konnte“, sagt sie.

Von Düsseldorf aus startete sie auf eine Reise durch die großen Städte Europas bis nach Kuba und Brasilien. „Ich habe früher auch gemodelt, war in Hamburg, Zürich, Mailand, Paris, London oder São Paulo und habe damit in jeder Stadt meine Gesangsausbildung finanziert“, verrät sie. Immer arbeitete sie mit lokalen Musikern zusammen und ließ sich inspirieren.

Seit mehr als 30 Jahren steht sie als Sängerin, Bandleaderin, Komponistin und Texterin auf der Bühne. „London hat mich zur professionellen Sängerin gemacht“, sagt sie. „Ich lernte da den Bassisten der Band Eurythmics kennen“, erinnert sie sich: „In London war überall Musik und Inspiration.“ Sie arbeitete unter anderem mit Lee Scratch Perry (Jamaika), Marla Glen (USA), José Luís Cortes (Kuba) und Roger Cicero (Deutschland) zusammen.

Einen Meilenstein ihrer Karriere setzte sie 1996 mit dem globalen Hit „Beachball“, den sie gemeinsam mit dem DJ-Duo Nalin & Kane aufnahm. Der Song wird bis heute in Clubs gespielt. Von 2004 bis 2011 leitete sie regelmäßig Gesangskurse im Tanzhaus NRW. Und von 2005 bis 2011 arbeitete sie für das Kulturamt Düsseldorf als Dozentin und Mentorin für den Musikbereich beim Jugendkunstprojekt „Düsseldorf ist ARTig”.

Besonders stark beeinflusst hat sie ihre Zeit in Kuba und Brasilien. Fasziniert von der Kultur, der Sprache, der Musikalität und Herzlichkeit der Menschen, entstanden interkulturelle Projekte. In Havanna nahm sie Songs mit Musikern des bekannten Orchesters „NG La Banda“ auf. In Brasilien entstand ihr drittes Album „Jandaia“, benannt nach einem schillernd-bunten Vogel aus dem Nordosten Brasiliens, am Rande des Amazonas, das bis 2014 ihre Heimat war. „Ich reise auch immer wieder dorthin und spiele auf Festivals“, sagt Andrea Canta. Ihre Wochen starten in Deutschland immer montags mit der neuen Gruppe „Sing & Swing“. Dort gibt sie weiter, was sie selbst lernte. Singen mit Spaß und der Stimme als Ausdruck von Lebensfreude: „Ich sage immer, Gesang ist das natürlichste Antidepressivum.“