Sogar Schweden mit kleinen Schwedenfähnchen sind in die ausverkaufte Musikarena des Tollwood-Sommerfestivals gepilgert, um das erste Deutschlandkonzert der schwedischen Popband Roxette nach dem Tod ihrer Sängerin Marie Fredriksson mitzuerleben.
Nun war diese mit ihrer platinblonden Kurzhaarfrisur nicht nur das Gesicht der Band, sondern zugleich auch eine ganze Hälfte des mit dem Gitarristen Per Gessle gestarteten Duos. Kann Gessle die Band darum überhaupt ohne die 2019 an den Folgen eines Hirntumors verstorbene Sängerin weiterführen?
Zwar hatte er bei gemeinsamen Aufnahmen in der schwedischen Sängerin Lena Philipsson jemanden gefunden, die mühelos auch Roxette-Klassiker wie „Queen of Rain“ oder „It must have been love“ singen kann – laut Gessle könnten das nämlich nur wenige! Aber würden die Fans es akzeptieren, wenn eine neue Sängerin auf der Bühne die einstige Frontfrau ersetzt?
Lange galt der Auftritt auf dem Tollwood-Festival darum auch als einziges Deutschlandkonzert der schließlich doch mit Lena Philipsson neu formierten Roxette, die zunächst einmal durch Südafrika und Australien tourten. Nachdem das Tollwood-Konzert aber schon bald ausverkauft war, und weil zudem auch die anderen Konzerte der neuen Formation gefeiert wurden, gibt es nun auch weitere Konzerte in Deutschland, etwa am 26. November in Nürnberg.
Schwedische Fahnen und Partystimmung: das Publikum bei „Roxette“. (Foto: Florian Peljak)
Wie großartig diese dann ausfallen können, durften die Fans bereits auf dem Tollwood erleben. „Die große Liebe übernimmt das Steuer“, hieß es im ersten Song „The Big L“. Damit war zugleich das Motto des Abends benannt, an welchem die Liebe der euphorisch feiernden Fans zur Musik von Roxette das Steuer übernahm und die einstigen Popstars mit neuem Sternchen wieder in den Pophimmel geleitete.
Schon mit dem zweiten Song, „Sleeping in my car“, hatte die neue Sängerin ihre Position als neue Frontfrau endgültig gefestigt. Bewusst verzichtete sie dabei sowohl optisch als auch klanglich darauf, der Vorgängerin zu ähneln. Zugleich machte sie aus den alten Roxette-Hits aber auch nicht so etwas wie ihr eigenes Ding. Vielmehr begegnete sie den Hits mit angemessener Ehrfurcht, ohne allerdings vor Ehrfurcht zu erstarren.
Lena Philipsson versucht weder klanglich noch optisch, ihre Vorgängerin zu imitieren. (Foto: Florian Peljak)
Philipsson blieb beweglich, tanzte selbstbewusst über die Bühne, brillierte mit ihrem Gesang und wirkte doch immer ein wenig glücklich überrascht darüber, wie dankbar das Publikum sie als neue Roxette-Sängerin akzeptierte. Da hätte man ruhig auch jenes neue Lied bieten können, das sie vorab zusammen mit Gessle auf Schwedisch aufgenommen hatte. Oder man hätte ihr wenigstens einen der Hits zugestehen können, mit denen sie in Schweden unter anderem auch als Lena PH gefeiert wird. Stattdessen blieb man auf der sicheren Seite.
Der Gitarrist Christoffer Lundquist heizte die Stimmung wohl noch mit einem AC/DC-Riff an, oder er intonierte mal das Hofbräuhaus-Lied als Rocksong. Davon abgesehen wurden aber ausnahmslos nur Roxette-Hits wie „The Look“ oder „Joyride“ geboten, die dafür allerdings riesig gefeiert wurden. Das beglückte auch Per Gessle, der darum vielleicht nicht nur das Wetter meinte, als er sagte: „Hier ist es sogar heißer als in Schweden.“