Den Haag. Noch vor Ankunft beim Nato-Gipfel heizt US-Präsident Donald Trump den Verbündeten kräftig ein. „Es gibt ein Problem mit Spanien“, sagte Trump an Bord der Air Force One zu Journalisten. Dass Spanien nicht bereit sei, 5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung auszugeben, sei „sehr unfair gegenüber dem Rest“. Auf seiner Plattform Truth Social veröffentlichte er außerdem eine Auflistung von Verteidigungsausgaben der Nato-Staaten, auf der Spanien ganz am Ende rangiert.
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Der spanische Regierungschef Pedro Sánchez hatte erklärt, Spanien könne sich nicht auf eine feste Zielmarke bei den Verteidigungsausgaben festlegen. 5 Prozent seien zudem nicht mit dem spanischen Sozialsystem und dem Weltbild der Spanier vereinbar. Ein solches Ziel sei überflüssig.
Nato-Generalsekretär Mark Rutte beim Nato-Gipfel in Den Haag.
Quelle: Arnaud Andrieu/SIPA
Der schwedische Ministerpräsident Ulf Kristersson widersprach Sánchez am Dienstag entschieden. „5 Prozent sind notwendig“, sagte er dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) und weiteren Medien am Rande des Gipfels. Das Geld sei offensichtlich erforderlich, wenn die NATO-Verbündeten es ernst meinten mit den Konsequenzen, die sie aus den aktuellen Bedrohungen zögen. Aus deutscher Sicht gilt Spaniens Haltung zum 5-Prozent-Ziel als misslich, jedoch nicht als hinderlich. Die bereits abgestimmte Abschlusserklärung, in der auch ein Bekenntnis zur Nato-Beistandspflicht nach Artikel 5 verankert ist, werde von Trump am Mittwoch nicht mehr kurzfristig umgeworfen, ist man im Bündnis überzeugt.
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Auf dem Weg zum Nato-Gipfel irritierte Trump Bord seiner Air Force One allerdings mit seiner persönlichen Auslegung von Artikel 5. Der Absatz besagt, dass ein Angriff gegen ein Nato-Mitglied einem Angriff gegen alle Nato-Mitglieder gleichkommt. Trump behauptete nun: „Es gibt zahlreiche Definitionen von Artikel 5, das wissen Sie doch, oder? Aber ich bin entschlossen, ihr Freund zu sein.“ Er habe sich „mit vielen dieser Staats- und Regierungschefs angefreundet“ und sei entschlossen, ihnen zu helfen.
„Putin nimmt den Artikel 5 sehr, sehr ernst“
Ein hochrangiger Nato-Beamter warnte vor der Abschwächung der Beistandspflicht. Putin suche nicht nach unterschiedlichen Nuancen in Definitionen, warnte er. „Er will keinen Krieg mit der Nato, das würde für ihn nicht gut ausgehen“, so der Top-Beamte. „Wladimir Putin nimmt den Artikel 5 sehr, sehr ernst – solange sich die Verbündeten engagieren und füreinander einsetzen.“ Dazu gehöre auch die Erhöhung der Verteidigungsausgaben in diesem historischen Ausmaß. „Solange Wladimir Putin weiß, dass wir uns zu Artikel 5 verpflichten, sind die baltischen Staaten vor einem russischen Angriff geschützt.“
Nato-Generalsekretär Mark Rutte hatte zuvor betont, man sei entschlossen, jeden Zentimeter des Bündnisgebiets zu verteidigen, sollte ein Gegner den Fehler begehen und einen Verbündeten angreifen. Seit Beginn seiner Amtszeit hat Rutte es zu einer seiner Prioritäten gemacht, die USA unter Trump in der Allianz zu halten. Der Nato-Generalsekretär komme ausgesprochen gut mit dem US-Präsidenten zurecht, so die deutsche Sicht.
Wie gut zeigte sich erneut am Dienstag, als Trump auf dem Weg zum Gipfel mehrere Textnachrichten von Rutte veröffentlichte, in denen dieser den US-Präsidenten überschwänglich lobte. „Du wirst etwas erreichen, das seit Jahrzehnten keinem US-Präsidenten gelungen ist. Europa wird in einem so großen Umfang zahlen, wie es sollte, und das wird dein Erfolg sein“, schrieb Rutte demnach an Trump. Was Trump mit der Veröffentlichung dieser Nachrichten beabsichtigte, ließ er offen. Abgestimmt war die Veröffentlichung der persönlichen SMS von Rutte an Trump nach RND-Informationen nicht.
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Rutte sieht jedenfalls kein Problem: Auf dem Weg zum Dinner mit den Staats- und Regierungschefs meinte er nur, der Ton in den Nachrichten an Trump sei doch angemessen gewesen.