Halle. Zahlreiche Polizeikräfte, Mantrailer, Flächensuchhunde, Drohnen, ein Quad, Hubschrauber, eine Hundertschaft, Kriminalisten und nicht zuletzt rund 160 freiwillige Helfer – alle miteinander waren sie mehr als eine Woche intensiv im Einsatz. Und dennoch wurde die vermisste Haller Seniorin, die am 1. Juni aus dem Altenzentrum Eggeblick verschwunden war, erst einmal nicht gefunden. Stattdessen entdeckten am Freitagabend (20. Juni) Spaziergänger eine Leiche in einem Waldstück des Mödsieks, nahe dem Altenzentrum. Es war die Leiche der alten Dame, wie die Obduktion am Freitag (27. Juni) erste Ermittlungen bestätigte.

Im Gegensatz zu anderen Fällen fällt die Kritik daran, dass es nicht die professionellen Einsatzkräfte waren, die die 88-Jährige gefunden haben, verhältnismäßig leise aus. Vielleicht liegt es daran, dass sich auch so viele Bürger an der Suche beteiligt hatten, dass auch sie im Mödsiek waren – aber die Frau ebenfalls nicht finden konnten. Und dennoch stellt sich ja die Frage nach dem Warum. Ein Blick auf die unterschiedlichen Ermittlungsansätze macht deutlich, von wie vielen Faktoren der Erfolg abhängt. Vor allem dann, wenn es überhaupt keine Anhaltspunkte zu der vermissten Person gibt.

Polizeisprecherin Katharina Felsch stellt allen Überlegungen dazu eines voran: „Alle, die an der Suche beteiligt waren, hatten den unbedingten Willen, die 88-jährige Frau zu finden.“ Während die Polizei obendrein auch noch in alle Richtungen ermittelt habe. Ganz so, wie es bei solchen Suchen Standard sei. „Das heißt, dass wir auch in diesem Fall nicht pauschal davon ausgegangen sind, dass die demente Frau schlichtweg die Orientierung verloren hat, sondern dass sie womöglich auch Opfer eines Kapitalverbrechens wurde“, erklärt Katharina Felsch. Am Ende konnten all diese infrage kommenden Ansätze ausgeschlossen werden.

Hubschrauber, Spürhunde und Hundertschaften suchen Seniorin aus Halle

Auch eine Hundertschaft der Polizei kam zur weiteren Suche nach der Vermissten nach Halle – hier der Einsatz am Mödsiek. - © Tobias Barrelmeyer

Auch eine Hundertschaft der Polizei kam zur weiteren Suche nach der Vermissten nach Halle – hier der Einsatz am Mödsiek.
(© Tobias Barrelmeyer)

Hubschrauber

Grundsätzlich sind Hubschrauber – ausgestattet mit Wärmebildkameras – wichtige Hilfsmittel bei der Personensuche. Sie nutzen die Infrarotstrahlung, um Temperaturunterschiede zu erkennen und somit auch bei Dunkelheit oder schlechten Sichtverhältnissen Personen oder Objekte zu orten. Das Problem bei der Suche nach der dementen Hallerin: Am Sonntag wurde die Frau durch den Hubschrauber rund um das Altenzentrum Eggeblick tagsüber gesucht – da kann eine Wärmebildkamera wenig ausrichten. Und über dichtem Waldgebiet stößt ein Hubschrauber an Grenzen. Spätabends wiederum wurde der Hubschrauber zum Ravenna-Park gerufen, in den folgenden Tagen hatten die Spürhunde im Bereich der Bahnstrecke des Haller Willem angeschlagen, sodass der Hubschrauber diese Strecke auf Sicht abflog. Fazit: Der Hubschrauber hatte hier keine echte Chance.

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Mantrailer und Flächenspürhunde

Mantrailing ist eine Suchmethode, bei der Hunde darauf trainiert werden, die individuelle Duftspur eines Menschen zu verfolgen. Diese Hunde nutzen ihren hervorragenden Geruchssinn, um den spezifischen Individualgeruch einer Person aus verschiedenen Gerüchen herauszufiltern und ihr zu folgen. Flächensuchhunde wiederum sind speziell ausgebildete Rettungshunde, die darauf trainiert sind, vermisste Personen in großen, unübersichtlichen Gebieten wie Wäldern oder Feldern aufzuspüren. Sie arbeiten selbstständig und unabhängig von Tageszeit, Wetter oder Gelände.

Fazit: Die Einsatzleitung hat hier zu recht auf diese Unterstützung gesetzt, zumal die Erfolgsquote beim Mantrailing zuletzt bei 26 bis 34 Prozent lag. Doch auch hier gibt es eben keine Garantie: Gerüche sind flüchtig, die Hautschüppchen, die wir verlieren, trocknen schnell aus, Pilze und Bakterien, die unseren individuellen Geruch herstellen, werden inaktiv – und dann fehlt es den Hunden an der Grundlage für eine Fährte. Die vermisste Hallerin konnten sie leider auch nicht finden.

Auch ein Großeinsatz gibt keine Garantie für einen Erfolg

Fünf Polizeibeamte und -beamtinnen folgten einem Zeugenhinweis und suchten nach der verschwundenen Seniorin in der Haller Innenstadt. - © Uwe Pollmeier

Fünf Polizeibeamte und -beamtinnen folgten einem Zeugenhinweis und suchten nach der verschwundenen Seniorin in der Haller Innenstadt.
(© Uwe Pollmeier)

Suchtrupps

Grundsätzlich gab es bei der Vermisstensuche der dementen Seniorin, die erst gut eine Woche zuvor in das Altenzentrum gezogen war, das Problem, dass niemand auch nur den Hauch einer Ahnung hatte, wohin sie gegangen sein konnte. „Das sind dann schon sehr besondere Herausforderungen, wenn man im Wortsinne in alle Richtungen schauen muss“, bekräftigt Katharina Felsch. In der Folge wurden die Umgebung des Altenzentrums und die Einrichtung selbst durchsucht, ihre ehemalige Wohnadresse, die Innenstadt, der Friedhof in Werther, wo ihr Mann begraben liegt. Und die Polizei ging konsequent allen Zeugenhinweisen nach.

Hintergrund: Polizei-Trupp und viele Freiwillige suchen in Halle nach vermisster Frau

Das Gebiet im Mödsiek sei nach Logik einer Rastersuche ausgewählt worden, informierte die Polizei drei Tage nach dem Verschwinden. Die Beamten aus der Hundertschaft hätten sich an einer Gabelung in zwei größere Trupps aufgeteilt: Ein Trupp sei entlang eines Ackers weitergegangen, der andere sei dem Hauptweg in den Wald hinein gefolgt. Später hätten sich die beiden Gruppen weiter aufgeteilt, um im teils unwegsamen Gelände eine Spur der 88-jährigen Vermissten auszumachen. Doch diese Aktion blieb erfolglos. Hier besteht zumindest die theoretische Möglichkeit, dass die Seniorin am Sonntag noch umherirrte und sich ihre Laufwege mit denen der Suchenden nicht überschnitten.

Fazit: Man darf sicher davon ausgehen, dass sowohl die professionellen Einsatzkräfte als auch die privaten ihr Bestes gegeben haben. Vielleicht war es das unwegsame Gelände, vielleicht waren es ausgerechnet die entscheidenden Quadratmeter, die ausgelassen wurden, vielleicht war es ein unglücklicher Zufall, dass sie nicht schon eher gefunden wurde – diese Frage lässt sich wohl auch bei der üblichen Nachbesprechung eines solchen Einsatzes nicht mehr klären.

Die Polizei geht davon aus, dass die demente Frau vom Weg abgekommen und dort verstorben ist. Vorbehaltlich weiterer Ergebnisse liegt laut Obduktionsbericht außerdem kein Hinweis auf Fremdverschulden vor.Aktuelle News bekommen Sie täglich über den WhatsApp-Kanal des HK