Wie massiv sind die Schäden an den iranischen Atomanlagen Fordo, Natans und Isfahan nach dem US-Angriff? Und wie stark wurde das Atomprogramm des Irans durch den US-Angriff wirklich geschwächt?

US-Verteidigungsminister Pete Hegseth (45) hatte bei einem Auftritt im Pentagon die Aussagen von US-Präsident Donald Trump (79) bekräftigt, die Angriffe mit bunkerbrechenden Bomben hätten die Atomanlagen des Iran „ausgelöscht“ und vollständig „zerstört“. US-Medien hatten unterdessen unter Berufung auf einen vorläufigen Geheimdienstbericht vermeldet, dass die Angriffe das iranische Atomprogramm lediglich um einige Monate zurückgeworfen hätten.

Dieser Aussage schließt sich jetzt auch der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Rafael Grossi (64), an. Er sagte in einem Interview mit „CBS News“ über eine mögliche Wiederaufnahme des iranischen Atomprogramms: „Die Kapazitäten sind vorhanden. Sie (der Iran, Anm.d.Red.) könnten innerhalb weniger Monate einige Zentrifugen in Betrieb nehmen und angereichertes Uran produzieren. Man kann nicht behaupten, alles sei verschwunden und nichts mehr da.“ Laut Grossi habe es zwar Schäden an den Anlagen gegeben, aber „zunächst einmal keinen Totalschaden“.

Der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Rafael Grossi (64) am 25. Juni in Paris

Der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Rafael Grossi (64), am 25. Juni in Paris

Foto: JULIEN DE ROSA/AFP

Wo sind 408 Kilo Uran?

Abgesehen davon ist unbekannt, was nach den Bombardements aus den schätzungsweise gut 408 Kilogramm Uran geworden ist, die der Iran bereits auf einen hohen Grad von 60 Prozent angereichert hatte. „Wir wissen nicht, wo dieses Material sein könnte“, so der IAEA-Chef. Weiter angereichert auf 90 Prozent würde dieses Uran für mindestens neun Atombomben reichen.

Grossi (verheiratet, acht Kinder) ist Politologe und Diplomat, war bereits in Tschernobyl und Saporischja. Er nimmt bei seiner Arbeit kein Blatt vor den Mund, verhandelt unverdrossen mit Schurkenregimen wie Russland oder dem Iran.

„Nukleartechnologisch ein hoch entwickeltes Land“

Er warnte in der Vergangenheit immer wieder davor, den Konflikt mit dem Iran eskalieren zu lassen – sagte außerdem, das Atom-Wissen, das der Iran besitze, könne nicht zerstört werden: „Die industriellen Kapazitäten sind vorhanden. Der Iran ist nuklear technologisch ein hoch entwickeltes Land. Man kann das Wissen und die Kapazitäten nicht zunichtemachen“, so Grossi.

Aussagen, die bei US-Präsident Trump für Unmut sorgen dürften. Noch auf dem Nato-Gipfel in Den Haag sagte Trump, das iranische Programm sei um „Jahrzehnte“ zurückgeworfen worden. Über die Geheimdienstinformationen, die das Ausmaß der Zerstörung anzweifelten, sagte Trump: „Die Geheimdienstinformationen waren sehr unschlüssig.“

Trump und Chamenei drohen mit neuen Angriffen

Der US-Präsident hat dem Iran mit neuen Luftangriffen gedroht, sollte das Land weiter Uran anreichern. Irans geistliches Oberhaupt Ayatollah Ali Chamenei hat dagegen mit weiteren Angriffen auf US-Stützpunkte gedroht, sollten die USA erneut angreifen.

Grossi wirbt für eine friedliche Lösung am Verhandlungstisch. Und appelliert an den Iran, die Inspektoren der Atombehörde die Schäden an der Anlage begutachten zu lassen.

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