Moskau/Baku – Zwei Autokraten, ein blutiger Streit: neue Eskalation zwischen Russlands Machthaber Wladimir Putin und Aserbaidschans Diktator Ilham Alijew. Anlass ist der brutale Tod zweier Aserbaidschaner in russischem Polizeigewahrsam.
Angeblich sind die Brüder Huseyn und Ziyaddin Safarov gleichzeitig während eines „tragischen Verhörs“ bei der russischen Polizei gestorben, beide an einem Herzinfarkt. Doch Baku erhebt schwere Folter-Vorwürfe: Eine Autopsie ergab gebrochene Rippen, innere Blutungen, Verletzungen im Genitalbereich. Der Vorwurf: Die Männer wurden zu Tode geprügelt, mutmaßlich mit stumpfer Gewalt. Moskau schweigt zu den Vorwürfen.
Rache an Russen durch Repressalien
Aserbaidschans Präsident Alijew (seit 2003 an der Macht als Nachfolger seines Vaters) reagierte prompt, sagte alle russischen Kulturveranstaltungen in dem Land am Kaspischen Meer ab. Und: Er ließ die Redaktion der prorussischen Website Sputnik-Azerbaijan von der Polizei stürmen, mehrere Journalisten festnehmen. Auch der Sputnik-Chefredakteur sitzt seither in Haft. Der Vorwurf: Geldwäsche, Betrug, illegale Geschäfte.
Nach dem Tod der aserbaidschanischen Brüder Huseyn und Ziyaddin Safarov in russischem Polizeigewahrsam kam es bei der Beisetzung in Baku zu Protesten
Foto: Reuters TV/via REUTERS
Wenig später wurden acht weitere Russen in Aserbaidschan verhaftet. Dieses Mal wegen Drogenschmuggels und Cybercrime. Bei ihrer Vorführung vor Gericht: blutige Nasen, blaue Augen, sichtbare Verletzungen. Putin bestellte daraufhin den aserbaidschanischen Botschafter ein, spricht von einer „emotionalen Überreaktion“ und warnt vor einer „Zerstörung der Beziehungen“.
Brüchiges Bündnis zwischen Russland und Aserbaidschan
Dabei sind beide Länder offiziell noch Verbündete. Wirtschaftlich und militärisch verflochten – doch die Realität sieht inzwischen anders aus.
Seit Alijew 2023 das ursprünglich vom Russland-Verbündeten Armenien beanspruchte Bergkarabach besetzen ließ und Russlands „Friedenstruppen“ einfach dabei zusahen, schwelt der Groll. Putins Einfluss im Südkaukasus schwindet – und Alijew nutzt das eiskalt aus, um seine Macht auszubauen. Dabei orientiert er sich mehr und mehr in Richtung seines „Großen Bruders“ Türkei. Auch in die EU liefert er mehr Öl und Gas, seit Russland 2022 in die Ukraine einfiel.
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Massiv verschärft hat sich das Zerwürfnis durch den mysteriösen Flugzeugabsturz der Azerbaijan-Airlines-Maschine Ende 2024 über der russischen Kaukasusrepublik Tschetschenien. 38 Menschen kamen ums Leben, darunter viele Aserbaidschaner. Russland sprach von einem Vogelschlag, Baku von einem Abschuss durch eine russische Rakete – möglicherweise im Chaos eines ukrainischen Drohnenangriffs. Eine Entschuldigung? Fehlanzeige.
Die Folge: Alijew boykottierte Putins Siegesparade am 9. Mai. Seitdem herrschte Eiszeit zwischen der ehemaligen Sowjetrepublik und Moskau.