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Der 9. Juli naht, doch viele Handelsgespräche mit den USA sind noch nicht abgeschlossen. Ohne Einigung droht Trump mit Zöllen von bis zu 50 Prozent – die Zeit wird eng.
Washington – Fast 90 Tage ist es her, dass US-Präsident Donald Trump mit der Ankündigung gegenseitiger Zölle die Weltmärkte erschütterte. Mit Abgaben von bis zu 50 Prozent wollte er alle Länder entsprechend ihres Handelsdefizits gegenüber den USA belegen. Doch wie so oft ließ sich Trump auf einen Aufschub ein: Die Frist wurde um 90 Tage verlängert, um Raum für Verhandlungen zu schaffen.
Nun, kurz vor dem Ablauf dieser Schonfrist am 9. Juli, ist die Spannung groß: Welche weltweiten Zölle wird Washington tatsächlich verhängen? Obwohl einige Gespräche laufen, wurden bisher nur wenige Abkommen geschlossen – auch eine Einigung mit der EU steht weiter aus. Sollte sie scheitern, drohen Zölle von bis zu 50 Prozent auf europäische Exporte. In dieser Woche, kurz vor dem Fristende, könnte sich daher noch viel entscheiden.
Nach einer 90-tägigen Pause treten Trumps reziproke Zölle am 9. Juli in Kraft. © IMAGO/Hu YousongTrumps „Tag der Befreiung“ und die Ankündigung reziproker Zölle
Den „Tag der Befreiung“, so nennt Trump den 2. April, an dem er seine reziproken Zölle auf nahezu alle Länder verkündete. Für jedes Land sollte ein allgemeiner Zoll von 10 Prozent gelten. Ein erhöhter Zollsatz war für jene Länder vorgesehen, bei denen das Handelsdefizit mit den USA besonders hoch ausfällt. Für die EU bedeutete das zunächst einen Zollsatz von 20 Prozent, für Länder wie Kambodscha waren sogar Zölle von bis zu 49 Prozent angekündigt.
Der internationale Aufschrei und die Reaktionen der Märkte veranlassten Trump jedoch zu einem Aufschub bis zum 9. Juli. Der allgemeine Zollsatz von 10 Prozent blieb dabei bestehen.
Wie der Zollstreit zwischen USA und EU weitergeht
Seit Trumps „Tag der Befreiung“ haben sich einige Dinge verändert. Trump drohte der EU in der Zwischenzeit mit einem Zollsatz von 50 Prozent auf alle EU-Waren, da laut ihm „die Gespräche zu nichts führen“. Dieser Zoll sollte ursprünglich ab dem 1. Juni gelten, wurde jedoch aufgrund der Gesprächsbereitschaft auf den 9. Juli verschoben.
Die EU überlegt, was sie den USA anbieten kann. Dabei stand mehrfach die Frage im Raum, ob der Digital Markets Act (DMA) – ein Gesetzespaket zur stärkeren Regulierung großer Tech-Unternehmen und Förderung des Wettbewerbs – im Zuge der Verhandlungen als Zugeständnis gelockert werden soll. Ursula von der Leyen und weitere Kritiker betonten jedoch, dass der DMA nicht als Verhandlungsinstrument genutzt werden sollte. Weitere Ideen umfassen das Senken von Bußgeldern für Technologieunternehmen.
Noch vor der Ankündigung von Trumps reziproken Zöllen hatte die EU ein Maßnahmenpaket verabschiedet, das amerikanische Waren im Wert von 21 Milliarden Euro treffen sollte – darunter Motorräder, Whiskey und andere Produkte, vor allem aus republikanisch geprägten US-Staaten. Dieses Paket wurde im Zuge der Verhandlungen zunächst auf Eis gelegt und soll ebenfalls am 9. Juli in Kraft treten, falls es zu keiner Einigung kommt. Ein weiteres Paket in Höhe von 95 Milliarden Euro könnte folgen, sollte es zu zusätzlichen US-Zöllen gegen die EU kommen.
Kurzum: Die EU bleibt offen für Verhandlungen, wappnet sich aber auch für den Misserfolg. Von der Leyen betonte: „Alle Optionen bleiben auf dem Tisch.“
USA schließen bisher Zoll-Abkommen mit nur zwei Ländern
Auch die Zölle gegen China sind seit Anfang April eskaliert. Sie waren von der Zollpause nicht betroffen und erreichten kurzzeitig bis zu 145 Prozent Zölle auf US-Importe aus China und 125 Prozent Gegenzölle auf chinesische Waren, bis es im Mai 2025 bei Verhandlungen in Genf zu einer Einigung kam. Im Rahmen dieses Abkommens wurden die Zölle auf 30 Prozent für US-Waren aus China und 10 Prozent für chinesische Waren für 90 Tage gesenkt.
Anschließend folgte im Juni 2025 ein Handelsabkommen, in dem die USA China im Gegenzug für niedrigere Handelsbarrieren unter anderem die Lockerung von Exportbeschränkungen für seltene Erden zusagten. Der aktuelle Zollsatz beträgt 55 Prozent auf chinesische Waren und 10 Prozent auf US-Waren aus China. Trump sagte zu den Verhandlungen: „Ich denke, ein gutes Verhältnis zu China ist eine sehr gute Sache. China wird hohe Zölle zahlen, aber wir haben ein großes Handelsdefizit, das verstehen sie.“
Neben China kam es in der Zwischenzeit nur mit einem weiteren Land zum tatsächlichen Abschluss der Verhandlungen. Das Vereinigte Königreich profitierte von seiner Beziehung zu den USA. Trump erhöhte Anfang Juni die Zölle auf Stahl- und Aluminiumeinfuhren für alle Länder auf 50 Prozent, das Vereinigte Königreich bleibt bei 25 Prozent. Beide Parteien wollen versuchen, diesen Zoll auf null zu senken. Der Deal mit Großbritannien sieht außerdem vor, dass die Zölle auf Autos sowie auf Luft- und Raumfahrt auf zehn Prozent bzw. null Prozent gesenkt werden.
Trump verschickt Zollbriefe: Diese Abgaben könnten bald kommen
Die Verhandlungen mit einigen anderen Ländern wie Kanada, Japan, der Schweiz sowie der EU laufen im Moment. Eine Einigung steht jedoch noch aus. Ein Abkommen zwischen den USA und Indien ist in den letzten Zügen und soll noch vor dem 8. Juli verkündet werden. Weitere Einigungen mit Kanada und der Schweiz könnten ebenfalls noch in diesem Monat folgen. Trump betonte, dass er die reziproken Zölle ab dem 9. Juli nicht mehr aufschieben wird. Sie werden für alle Länder in Kraft treten, bei denen es noch kein Abkommen gibt.
Trump gibt zu, dass viele Verhandlungen noch ausstehen, verkündete aber in einem Interview mit „Sunday Morning Futures“ vom Fox News Channel, dass man bei 200 Ländern nicht mit „allen reden kann“. Daher fährt er eine andere Strategie: „Wir werden uns ansehen, wie ein Land uns behandelt – manche Länder sind uns egal, wir schicken einfach eine große Zahl raus.“ Mit einer „großen Zahl“ bezieht sich Trump auf die Zollhöhe, die vielen Ländern drohen wird. Mitteilen wolle er diese auch per Post. Ein Brief mit der Zahl soll wenige Tage vor der Frist am 9. Juli verschickt werden.
Darin steht: „Herzlichen Glückwunsch, wir erlauben Ihnen, in den Vereinigten Staaten von Amerika einzukaufen. Sie werden jedoch einen Zoll von 25 Prozent, 35 Prozent, 50 Prozent oder 10 Prozent zahlen.“ Der ehemalige Finanzminister unter Trump, Steven Mnuchin, geht davon aus, dass es eine Frist geben werde für die Länder, die den USA entgegenkommen. Doch genauso wie bei Trumps Zollchaos gibt es auch hier keinen Hinweis darauf, wer das wohl in einer Woche sein kann.