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Elon Musk veröffentlicht am Unabhängigkeitstag eine Befragung. Seine Absicht: Trumps Autorität und die republikanische Einheit zu spalten.

Washington, D.C. – Zum amerikanischen Unabhängigkeitstag (4. Juli) provoziert Elon Musk mit einem politischen Paukenschlag: Der Tech-Milliardär ruft offen zur Loslösung vom Zwei-Parteien-System auf. In einem Post auf X fragte er seine Follower: „Independence Day ist der perfekte Moment, um zu fragen, ob ihr Unabhängigkeit vom Zwei-Parteien- (manche sagen Einparteien-)System wollt“ – und ließ sie über die Gründung einer neuen Partei abstimmen. Fast 440.000 Stimmen gingen binnen 18 Stunden ein, die Abstimmung wurde millionenfach aufgerufen.

Elon Musk droht mit Gründung der „America Party“

Die „America Party“, so Musks Vision, soll eine echte Alternative zu Demokraten und Republikanern bieten, wie er bereits zuvor erklärt hatte: „Unser Land braucht eine Alternative zur Einheitspartei von Demokraten und Republikanern, damit die Menschen tatsächlich eine STIMME haben.“

Nun offenbart Musk in seinem aktuellen Post, neben der Umfrage, bei der zwischenzeitlich (Stand: 4. Juli, 20 Uhr) rund 62 Prozent der teilnehmenden X-User für die Neu-Gründung der „America Party“ stimmten, seine konkrete Strategie für den Aufbau einer neuen Partei: Man müsse sich, so Musk, „laserfokussiert auf nur zwei bis drei Senatssitze und acht bis zehn Wahlkreise im Repräsentantenhaus“ konzentrieren. Aufgrund der knappen Mehrheitsverhältnisse müsse man das Zünglein an der Waage werden und sicherstellen, dass Gesetze dem wahren Willen des Volkes entsprechen.

Elon Musk: Erst US-Schattenpräsident – und jetzt Trump-Gegenspieler?Mittlerweile gilt Elon Musk als reichster Mensch der Welt. Fotostrecke ansehenTrumps Gesetz als Auslöser für Musks Bestreben, eine neue Partei zu gründen

Dass sich Musk ausgerechnet am Nationalfeiertag zur erneuten politischen Revolte aufschwingt, ist mehr als eine PR-Taktik. Der einstige Unterstützer Donald Trumps hat sich in den vergangenen Wochen in einen lautstarken Gegner des Präsidenten verwandelt – insbesondere wegen des sogenannten „One Big Beautiful Bill Act“. Dieses massive Steuer- und Ausgabengesetz verurteilte Musk auf X als „völlig wahnsinnig“ und kündigte an: „Wenn dieses wahnwitzige Ausgabenpaket verabschiedet wird, wird am nächsten Tag die America Party gegründet“

Er wetterte: „Mit den irrsinnigen Ausgaben dieses Gesetzes ist es offensichtlich, dass wir in einem Ein-Parteien-Land leben – der SCHWEINCHEN-DICK-PARTEI!!!“ Der Senat verabschiedete das Gesetz am Dienstag, das Repräsentantenhaus folgte am Donnerstag. Musk erfüllte damit sein Versprechen – zumindest rhetorisch.

Musk gegen Trump: Tech-Milliardär teilt Strategie für seine „Amerika-Partei“. (Symbolbild)Musk gegen Trump: Tech-Milliardär teilt Strategie für seine „Amerika-Partei“. (Symbolbild) © IMAGO / ZUMA Press Wire, IMAGO / MediaPunchMusk-Strategie will gezielte Machtverschiebung im Kongress erreichen

Die von Musk formulierte Wahlstrategie sieht keinen umfassenden Wahlantritt vor, sondern einen mutmaßlich selektiven, punktuell durchdachten Ansatz: Durch gezielte Unterstützung unabhängiger oder „America-Party“-naher Kandidaten in besonders umkämpften Wahlkreisen solle die potenzielle neue Bewegung die Kontrolle über entscheidende Stimmen im Kongress gewinnen – und damit Gesetze blockieren oder durchsetzen können.

Dabei gehe es nicht darum, die beiden Großparteien sofort zu ersetzen, sondern sie „zur Rechenschaft zu zwingen“, wie Musk in einem weiteren Post erklärte. „Wenn ihr mit leeren Versprechen regiert, wird die America Party eure Mehrheit brechen“, schrieb er.

Diese Strategie könnte Musks langfristiges Ziel widerspiegeln: die Bildung eines parteipolitischen „Züngleins an der Waage“ mit maximalem Einfluss bei minimaler Kandidatenanzahl. Ein Konzept, das an erfolgreiche Taktiken kleiner, ideologisch gefestigter Bewegungen erinnert – aber mit den Ressourcen eines der reichsten Männer der Welt.

Früherer Vertrauter – heute erbitterter Gegner: Musk stellt sich gegen Trump

Noch vor einem Jahr war Musk einer der prominentesten Unterstützer Trumps. Über seine America PAC, einem Wahlkampfkomitee, investierte er 288 Millionen Dollar in republikanische Kandidaten und wurde zur entscheidenden Figur im Wahlkampf 2024. Doch mittlerweile wirft er Trump auf X nicht nur politische Verantwortungslosigkeit vor, sondern auch Heuchelei: „Jedes Mitglied des Kongresses, das mit der Reduzierung der Regierungsausgaben geworben und dann sofort für die größte Schuldenerhöhung in der Geschichte gestimmt hat, sollte sich schämen!“

Er kündigte an, in den republikanischen Vorwahlen gezielt gegen solche Abgeordnete vorzugehen. Konkretes Ziel ist unter anderem der Trump-kritische Kongressabgeordnete Thomas Massie, den Musk nun explizit unterstützt, wie die Washington Post schreibt.

Elon Musks Wahlstrategie: So will er mit wenig Aufwand maximale Wirkung erzielen

Zielgruppe: Unzufriedene, parteiunabhängige Wähler mit hoher Wechselbereitschaft Fokus liegt auf mobilisierbaren Wählergruppen in umkämpften Wahlkreisen mit schwacher Parteibindung Fokusgebiete: 2–3 Senatssitze, 8–10 knappe House-Districts in Swing States Kleine Verschiebungen in diesen Wahlbezirken können Kongressmehrheiten kippen Mittel: Finanzierung oppositioneller Kandidaten, Kampagnen über X, Einsatz von Super-PACs Dokumentierte Strategie mit gezieltem Einsatz von America PAC und der Plattform X zur Meinungsbildung Taktik: „Zünglein an der Waage“-Strategie: punktuelle Eingriffe mit strategischer Wirkung Effektiv in einem polarisierten System mit engen Mehrheiten; maximiert Wirkung bei minimalem Einsatz Langfristiges Ziel: Aufbau einer parteiunabhängigen Machtbasis zur Beeinflussung oder Blockade von Gesetzen Musk will politischen Einfluss unabhängig von Republikanern und Demokraten – inklusive Drohungen an parteiinterne Gegner Risiko für Trump/Republikaner: Spaltung des konservativen Lagers, Verlust knapper Mehrheiten Gefahr wachsender innerparteilicher Konflikte und Verschiebungen in Schlüsselregionen

Quellen: CBS News, Washington Post, Newsweek.

Amerika gespalten – Musk nutzt Unzufriedenheit mit den Parteien

Eine neue Umfrage des Instituts Quantus Insights, so Newsweek, zeigt: Musks Idee fällt auf fruchtbaren Boden. 40 Prozent der befragten Wähler – darunter auch viele Republikaner – gaben an, sich vorstellen zu können, die „America Party“ zu unterstützen. Besonders Männer mit republikanischer Orientierung zeigten hohes Interesse (57 % Zustimmung). Bei unabhängigen männlichen Wählern lag die Zustimmung bei 47 %.

Die Zahlen spiegeln ein wachsendes Misstrauen gegenüber dem politischen Establishment wider: Laut der Umfrage sehen 59 Prozent der unabhängigen Wähler weder in Demokraten noch Republikanern eine glaubwürdige Vertretung ihrer Werte.

Doch trotz des offensichtlichen Potenzials sind Experten skeptisch. Politikwissenschaftler Mark Shanahan betonte gegenüber Newsweek: „Die USA sind ein starkes Zwei-Parteien-System.“ Selbst populäre Drittparteien wie die Reformpartei von Ross Perot seien letztlich gescheitert.

Trump kontert mit persönlichen Angriffen – Musk bleibt unbeeindruckt

Donald Trump reagierte bereits auf die Ankündigung Musk, eine neue Partei zu lancieren. In einem Post auf Truth Social unterstellte er Musk, der größte Empfänger staatlicher Subventionen in der US-Geschichte zu sein: „Ohne Subventionen müsste Elon wahrscheinlich seinen Laden schließen und zurück nach Südafrika gehen.“

Er attackierte auch Musks Engagement bei DOGE, dem Regierungsprojekt zur Effizienzsteigerung, das Musk selbst leitete. Dessen Ergebnisse seien ernüchternd gewesen, so Trump, der die Subventionen für SpaceX und Tesla zur Disposition stellte.

Gründung einer neuen Partei: Musk kämpft gegen das System

Musk besitzt zweifellos die Ressourcen, um eine dritte Partei zu gründen. Doch Experten warnen vor strukturellen Hürden: In jedem Bundesstaat gelten andere Bedingungen für die Anerkennung einer Partei. In Kalifornien müssten 1,1 Millionen Unterschriften gesammelt oder über 75.000 Wähler als Mitglieder gewonnen werden, erläutert CBS News. Laut dem Wahlrechtsexperten Brett Kappel sei es selbst für Musk „ein mehrjähriges Projekt, das hunderte Millionen Dollar verschlingen wird“.

Auch die Washington Post analysiert nüchtern: Trotz Musks finanzieller Potenz, seines Einflusses in sozialen Medien und der breiten Unzufriedenheit mit dem Status quo, sei der Weg zu einer funktionierenden Partei voller Stolpersteine. Vor allem sein beschädigtes öffentliches Image, etwa nach dem gescheiterten konservativen Kandidatenprojekt in Wisconsin, stelle ein Problem dar. Generell schneidet Elon Musk bei unabhängigen Beliebtheitsumfragen in den USA sehr schwach ab. Selbst ehemalige Unterstützer fordern ihn zunehmend auf, sich wieder auf seine unternehmerischen Kernfelder zu konzentrieren.

Musk liebäugelt mit neuer US-Partei: Ein kalkuliertes Risiko mit disruptivem Potenzial

Dennoch: Musk könnte zumindest kurzfristig massiven Einfluss ausüben – nicht unbedingt, um zu siegen, sondern um zu stören. „Wenn Musks Ziel Chaos ist, wird es einfacher“, analysiert Politologe Lee Drutman in der Washington Post. Ralph Naders Kandidatur 2000 oder Ross Perots 1992 seien prägende Beispiele für disruptiven Einfluss. Auch Musks Nähe zu moderaten Bewegungen wie der „Forward Party“ von Andrew Yang könnte seinem Projekt Dynamik verleihen.