Kirche sei ein Ort, an dem queere Menschen sehr viel Diskriminierung und Gewalt erlebt hätten, beklagt Sabel. Und ein Ort, der Menschen lange dazu gezwungen habe, ihr individuelles Menschsein zu verbergen. Für Sabel ist es entwürdigend und ein großer Fehler, die Liebe zwischen homosexuellen Menschen als sündhaft zu bezeichnen, wie es die katholische Lehre nach wie vor tue. „Es gibt aus meiner Sicht keinen einzigen Grund, der das legitimieren würde. Das ist ein Skandal, der von Kirche beantwortet werden muss“, so der Akademiedirektor. Die Kirche sollte der Gesellschaft zeigen, „dass die Vielfalt der Menschen und der geschlechtlichen Identität ein Geschenk Gottes ist“ und darin eine Vorreiterfunktion einnehmen.

Die christlichen Akademien sieht Sabel als Diskussionsorte und Brücken zwischen Kirche und Gesellschaft. Sie hätten einen Auftrag als Mahner und Hinweisgeber in beide Richtungen. Deshalb sei es wichtig, die Ausstellung über queere Menschen in der Kirche zu zeigen: „Weil es genau hier um den Respekt und die volle Anerkennung von Menschen in Kirche geht, die der kirchlichen Normalvorstellung von Sexualität nicht entsprechen.“

Wie Galileo Galilei

Doch was kann die Kirche konkret tun, um ein deutliches Zeichen der Offenheit an queere Menschen zu senden? Sabel zieht hier einen Vergleich zu Galileo Galilei. Dessen Erkenntnis, dass die Erde sich um die Sonne dreht und nicht umgekehrt, verurteilte die katholische Kirche jahrhundertelang als Ketzerei. „Ich glaube, wir stehen im Moment an einem ähnlichen Punkt mit Blick auf die Geschlechterfrage“, sagt er.

Die katholische Lehre fuße auf der Auffassung, dass es zwei Geschlechter gebe, die in der Schöpfung natürlich angelegt wären. Die Forschung zur Auslegung der Bibel ist laut Sabel jedoch mittlerweile auf dem Stand, die Schöpfung nicht als strikte Zweiteilung zu verstehen. Zwischen Tag und Nacht gebe es die Morgendämmerung und das Abendrot. Und so bewege sich auch die geschlechtliche Identität der Menschen zwischen männlich und weiblich.

Ihre Lehre an die aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse zu Homosexualität und Transgeschlechtlichkeit anzupassen, sei das stärkste Zeichen, das die Kirche senden könnte. „Hoffentlich dauert der Lernweg der Kirche diesmal nicht so lange wie bei Galileo Galilei“, sagt Sabel.

Die Ausstellung läuft vom 7. Juli bis zum 8. August und kann montags bis samstags zwischen 10 und 18 Uhr besichtigt werden. Die Adresse der Akademie Franz-Hitze-Haus ist Kardinal-von-Galen-Ring 50, 48149 Münster.