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Beim teilweisen US-Waffenstopp für die Ukraine herrschte offenbar Chaos im Weißen Haus: Trump-Minister Hegseth soll eigenmächtig gehandelt haben.

Washington, D.C. – „Niedrige Lagerbestände“ waren der offizielle Grund für einen Teilstopp der US-Waffenlieferungen an die Ukraine. Das US-Verteidigungsministerium hatte am 2. Juli verkündet, der Ukraine versprochene Patriot-Abwehrraketen, Artilleriemunition, Flugabwehrraketen und anderes Kriegsmaterial nicht zu liefern. Dabei stand das für die Ukraine überlebenswichtige Gerät bereits in Polen parat.

Hegseth‘ US-Waffenstopp für Ukraine „völlig unerwartet“ selbst für Trump-Verbündete

US-Medien berichten jetzt, dass der Stopp der Waffenlieferungen in letzter Minute keineswegs eine von US-Präsident Trump abgestimmte Maßnahme war. Stattdessen soll US-Verteidigungsminister Pete Hegseth die Entscheidung im Alleingang getroffen haben. Außenminister Marco Rubio, der Kongress und Verbündete in Europa sollen nicht informiert gewesen sein, berichten mehrere Medien in den USA. Offenbar ist nicht einmal klar, ob US-Präsident Donald Trump im Detail über den Waffenstopp im laufenden Ukraine-Krieg informiert war.

Das US-Magazin Politico berichtet unter Berufung auf mehrere anonyme Quellen, der Waffenstopp habe „selbst Personen, die normalerweise gut über solche Angelegenheiten informiert sind, völlig unerwartet“ getroffen. „Selbst Verbündete von Präsident Donald Trump zeigten sich frustriert über den Schritt.“

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Fragwürdig ist offenbar auch das Argument, dass die USA die Waffen wegen ihrer eigenen niedrigen Lagerbestände zurückhalten müssten, zum Beispiel bei Patriot-Abwehrraketen. „Bei den Lagerbeständen gibt es keinen geringeren Bestand als in den bisherigen dreieinhalb Jahren des Ukraine-Konflikts“, sagte der Demokrat Adam Smith zum US-Sender NBC News. Eine Analyse hochrangiger Militärs hätte ergeben, dass das Hilfspaket die Munitionsvorräte des amerikanischen Militärs nicht gefährden würde.

Smith, ein führender Demokrat im Repräsentantenhaus kritisierte Hegseth dafür, dass er behauptet hatte, die USA bräuchten ihre Abwehrraketen selbst. Es sei unredlich vom Pentagon, dies als Rechtfertigung für den Ukraine-Waffenstopp zu benutzen, sagte er laut NBC News. Der „wahre Grund“ sei lediglich, dass Hegseth die Ukraine von US-Hilfen abschneiden wolle.

Hegseth soll bei US-Waffenstopp für Ukraine auf hochrangigen Strategen im Pentagon gehört haben

Hinter der abrupten Entscheidung von Hegseth, bereits in Polen bereit stehende Raketen für die Ukraine zurückzuziehen, soll ein hochrangiger Pentagon-Mitarbeiter stecken: Elbridge Colby soll den Waffenstopp laut Politico angeregt haben. Die Rede ist von seinem „übermäßigem Einfluss auf die Entscheidung“ und von „Besorgnis und Frustration“ darüber, „auch unter führenden Republikanern“. Laut Bild will der Militärstratege Colby schon seit einiger Zeit die US-Waffenhilfe für die Ukraine eindampfen und stattdessen militärische Ressourcen in Richtung China und Asien verlegen.

„Im Weißen Haus herrscht interne Spaltung“ – Hegseth ordnete offenbar eigenmächtig Waffenstopp an

Offenbar auch nicht eingebunden in die Entscheidung zur Ukraine war Trumps nationaler Sicherheitsberater Michael Waltz, was auf harsche Kritik des republikanischen Abgeordneten Michael McCaul stößt. „Ich glaube, das alles wird vom politischen Direktor des Verteidigungsministeriums, diesem Colby, gemacht. Wir haben praktisch keinen nationalen Sicherheitsberater“, wird der texanische Republikaner von Politico zitiert. Es sei nicht einmal sicher, ob wenigstens Rubio konsultiert worden sei. „Im Weißen Haus herrscht interne Spaltung“, bilanziert McCaul.

Eine offizielle Reaktion aus dem Außenministerium von Marco Rubio gab es bisher nicht. Rubio gilt eigentlich als vehementer Unterstützer der Ukraine.

Donald Trump und US-Verteidigungsminister Pete Hegseth beim Nato-Gipfel in Den Haag. Bald darauf gaben die USA einen Teilstopp der Waffenlieferungen an die Ukraine bekannt. Donald Trump und US-Verteidigungsminister Pete Hegseth beim Nato-Gipfel in Den Haag. Bald darauf gaben die USA einen Teilstopp der Waffenlieferungen an die Ukraine bekannt. © IMAGO/Beata ZawrzelHegseth ordnet offenbar Waffenstopp für Ukraine an: Republikaner schreibt Brief an Trump

Der republikanische Abgeordnete Brian Fitzpatrick hat unterdessen laut dem US-Magazin The Hill einen Brief ans Weiße Haus geschrieben, in dem er ein „Überdenken“ der Hegseth-Entscheidung verlangt. „Ich bitte das Weiße Haus und das Verteidigungsministerium respektvoll um eine Krisenbesprechung zur jüngsten Überprüfung der Waffen- und Munitionsbestände unseres Landes durch das Pentagon sowie zu der Entscheidung, der Ukraine dringende, lebensrettende Militärhilfe vorzuenthalten“, heißt es demnach in dem Schreiben.

Schock in Ukraine über Stopp von Patriot-Raketen – Selenskyj und Merz telefonieren mit Trump

In der Ukraine löste der teilweise Stopp bedeutender Flugabwehr-Waffen einen Schock aus. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj telefonierte mittlerweile mit Donald Trump zu dem Thema. „Wir haben über Möglichkeiten bei der Luftverteidigung gesprochen und vereinbart, dass wir zusammenarbeiten werden, um den Schutz unseres Himmels zu verstärken“, schrieb Selenskyj danach in Online-Netzwerken.

Trump telefonierte am Donnerstag (3. Juli) auch mit Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU). Wie der Spiegel unter Berufung auf Regierungskreise berichtete, ging es in dem Telefongespräch von Merz und Trump um die aktuelle Lage im Ukraine-Krieg und die Stärkung der ukrainischen Luftverteidigung. Zusagen machte der US-Präsident demnach aber nicht. (smu)