Der FC Bayern verliert Jamal Musiala mit einer wohl schweren Verletzung wahrscheinlich für viele Monate. Ohne den Youngster rückt Thomas Müller wieder in den Fokus. Warum der Klub mit dem Routinier jetzt doch noch einmal verlängern muss. Ein Kommentar.
Von Chris Lugert
Soll es das jetzt wirklich gewesen sein? Das letzte Spiel von Thomas Müller beim FC Bayern München, es hatte am Ende die Züge einer Trauerfeier. Und das lag nicht nur an der bitteren 0:2-Niederlage im Viertelfinale der FIFA Klub-WM gegen Paris Saint-Germain. Sondern an der schweren Verletzung von Jamal Musiala.
Der 22-Jährige verdrehte sich bei einer unglücklichen Aktion mit PSG-Torwart Gianluigi Donnarumma kurz vor der Halbzeitpause ganz eklig den Knöchel, unter großen Schmerzen musste der Youngster auf einer Trage abtransportiert werden. Die Mitspieler reagierten geschockt, die Szene überschattete die gesamte restliche Partie.
Alles andere als ein monatelanger Ausfall wäre eine positive Überraschung, vielmehr muss der Klub wohl längere Zeit auf das Juwel und seine neue Nummer 10 verzichten. Was sportlich einem absoluten Desaster gleichkommt, denn Musiala kann qualitativ nicht ersetzt werden. Vermutlich wird ein Transfer von Nick Woltemade nun noch einmal an Fahrt gewinnen.
Doch auch Woltemade allein kann nicht die Lösung sein, zumal sich der Stuttgarter im Falle eines Transfers auch erst eingewöhnen müsste. Es braucht zumindest für die Zeit von Musialas Abwesenheit einen Spieler, der den Klub und den Trainer kennt, qualitativ den Kader hochwertig ergänzt und zudem diese Rolle auch annimmt – für möglichst wenig Geld.
FC Bayern: Thomas Müller war immer da, wenn er gebraucht wurde
Was es also braucht, ist eine Verlängerung von Thomas Müller. Der Klub muss jetzt dringend darüber nachdenken, der Identifikationsfigur doch noch einmal einen neuen Vertrag anzubieten. Mag er sportlich in den Planungen keine große Rolle mehr gespielt haben, so hat sich die Situation durch Musialas Unglück komplett verändert.
Natürlich besitzt Müller nicht mehr die Klasse von früher, weshalb er seinen Stammplatz bereits in den vergangenen Jahren mehr und mehr verloren hat, bis er spätestens unter Vincent Kompany endgültig nur noch Reservist war. Kein Spieler mehr für die großen Spiele, sondern einer, der beständig seine Leistung bringt, wenn es nur um Siege und nicht um Glanz geht.
FC Bayern München – Jamal Musiala und Co.: Diese Spieler trugen schon die Trikotnummer 10© IMAGO/NurPhoto
Jamal Musiala und Co.: Diese Spieler trugen beim FC Bayern die 10
Nach dem Abgang von Leroy Sane ist jetzt offiziell, dass Jamal Musiala seine Rückennummer 10 bekommt. Doch welche Spieler trugen zuvor die traditionell begehrte Nummer beim FC Bayern? Ein Überblick.
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Jamal Musiala
Rückennummer 10 beim FC Bayern: ab 2025 Position: Offensives Mittelfeld
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Leroy Sane
Rückennummer 10 beim FC Bayern: ab 2020 Position: Linksaußen
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Philippe Coutinho
Rückennummer 10 beim FC Bayern: von 2019 bis 2020 Position: Offensives Mittelfeld
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Arjen Robben
Rückennummer 10 beim FC Bayern: von 2009 bis 2019 Position: Rechtsaußen
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Roy Makaay
Rückennummer 10 beim FC Bayern: von 2003 bis 2007 Position: Mittelstürmer
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Ciriaco Sforza
Rückennummer 10 beim FC Bayern: von 2000 bis 2002 Position: Defensives Mittelfeld
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Lothar Matthäus
Rückennummer 10 beim FC Bayern: von 1992 bis 2000 Position: Libero
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Mehmet Scholl
Rückennummer 10 beim FC Bayern: von 1994 bis 1995 Position: Offensives Mittelfeld
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Michael Sternkopf
Rückennummer 10 beim FC Bayern: von 1991 bis 1992 Position: Offensives Mittelfeld
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Stefan Effenberg
Rückennummer 10 beim FC Bayern: von 1991 bis 1992 Position: Zentrales Mittelfeld
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Thomas Strunz
Rückennummer 10 beim FC Bayern: von 1990 bis 1991 Position: Defensives Mittelfeld
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Christian Ziege
Rückennummer 10 beim FC Bayern: von 1990 bis 1991 Position: Linkes Mittelfeld
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Michael Rummenigge
Rückennummer 10 beim FC Bayern: von 1985 bis 1986 Position: Mittelstürmer
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Karl Del’Haye
Rückennummer 10 beim FC Bayern: von 1983 bis 1984 Position: Mittelstürmer
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Bernd Dürnberger
Rückennummer 10 beim FC Bayern: von 1978 bis 1979 Position: Mittelfeld/Abwehr
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Conny Torstensson
Rückennummer 10 beim FC Bayern: von 1973 bis 1974 Position: Mittelstürmer
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Uli Hoeneß
Rückennummer 10 beim FC Bayern: von 1971 bis 1972 und 1974 bis 1978 Position: Rechtsaußen
Pokalspiele gegen unterklassige Gegner, Bundesligapartien gegen Abstiegskandidaten, während wenige Tage später die große Champions-League-Bühne wartet. Kurzum: Müller war immer noch da, wenn es darum ging, Musiala und andere Stars zu schonen, die in der Gegenwart einfach sportlich wichtiger sind. Die man aber vor Verletzungen schützen will.
Keine attraktive und angenehme Jobbeschreibung, aber genau das, was jeder gute Kader braucht. Die größte Chance auf Erfolg bietet nicht unbedingt die Top-11, sondern die Breite auf den Positionen dahinter. Und ohne Musiala ist diese Position jetzt vakant, weil ein potenzieller Neuzugang nicht den Kader verbreitert, sondern Musiala erst einmal ersetzen muss.
Dabei werden die Bayern natürlich darauf hoffen, dass Musiala in der Rückrunde wieder einsatzbereit ist. Dann, wenn die entscheidenden Wochen und Monate anstehen. Aber bis dahin gilt es, diese Lücke zufüllen, und Müller wäre die beste Lösung dafür. Er wird kein Champions-League-Halbfinale mehr entscheiden, aber für viele Gegner kann er eine Gefahr sein.
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Zumal sich die Frage nach Alternativen stellt. Natürlich wäre es auch eine große Chance für Paul Wanner, jetzt bei den Bayern eine wichtige Funktion zu übernehmen. Doch der Klub würde den 19-Jährigen gerne noch in einem etwas ruhigeren Umfeld reifen lassen und noch einmal verleihen. Was für seine Entwicklung womöglich besser wäre.
Ansonsten gibt es im Bayern-Kader kaum Spieler, die in die Bresche springen könnten. Der Abschied von Leroy Sane schmerzt jetzt noch einmal mehr, ist aber nicht mehr zu ändern. Der Wechsel zu Galatasaray ist vollzogen. Ganz anders als bei Müller. Der hat noch nirgendwo neu unterschrieben, ist also frei verfügbar und kostet keine Ablöse.
Woltemade zum FC Bayern? Babbel zeigt „Problematik“ auf
Was vor allem deshalb wichtig ist, weil sich auf dem Markt kaum ein Spieler finden wird, der bereit ist, eine Art Lückenbüßer für wenige Monate zu spielen und die meiste Zeit auf der Bank zu sitzen. Aber dass die Bayern handeln müssen, steht außer Frage. Und Müller kennt diese Rolle, er hatte sie in den vergangenen Monaten stets inne.
Müller selbst reagierte auf eine entsprechende Nachfrage nach dem PSG-Spiel etwas angesäuert. „Ich sage nicht, dass diese Frage geschmacklos ist. Aber sie fühlt sich für mich unangenehm an“, sagte er bei „DAZN“ und stellte auch mit seiner Mimik und Körpersprache klar: Das ist kein Thema. Sportchef Max Eberl betonte unisono: „Das ist tatsächlich nicht unser Gedanke.“
Für den Moment, vielleicht. Aber es wäre töricht, wenn Eberl nicht noch einmal auf ihn zugeht. Dann wäre auch die Chance gegeben, dass sein wirklich letztes Spiel für die Bayern nicht einer Trauerfeier gleicht – sondern ihm womöglich jenen Rahmen gibt, den er nach einem Vierteljahrhundert im Klub wirklich verdient hat.