Eines seiner zehn Länderspiele hat Florian Neuhaus gemeinsam mit Toni Kroos absolviert – im November 2020 bei einer 0:6-Pleite in Spanien. Man kennt sich ohnehin in der Branche, und nun hat erstmals seit dem Eklat um Neuhaus‘ Mallorca-Video („Schlechtester Manager der Welt“) ein prominenter Vertreter aus dem Fußballprofi-Kosmos Stellung genommen zu dem Vorfall.
„Ich fand es gar nicht schlimm“, sagte Kroos im Podcast „Einfach mal luppen“, den er mit seinem Bruder Felix, früher ebenfalls Profi, aufnimmt. „Wenn man nicht hundertprozentig zufrieden aus einer Saison rausgekommen ist, dann ist das, was der Flo da gesagt hat, wahrscheinlich noch das mit Abstand Harmloseste, was Fußballer ansonsten über Mitspieler, Trainer, Verantwortliche gesagt haben im Urlaub.“
Bei Borussia Mönchengladbach haben sie das anders gesehen, der Klub verhängte eine Geldstrafe im sechsstelligen Bereich und schloss Neuhaus für vier Wochen vom Profi-Training aus. Er stand am Sonntag erstmals mit der U23 von Eugen Polanski auf dem Rasen, am Montag geht es ins Trainingslager nach Ankum.
Gladbach: Roland Virkus schweigt zur Causa Neuhaus
„Ganz ehrlich: Da gibt es eigentlich nichts zu sagen. Wir drei haben alle mit Florian Neuhaus gesprochen und unseren Standpunkt klargemacht, daran gibt es nichts zu rütteln“, sagte CEO Stefan Stegemann in einer Medienrunde, die von Stadionsprecher Torsten „Knippi“ Knippertz moderiert wurde. Gelegenheit für offizielle Nachfragen an die Geschäftsführung in der Angelegenheit gab es keine.
Sportchef Roland Virkus, über den sich Neuhaus in dem Zehn-Sekunden-Video abfällig geäußert hatte, mag offiziell nichts sagen. „Wir haben uns entschieden, das Verhalten entsprechend zu sanktionieren. Dazu gehört für mich, dass man wieder miteinander spricht, wenn eine bestimmte Zeit vorbei ist, und dann blickt man in die Zukunft“, erklärte Stegemann. „Wir haben gut überlegt, welche Entscheidung wir treffen. Die war zwischen der Geschäftsführung sowie mit dem Aufsichtsrat und dem Präsidium eng abgestimmt.“
Felix Kroos erkennt in dem Schnipsel, aufgenommen von Mönchengladbacher Amateurfußballern und Gladbach-Fans am Ballermann, sogar Selbstironie. „Eigentlich nimmt er sich damit selbst aufs Korn, weil er sagt, dass er (Roland Virkus, Anm. d. Red.) einem Spieler, der nur zwölf Prozent aller Spielminuten absolviert hat, so viel Geld zahlt.“ Toni Kroos meint: „Das wäre eine richtig gute Chance gewesen für einen Verein, einfach mal zu sagen: Da stehe ich drüber.“
„Was ist denn daran vereinsschädigend?“, fragt sich der Weltmeister von 2014 und mehrmalige Champions-League-Sieger mit Real Madrid. „Da lachen die Leute drüber, und Borussia Mönchengladbach wird das gleiche Borussia Mönchengladbach sein wie vorher.“ Neuhaus habe „von keinem die Mutter beleidigt“: Geschäftsführer Stegemann hatte Neuhaus‘ Auftritt am Mittwoch als „vereinsschädigend und inakzeptabel“ bezeichnet. Zudem habe Neuhaus „handelnde Personen tief enttäuscht“.
Gladbach: Was Seoane und Sander über Neuhaus sagen
Trainer Gerardo Seoane äußerte sich kurz und knapp zu der Causa: „Das sind Dinge, die man sich nicht wünscht als Trainer.“ Ansonsten verwies er auf die Kommunikation des Vereins. Das zentrale Mittelfeld ist im Kader des Schweizers am üppigsten besetzt, sportlich kann Seoane Neuhaus‘ Abwesenheit ohnehin verkraften – zumal er ihn vergangene Saison in der Bundesliga nur zweimal von Beginn an brachte.
Philipp Sander oblag die Aufgabe, sich als erster Borussia-Profi zum Thema zu äußern am Rande des Trainingsauftakts. „Dadurch, dass ich selber nicht auf Social Media bin, habe ich wenig und erst spät davon mitbekommen“, erklärte Sander. „Ich will es nicht größer und nicht kleiner machen, als es ist. Die Sache wird in ein paar Wochen schon wieder erledigt sein.“
Neuhaus steht noch zwei Jahre bei Borussia unter Vertrag, nachdem er 2023 zu den von ihm bestätigten Konditionen („eins, zwei, drei, vier Millionen“) verlängert hatte. Wie es weitergeht mit ihm nach der Suspendierung, ist unklar. Eine sportliche Zukunft in Gladbach hat er nicht – was bei den Kroos-Brüder nicht auf Verständnis stößt.