Im Streit um eine Diagonalsperre für Kraftfahrzeuge in der Tucholskystraße hat sich am Montag der Bezirk Mitte vor dem Verwaltungsgericht durchgesetzt. Elf im Januar 2024 aufgestellte Poller dürfen bleiben, eine Beschwerde von Anwohnern und Gewerbetreibenden blieb erfolglos.
„Wir sind der Auffassung, dass die Maßnahme rechtmäßig ist“, sagte Richterin Heike Grigoleit. Durch das zu erwartende Fehlverhalten von Verkehrsteilnehmern sei eine einfache Gefahrenlage wahrscheinlich und damit auch der harte Einschnitt einer Diagonalsperre an der Ecke Auguststraße zu vertreten.
Das Verwaltungsgericht folgte damit in der Hauptverhandlung am Montag der Bezirksauffassung, wonach die Fahrradstraße ohne Diagonalsperre keinen Sinn ergeben hätte. Die Behörde hatte wiederholt argumentiert, dass ihrem Erfahrungswissen nach bloße Anordnungen durch Verkehrszeichen in großer Zahl ignoriert würden. „Fehlende Compliance“ von Verkehrsteilnehmern sah auch die Richterin als belegt an.
Vor dem Hintergrund, dass eine steigende Zahl von Radfahrern zu erwarten sei, müssten diese vor dem regelwidrigen Befahren durch Kraftfahrzeuge geschützt werden, hatte der Bezirk argumentiert. Das Verwaltungsgericht folgte dieser Rechtsauffassung, wenn auch vieles in dem Prozess Neuland wäre, wie sich die Vorsitzende Richterin ausdrückte.
Die Richterin wies auch das Argument der Kläger zurück, die Sperren behinderten die Rettungskräfte, das nahe St.-Hedwigs-Krankenhaus anzusteuern. Die Rettungskräfte hätten die Möglichkeit, für die Durchfahrt von Krankenwagen die Poller mithilfe von Schlüsseln umlegen zu können.
Die Kläger waren Anwohner und Gewerbetreibende
Man hätte die Fahrradstraße auch ohne die einschneidende Sperrung ausführen können, hatte die Gegenseite argumentiert. Unter den Klägern waren Anwohner und Gewerbetreibende im Kiez zwischen Oranienburger Straße und Torstraße. Nach der Verhandlung am Montag ließ ein Vertreter der Klägerseite offen, ob der Rechtsstreit noch eine Fortsetzung finden soll.
Das Hauptverfahren war bereits die dritte Gerichtsentscheidung in der Angelegenheit. Am 12. Juli hatten zunächst die Gegner des sogenannten Modalfilters einen Erfolg erzielt. Die Durchfahrtsperre, die Kraftfahrzeuge zum Abbiegen zwingt, aber Fahrräder durchlässt, sei rechtswidrig. Eine Gefahrenlage, wie von der Bezirksseite dargestellt, konnte das Verwaltungsgericht in seiner Eilentscheidung nicht erkennen.
Rein stadtplanerische Gründe reichten dem Gericht für die Verpollerung der Straße damals nicht aus, inzwischen hat sich die Rechtslage jedoch zugunsten des Bezirks geändert. Die Kreuzungen der Tucholskystraße seien bislang „einer der größten Unfallschwerpunkte im Nebenstraßennetz des Bezirks Mitte“ gewesen, hatte Mittes damalige grüne Verkehrsstadträtin Almut Neumann beim feierlichen „Anradeln“ verlauten lassen.
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Für 115.000 Euro war zeitgleich ein Teil der Tucholskystraße als Fahrradstraße ausgewiesen worden. Trotz des Urteils im Juli durften die Poller vorläufig stehenbleiben.
Der Bezirk trug den Streit vor das Oberverwaltungsgericht, das am 30. September wiederum in einer Eilentscheidung der Argumentation der Verwaltung folgte. Voraussichtlich beständen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der verkehrsrechtlichen Anordnung, hieß es damals.