Ein gemeinsamer zweisprachiger Internetauftritt der Grenzregion mit Veranstaltungskalender und ein sichtbares Bürgerbüro für grenzüberschreitende Fragen: Das sind zwei der Empfehlungen des ersten Bürgerbeirats im Eurodistrict SaarMoselle. Der Rat wurde vor einem Jahr im Rahmen des Pilotprojektes Common Ground gegründet (wir berichteten) und hat nun einen Katalog von Handlungsempfehlungen vorgelegt.
„Es fehlen Alltagsinformationen“
„Für die Bewohner des Eurodistricts SaarMoselle fehlt es in vielen Bereichen an grenzüberschreitenden Ansprechpartnern. Es fehlen Alltagsinformationen, an denen sich die Menschen orientieren können und die das Zusammenleben sowie den Austausch der Menschen untereinander und damit auch die Entwicklung einer grenzüberschreitenden Identität erleichtern und fördern“, heißt es in dem knapp 30-seitigen Ergebnisbericht.
In seinen „Handlungsempfehlungen für eine gemeinsame Grenzregion von morgen“ regt der Bürgerbeirat SaarMoselle in dem Bürgerbüro auch Beratung und Kontaktbörse für Vereine und Organisationen an. Ebenso eine kontinuierliche Zusammenarbeit der Tourismusämter entlang der Grenzorte, einen grenzüberschreitenden Tourismuspass („SaarMoselle-Card“) und einen grenzüberschreitenden Gesundheitspass. Auch für Sprachförderung und Wirtschaft müsse mehr geschehen, um die Region stärker zu machen, hieß es. Ein aus Bürgersicht geforderter „europäisch verfasster grenzüberschreitender Kommunalverband SaarMoselle“ mit direkt gewählten Delegierten, dürfte allerdings auch auf längere Sicht politisch wohl kaum durchsetzbar sein.
Zukunft von Bürgerrat noch ungewiss
Der Bericht wurde in Saarbrücken im Beisein von Oberbürgermeister Uwe Conradt (CDU), dem Präsidenten Jean-Claude Hehn vom Gemeindeverband Forbach und dem Präsidenten Marc Zingraff (Saargemünd) vom Eurodistrict SaarMoselle vorgelegt. Die Veranstaltung wurde simultan ins Deutsche und Französische übersetzt – obwohl die meisten der 40 Personen des rein ehrenamtlich arbeitenden Bürgerbeirats (20 Personen von jeder Seite, Parität von Frauen und Männern) zumindest etwas zweisprachig waren.
Mehr als zwei Drittel der Mitglieder des Bürgerbeirats, die zum Teil in den Grenzgemeinden ausgelost wurden, waren im Rentenalter. 70 Prozent brachten Erfahrungen in der deutsch-französischen Zusammenarbeit mit. Plädiert wurde dafür, künftig mehr Jüngere ins Boot zu nehmen. Dabei ist die Zukunft des Bürgerbeirats noch ungewiss. Angestrebt wird eine Fortführung des Modells zumindest bis 2027 sowie ein späteres Sicherstellen der Bürgerbeteiligung bei der strategischen Ausrichtung des Eurodistricts SaarMoselle 2028-2034 durch Mitsprache und öffentliche Finanzierung.
Risiken für Eurodistrict SaarMoselle
Bislang wurde die Initiative im Rahmen des mit über 200 000 Euro bezuschussten Pilotprojektes „Common Ground – Über Grenzen mitgestalten“ von der Robert Bosch Stiftung gefördert und federführend von der Landeshauptstadt Saarbrücken und dem Gemeindeverband Forbach Porte de France, mit Begleitung und Moderation durch das Euro-Institut (Kehl) und wissenschaftlicher Betreuung des Nexus-Instituts (Berlin) umgesetzt. Weitere Partner waren unter anderem die Seniorenvereinigung Europ‘age Saar-Lor-Lux, der Regionalverband Saarbrücken und der Eurodistrict SaarMoselle.
„Insgesamt können wir mit dem Pilotprojekt sehr zufrieden sein“, sagt die bisherige Common-Ground-Projektleiterin Lisa-Marie Oevermann: „Das Thema ist bei den Bürgerinnen und Bürgern auf reges Interesse gestoßen, was sich unter anderem an der Teilnahme an den Sitzungen und der Qualität der Ergebnisse gezeigt hat.“ Es sei ermutigend zu sehen, wie engagiert die Ratsmitglieder diskutierten und gemeinsam Ideen für die Grenzregion von morgen erarbeiteten, so Oevermann.
Aber der grenzüberschreitende Bürgerbeirat sieht in seinem Ergebnisbericht auch Risiken für den Eurodistrict SaarMoselle: „Die wesentlichen Bedrohungen für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit stellen aus Bürgersicht die aktuellen politischen Entwicklungen dar, die in naher Zukunft Initiativen und Projekte in Frage stellen und entsprechend deren Finanzierung zugunsten nationaler und militärischer Aufrüstung reduzieren können“. Gerade deshalb komme einem funktionierenden grenzüberschreitenden Bürgerbeirat eine besondere Bedeutung zu – zur Stärkung der Demokratie.