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Architekt des Wirtschaftswunders: Ludwig Erhards Kanzler-Bungalow mit Blick auf den Tegernsee entwarf Sep Ruf. © Privat
In Kürze kommt eine Dokumentation über den Architekten Sep Ruf in die Kinos. Er gilt als „Ikone des Tegernseer Tals“. Regisseur Johann Betz spricht über Ruf und den Film im Interview.
Gmund – Von einer prägenden Architekten-Persönlichkeit der jungen Bundesrepublik und Ikone des Tegernseer Tals handelt eine Doku, die am Donnerstag, 10. Juli, in die deutschen Kinos kommt: „Sep Ruf – Architekt der Moderne“ lautet der Titel des 96-minütigen Films von Regisseur und Produzent Johann Betz. Der Filmemacher stellt neben Sep Ruf auch rund ein Dutzend seiner insgesamt 300 Bauten vor, darunter das Ensemble am Ackerberg in Gmund. Im Gespräch verrät Betz, wie es zum ersten Film über den bedeutenden Architekten (1908-1982) kam.
Herr Betz, warum war es gerade jetzt an der Zeit für eine Dokumentation über Sep Ruf?
Sep Ruf ist meiner Meinung nach eine Wiederentdeckung. Bis zu seinem 100. Geburtstag 2008 gab es nicht viel über ihn. Dann kam zwar eine umfangreiche Retrospektive im Architekturmuseum in der Pinakothek der Moderne, dann das große Buch von Irene Meissner von der Sep Ruf Gesellschaft. Aber eine wirklich filmische Auseinandersetzung gab es bis dato nicht. Als Münchner dachte ich, es wäre an der Zeit, dies nachzuholen. Dieser Meinung war auch der Bayerische Rundfunk, der Co-Produzent ist.
Regisseur und Produzent Johann Betz © Privat
Wie wird der Architekt Sep Ruf heute außerhalb des Tegernseer Tals eingeschätzt?
Unter Fachkreisen ist es unumstritten, welch herausragende Position er in der Architektur im Nachkriegsdeutschland einnimmt. Andersrum ist es wiederum so: Viele kennen seine Bauten, verbinden diese aber nicht mit dem Namen Sep Ruf. Als Person ist er relativ unbekannt geblieben. Das ist auch eine der Missionen des Films, ihn selbst und sein Werk noch bekannter zu machen – als genialen Architekten, der er war.
Er war zu seiner Zeit besonders in der Heimat nicht unumstritten, international aber stets hochgelobt. Warum?
Menschen tun sich am Anfang schwer mit etwas Neuem. München zum Beispiel war sehr traditionell geprägt und die Moderne war sozusagen nicht bekannt. Keiner hat sie einem erklärt, und wenn man solche Architektur zum ersten Mal sieht, als Normalbürger, schreckt es wahrscheinlich ab. Der Weg von einem pittoresken Jugendstilgebäude zu einer aufgerissenen Glasfassade ist weit.
Wofür steht Ruf heute?
Zum einen für Schönheit und Eleganz, aber auch ganz viel für Erneuerung und politisches Denken, umgesetzt in Architektur. Er wurde nicht umsonst ausgewählt, die Weltausstellung in Brüssel zu planen und zu bauen, oder später den Kanzlerbungalow (von Ludwig Erhard, Anm. d. Red.). Zusätzlich hat er es verstanden, ein versöhnlicher Moderner zu sein. Es gab wohl keinen, der so Rücksicht genommen hat auf die Umgebung. Da war Ruf einzigartig, und man kann da viel von ihm lernen. Das sagen zumindest meine Protagonisten im Film.
Was sind die herausragendsten Kennzeichen seiner Architektur?
Sicherlich das Flachdach, die großen Glasfassaden, die dünnen Stützen, aber eben auch seine Anpassungsfähigkeit. Im städtischen Raum hat Ruf versucht, modern zu bauen, ohne das Stadtbild zu zerstören. In der Natur hat er diese miteinbezogen in seine Architektur, hat ganz offen und frei gebaut. Und er wollte, dass sich die Menschen in seinen Gebäuden wohlfühlen, sei es als Bewohner eines Wohnhauses oder in einer Wohnung, oder eben als Nutzer eines Gebäudes, in dem man arbeitet. Ruf hat Architektur für die Menschen gebaut, die sich darin befinden, nicht für seinen Ruhm. Dass sie auch noch so gelungen und schön ist, ist sein großer Verdienst.
Welches Bauwerk Rufs fasziniert Sie am meisten?
Generell fasziniert mich das unglaublich breite Oeuvre von Ruf, weil er wirklich alles bauen konnte. Müsste ich eines herauspicken, so wäre es die Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg. Das ist so eine sensible und schöne Architektur, die ihresgleichen sucht.
„Sep Ruf – Architekt der Moderne“ läuft am Freitag, 11. Juli, um 20 Uhr erstmals im Kino am Tegernsee in Weißach (weitere Vorstellungen 13., 14., 15. und 16. Juli zu verschiedenen Zeiten). Am Mittwoch, 16. Juli, um 19.30 Uhr wird Klaus Fresenius nach dem Film über „Sep Ruf, seine Bauten und sein Wirken“ referieren.
ak
Bauten ausgespart
Einige Gebäude, für die Sep Ruf am Tegernsee bekannt ist, kommen im Film nicht vor. Sie mussten zugunsten einer regulären Kinofilm-Länge weichen. So das Olaf-Gulbransson-Museum in Tegernsee. Auch das Ruf-Haus als westlicher Bau des Ensembles am Ackerberg ist kein Thema. Zum „freundlichen Kontakt“ mit Sep Rufs Tochter Notburga Ruf und Enkelin Elisabeth Ursula Ruf, die nach wie vor im Ruf-Haus leben, kam es laut Filmemacher Johann Betz erst sehr spät im Projektverlauf. Zugang zu den vielen Originaldokumenten und Arbeitsunterlagen, die dort lagern, habe er nicht gehabt. Für sein Projekt sei das auch nicht unbedingt notwendig gewesen. Denn vieles gebe es auch digitalisiert im Archiv des Architekturmuseums in München oder im über 500-seitigen Buch „Sep Ruf 1908-1982: Leben und Werk“ von Irene Meissner von der 2016 gegründeten Sep Ruf Gesellschaft. Diese setzt sich für Erforschung und Bewahrung des Werks von Sep Ruf ein.