Brüssel/Berlin. Lithium, Graphit, Mangan, Titan: Die Ukraine verfügt über zahlreiche kritische Rohstoffe, die für die Energiewende und die strategische Unabhängigkeit der Europäer von China essenziell sind. Trotz dieser wichtigen Ressourcen ist ihr Beitrag zur wirtschaftlichen Erholung des Landes bislang minimal – auch wegen des Kriegs. Dabei wird die Ukraine für den Wiederaufbau viel Geld benötigen.
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Eine aktuelle Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung, die dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) exklusiv vorliegt, zeigt, wie die Ukraine langfristig mehr aus ihrem geologischen Schatz machen könnte – und wo die Hürden liegen.
Milliarden im Boden, aber kaum Förderung
2024 lagen die gesamten Exportgewinne der Ukraine durch kritische Rohstoffe bei gerade einmal rund 85 Millionen Euro. Das ist nur ein Bruchteil des Potenzials, das auf mehrere Milliarden Euro geschätzt wird. Der Grund: Viele Vorkommen sind nicht erschlossen, die meisten Minen liegen in umkämpften Gebieten im Osten des Landes und wichtige Produktionsstätten sind bei russischen Angriffen gezielt zerstört worden. Derzeit fördert die Ukraine beispielsweise kein Lithium, so die Autoren, obwohl dieses auf internationalen Märkten zur Batterieproduktion stark gefragt ist.
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Was sind kritische Rohstoffe?
Kritische Rohstoffe sind Materialien von großer wirtschaftlicher Bedeutung für die EU, bei denen ein hohes Risiko von Versorgungsengpässen besteht. Sie sind essenziell für viele Industrien, darunter die digitale Infrastruktur, Energieerzeugung und Luft- und Raumfahrt. Zu den kritischen Rohstoffen zählen unter anderem Lithium, Graphit, Mangan, Titan, Kobalt, Nickel, Gallium, Germanium, Wolfram und Seltene Erden.
Was ist die Friedrich-Ebert-Stiftung?
Die Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) ist die älteste politische Stiftung Deutschlands und arbeitet auf Basis der Werte der Sozialen Demokratie, also Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität. Sie engagiert sich für politische und gesellschaftliche Bildung, sowohl in Deutschland als auch international, und fördert die Verständigung zwischen verschiedenen Ländern und Kulturen.
Was ist der Rohstoffdeal zwischen der Ukraine und den USA?
Die USA und die Ukraine haben Anfang Mai 2025 ein Abkommen über den gemeinsamen Abbau von ukrainischen Rohstoffen unterzeichnet. Aus den Gewinnen soll der Wiederaufbaufonds finanziert werden. US-Präsident Donald Trump verspricht sich davon eine Kompensation für bereits geleistete Hilfen an die Ukraine. Kiew erhofft sich von den USA weitere Unterstützung und Investitionen für den Wiederaufbau zerstörter Landesteile. Aufgrund langer Vorlaufzeiten bei der Erschließung von Rohstoffvorkommen erwarten Experten Einnahmen aber erst nach mehreren Jahrzehnten.
Ukraine sollte Rohstoffe im Land weiterverarbeiten
Ein weiteres Problem laut der Studie: Die Ukraine wird international als billiger Rohstofflieferant gesehen – und tritt auch so auf. Der Schlüssel liegt laut den Autoren in der Einführung einer „Richtlinie für lokale Ressourcen“. Die Hauptziele dieser Richtlinie wären die Steigerung der nationalen Wertschöpfung, die Schaffung von Arbeitsplätzen und die Förderung der heimischen Industrie.
Im Fall der Ukraine bedeutet das: Statt nur die abgebauten Rohstoffe zu exportieren, sollte Kiew selbst die Weiterverarbeitung übernehmen – etwa durch lokale Zulieferer sowie die technologische Entwicklung und den Bau von Maschinen zur Weiterverarbeitung. Die Wertschöpfungspotenziale sind laut der Studie enorm: Wird Lithium im eigenen Land zu Batterien weiterverarbeitet, vervierfacht sich sein Marktwert. Ähnliches Potenzial gebe es bei Grafit, Mangan und Silizium.
Rohstoffe in der Ukraine – wo der Haken bei Trumps Deal liegt
Die Umsetzung des Rohstoffabkommens zwischen der Ukraine und den USA gestaltet sich schwierig. Um welche Rohstoffe es geht und welche Probleme auftreten.
Handelsabkommen erschweren ukrainischen Fortschritt
Leicht umsetzen lässt sich das allerdings nicht, da das Land bisher einen anderen Kurs verfolgt hat. Handelsabkommen mit der EU und Vorgaben der Welthandelsorganisation würden zudem viele Maßnahmen einschränken, da sie inländische Präferenzen nahezu ausschließen. Auch der Rohstoffdeal mit den USA sieht keine Verbesserung der ukrainischen Wertschöpfung vor, da die Rohstoffe direkt an die USA gehen. Dabei hätte die Ukraine gute Voraussetzungen, etwa viele gut ausgebildete Ingenieure und langjährige Erfahrung im Bergbau.
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Die Studienautoren empfehlen Kiew, eine koordinierte Strategie mit Förderprogrammen und Ausnahmeregeln zu entwickeln. Ziel der Ukraine müsse sein, nicht nur mehr zu fördern, sondern auch mehr im eigenen Land zu behalten und damit auch wirtschaftlich viel mehr zu profitieren.