Viele lesen Bücher abends im Bett, im Bus, im Wartezimmer, in der Hängematte – manch Bücherwurm legt das Buch nicht einmal in der Supermarktschlange oder beim Zähneputzen weg. Doch lesen auf dem Fahrrad? Das geht eher schlecht, muss auch Lennart Schaefer zugeben. Und er muss es wissen.

Denn der 27-Jährige ist zurzeit als Buchbotschafter mit dem Fahrrad insgesamt 8000 Kilometer quer durch alle 16 Bundesländer Deutschlands unterwegs, um Werbung für das Lesen zu machen – gestartet hat er seine „Literadtour“ im März bei der Leipziger Buchmesse, sein Ziel ist im Oktober die Frankfurter Buchmesse. Unterwegs hat er nun einen Stopp in der Buchhandlung Förster in Ganderkesee eingelegt. Unter dem Motto „Wer liest, genießt!“ stand dort am Montag der Abend mit dem Buchbotschafter.

Oft fehlt zum Lesen nur der richtige Impuls

Obwohl für das Buch alle Zeichen gut aussehen, werde es immer wieder totgesagt, so Schaefer. Gleichzeitig nehme er immer wieder wahr, dass viele Menschen zwar gern Bücher lesen würden, aber nicht den Einstieg schaffen. „Ich höre oft von Leuten, dass sie eigentlich gern lesen, sie es aber nicht tun, weil ihnen der Impuls fehlt. Oft hapert es an einer inneren Ruhelosigkeit, oder daran, dass sie von der Vielzahl an Novitäten und Empfehlungen erschlagen werden“, sagt Schaefer.

Er möchte Impuls- und Ratgeber sein. Deshalb ist sein Lastenrad, mit dem er unterwegs ist, gefüllt mit Büchern, die er vorstellt, wenn er seine Stopps in Buchhandlungen und Schulen, bei Verlagen und Autoren sowie an anderen Literaturorten einlegt. Sie vertreten verschiedene Genres für alle Altersgruppen und sind laut Schaefer ideal für einen (Wieder-) Einstieg ins Lesen.

Eltern sollten vor- und selbst lesen

Schaefers eigene Liebe zu Büchern begann mit seinen Eltern, die ihm schon früh vorlasen. „Bücher vorgelesen zu bekommen und Eltern zu erleben, die auch selbst lesen, ist für Kinder der beste Grundstein, um leicht lesen zu lernen und später selbst den Zugang zur Welt der Bücher zu finden“, meint er.

Ihn selbst haben die Geschichten und Abenteuer zwischen den Seiten seit er 14 Jahre alt war in diverse Praktika durch Verlage beziehungsweise den Literaturbetrieb geführt. Außerdem schrieb er einen eigenen Blog, für den er unter anderem namhafte Autoren interviewte. Seine Ausbildung machte er in dem Verlag Bastei Lübbe, anschließend arbeitete er in der Veranstaltungsabteilung der Verlagsgruppe Oetinger.

Kein Verlust, solange er fürs Lesen werben kann

Seinen letzten Job als Redakteur kündigte er und gründete die Literadtour gUG, eine gemeinnützige Unternehmergesellschaft, die er als geschäftsführender Gesellschafter führt. Das klingt pompös, doch: „Am Ende ist das ein Projekt, bei dem ich drauf zahle“, sagt Schaefer. Doch das nimmt er gern in Kauf, solange er Werbung für das Lesen machen kann.

„Als ich in der Buchbranche gearbeitet habe, gab es so viele Zweifel. Ich habe oft zu hören bekommen: ‚Bist Du sicher? Hat das Buch denn überhaupt noch eine Zukunft?'“, erzählt Schaefer und ergänzt: „Ich möchte da mehr Optimismus verbreiten.“ Immerhin sei das Buch das Medium, das die Digitalisierung erfolgreich überlebt habe.

„Die Umsätze in der Buchbranche sind stabil“, sagt Schaefer. Und zu 90 Prozent seien es gedruckte Bücher, die verkauft werden. „Das Buch als Gegenstand hat seinen eigenen Wert. Es gibt Leute, die sich ein Buch kaufen, um es ins Regal zu stellen. Das ist ein guter Anfang, denn der Weg zum Lesen ist dann nicht mehr so weit“, findet der Buchbotschafter.

Lesen für ein längeres Leben

Und es gebe noch mehr Gründe dafür, das Buch noch lange nicht totzusagen. „Viele der gehypten Serien der Streamingdienste basieren auf erfolgreichen Büchern“, sagt Schaefer. Im Gegensatz zu der Zeit, die man vor dem Bildschirm verbringt, habe das Lesen jedoch enorme Vorteile: „Gerade wer über Ruhelosigkeit klagt, sollte lesen. Denn das bringt erst die gesuchte Ruhe, weil man es aktiv tun und sich konzentrieren muss. Das Buch duldet keine Ablenkung, keine zweite Tätigkeit nebenbei. Studien haben ergeben, dass Lesen lebensverlängernd wirkt.“

Lesen ermögliche es, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Es stärke die Empathie, weil man sich in die verschiedenen Charaktere hinein versetzen muss. Zudem könnten Bücher zu verschiedenen Themen eine Tiefe vermitteln, wie es kurze Nachrichten oder die sozialen Medien nicht vermögen würden.

„Oft heißt es, dass Lesen ein einsames Hobby ist. Aber das stimmt nicht. Es gibt Bücher-Klubs und Communitys in den sozialen Netzwerken. Lesen kann also etwas Verbindendes haben“, so Schaefer.

Empfehlungen quer durch die Genres

Er selbst hört auf seiner „Literadtour“ hauptsächlich Hörbücher. Schließlich ist Lesen auf dem Fahrrad eher schwierig. Am liebsten hört und liest er sich quer durch die Genres. Und genauso fallen auch seine Buchempfehlungen für Leseeinsteiger und Bücherwürmer aus, denen er auf seiner Reise begegnet.

Zur Sache

Lennart Schaefer empfiehlt auf seiner „Literadtour“ acht Bücher aus unterschiedlichen Sparten. Darunter ist zum Beispiel die romantische Komödie „Zwei vernünftige Erwachsene, die sich mal nackt gesehen haben“ von Anika Decker. Wärmstens empfiehlt er „Das Leben fing im Sommer an“ von Fußballer Christoph Kramer, „der wirklich toll schreibt“, so Schaefer. Bei „Percy Jackson“ warnt er alle Leser ab acht Jahren vor einer Suchtgefahr. Und bei großen und kleinen Lesern wirbt Schaefer für das poetische Bilderbuch „Malte und Oßkar“.

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