Jeden Tag kommen aus der Ukraine neue Horrormeldungen über immer stärker werdende Angriffe Russlands. Mehrere Hundert Drohnenattacken pro Nacht, die schwersten Schläge seit Kriegsbeginn vor gut drei Jahren. Kreml-Präsident Wladimir Putin eskaliert ein ums andere Mal heftiger. Zugleich sprechen Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) und andere Regierungschefs bei einer Konferenz in Rom an diesem Donnerstag über den Wiederaufbau der Ukraine. Über Milliardeninvestitionen, um dem kriegsgebeutelten Land nicht nur militärisch unter die Arme zu helfen. Während Russland also zivile Infrastruktur in der Ukraine in Schutt und Asche legt und jeden Tag Menschen im Krieg ihr Leben lassen, wird schon über die Zeit danach gesprochen. So paradox das erscheinen mag: Es ist richtig, diese Gespräche jetzt zu führen. Und es ist ja nicht das erste Mal. Denn Investitionen und Hilfen brauchen Vorlauf.
Deutlich schneller muss es zugleich beim Druck auf Putin gehen. Europa ist bislang leider so träge wie ein Tanker. Das Einstimmigkeitsprinzip und das aktuelle Veto des slowakischen Ministerpräsidenten Robert Fico gegen das 18. Sanktionspaket verhindern zusätzliche EU-Maßnahmen gegen Russland. Da muss Europa künftig rascher reagieren und umschalten können, damit Putin sich weniger leicht auf die möglichen Sanktionen vorbereiten kann. Das Einstimmigkeitsprinzip gehört mehr denn je auf den Prüfstand.
Mehr Tempo, Agilität und Einigkeit seitens der europäischen Partner sind auch im Umgang mit US-Präsident Donald Trump nötig im Ukraine-Konflikt. Damit Putin wirksamer eingeschränkt wird, braucht es zwingend die USA an Bord. Dass Trumps Tonfall gegenüber Putin in den vergangenen Tagen an Schärfe gewonnen hat und er nun Berichten zufolge auch die Lieferung von Flugabwehrraketen vom Typ Patriot erwägt, stellt ein gewisses Momentum dar, das Europa für einen Schulterschluss mit den USA nutzen sollte. Es braucht eine enge Partnerschaft auf beiden Seiten des Atlantiks, um Russland die Stirn zu bieten. Wollen europäische Länder wie Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Polen und andere eine gewichtigere Rolle spielen und in den Gesprächen über Friedensperspektiven in der Ukraine ernstgenommen werden, braucht es gemeinsame Ziele mit Trump. Weil der US-Präsident in der Vergangenheit aber seine Haltung gegenüber Russland und der Ukraine mehrfach sehr rasch geändert hat, müssen die europäischen Länder einen flexibleren Modus finden. Sie müssen zu einem Schnellboot mit abgestimmtem Kurs werden, um Chancen wie derzeit für die Ukraine und sich nutzen zu können. Es ist eine der wichtigsten Aufgaben von Kanzler Merz, das voranzutreiben.