1. Startseite
  2. Politik

DruckenTeilen

Großbritannien empfängt Frankreichs Präsident Macron mit royalem Pomp – doch Probleme bleiben. Von Sebastian Borger

Historische Kutschen mit prächtigen Pferden, eine Rede des Gastes im Parlament, das festliche Bankett im Georgssaal von Schloss Windsor – mit allem Pomp, dessen das Königreich mächtig ist, hat Großbritannien am Dienstag Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron zum dreitägigen Staatsbesuch empfangen. Bei seiner Rede am Abend wollte König Charles III. auf das schwierigste bilaterale Problem anspielen, die Zehntausenden Menschen, die Jahr für Jahr von Frankreich aus über den Ärmelkanal flüchteten. „Die gemeinsamen Herausforderungen kennen keine Grenzen“, so der Monarch: „Keine Festung kann uns gegen sie schützen.“

Wie beim Umgang mit dem kapriziösen US-Präsidenten Donald Trump setzt Keir Starmers Labour-Regierung auch in den Beziehungen mit dem nächsten Nachbarn auf die „soft power“ des Königshauses. Der 76-jährige König spielt dabei eine Schlüsselrolle. Als damaliger Thronfolger wohnte er 1970 der Beerdigung des legendären Weltkriegs-Generals und späteren Präsidenten Charles de Gaulle bei – bis zur Geburt des derzeitigen Élysée-Hausherren sollten noch sieben Jahre vergehen.

Cannabis, Trump-Attentat und Nawalny-Tod: Das war das Jahr 2024 in BildernTeilnehmer einer Demonstration unter dem Motto Aktionstag Hand in Hand. ID-Fraktion schließt AfD aus.Fotostrecke ansehenMacron in Großbritannien – Frankreichs Präsident nicht zufällig zu Gast bei König Charles

Wie Charles als Frankophiler, so gilt Macron als Anglophiler. Auf der Insel bleibt unvergessen, dass er sich nach dem Tod von Charles’ Mutter 2022 auf Englisch an die Nation wandte und daran erinnerte, die Queen habe „sechsmal die Stufen des Élysée“ erklommen, so häufig wie kein anderer Staatsgast in Frankreich. Nicht ganz zufällig wählte der zum König Beförderte die Nachbarrepublik 2023 für seinen ersten Staatsbesuch.

Nun also die Gegenvisite. Die Briten hatten auf Eile gedrängt: Während Donald Trump frühestens im Spätherbst dem Monarchen seine Aufwartung machen darf, genießen Macron und seine Frau Brigitte diese Woche den englischen Sommer. Artig vom Prinzenpaar William und Kate am Militärflughafen Northolt in Empfang genommen, reisten die Macrons zum festlichen Empfang nach Windsor. Wegen der Renovierungsarbeiten am Buckingham-Palast finden derzeit offizielle royale Gelegenheiten beinahe ausschließlich im Städtchen westlich von London statt.

König Charles und Emmanuel Macron in einer Kutsche.König Charles empfängt Frankreichs Präsident Emmanuel Macron – Großbritannien setzt auf royale „soft power“. © JAIMI JOY/AFPLondon und Paris streben Asylpakt an

Als nicht immer sonderlich kooperationsbereit wird Frankreich in London beim Thema Migration wahrgenommen. Seit Jahren campieren Zehntausende meist junge Menschen entlang der Kanalküste, um bei ruhiger See die Passage über eine der meistbefahrenen Schifffahrtsstraßen der Welt auf die Insel zu wagen. Rund eine halbe Milliarde Euro haben Regierungen beiderlei Couleur seit 2018 nach Paris überwiesen; mit der gewaltigen Summe sollen die Grenzsicherung verbessert, Drohnen gekauft und zusätzliche Beamte eingestellt werden.

Der Erfolg hält sich einstweilen in engen Grenzen. Nach der Höchstmarke von 45 000 Asylsuchenden 2022 gelang es in den Folgejahren zwar, die Zahl der Migrantinnen und Migranten einzuschränken. Die Tendenz im ersten Halbjahr 2025 aber deutet auf einen neuen Rekord hin, aller Strafverfolgung und Abschiebungen zum Trotz. Macron dürfte in seinen Gesprächen mit Starmer eindringlich auf die Pull-Faktoren hinweisen: Großbritannien hat noch immer kein funktionierendes Meldewesen, allein in London leben mutmaßlich Hunderttausende ohne Papiere. Sie finden dort Anschluss an ethnische und religiöse Gruppen aus aller Welt, der Arbeitsmarkt bietet leichte Verdienstmöglichkeiten.

„Einer rein, einer raus“ – Britische Labor Party setzt bei Migration auf Frankreich

Die massiv unter Druck stehende Labour-Regierung bringt ein Asyl-Abkommen mit Frankreich ins Spiel. Es solle nach dem Grundsatz „einer rein, einer raus“ funktionieren: Für jede Person, deren Asylantrag keine Chance auf Erfolg hat, würde das Königreich der Republik einen Flüchtling abnehmen, der oder die beispielsweise per Familienzusammenführung das Leben auf der Insel anstrebt. Die Erfolgsaussichten werden allerdings heruntergespielt. Nicht zuletzt, weil ein EU-Quintett, angeführt von Italien und Spanien, bei der Kommission in Brüssel Protest dagegen eingelegt hat. Die Staaten fürchten, dass das britische Asylproblem indirekt an sie weitergegeben werde.

Fortschritte erhofft sich die Brexit-Insel auch bei der Wiederannäherung an Brüssel, nicht zuletzt bei der als notwendig erkannten Aufrüstung. Frankreich gilt hier als größter Blockadefaktor in der EU, wenn es um gemeinsame Militärprojekte geht.