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Im Handelskrieg mit Trumps USA zeigt sich die EU selbstbewusst. Man kenne die „Achillesferse“ der US-Wirtschaft.
Straßburg – Die Europäische Union strebt eine schnelle Einigung mit US-Präsident Donald Trump im drohenden Handelskrieg an. Ursprünglich sollte ein neues Abkommen bis Mittwoch verhandelt sein. Diese Frist verlängerte Trump Anfang der Woche bis zum 1. August. Spätestens bis dahin will die EU-Kommission eine Einigung im Zollstreit haben; idealerweise schon in den nächsten Tagen.
Man sei auf alles vorbereitet, sagte EU-Kommissionspräsidenten Ursula von der Leyen diese Woche im Europäischen Parlament: „Wir halten an unseren Prinzipien fest, wir verteidigen unsere Interessen, wir arbeiten weiter in gutem Glauben und wir bereiten uns auf alle Szenarien vor. Der EU-Handelskommissar Maros Sefcovic berichtete von Fortschritten in den Gesprächen. Diese liefen zurzeit täglich.
Zollstreit mit Trump: EU hofft auf baldige Einigung
Eine schnelle Einigung hält auch Bernd Lange (SPD), Vorsitzender des EU-Handelsausschusses, für dringend notwendig. „Die bisherigen Zölle laufen ja weiter und sind nicht pausiert“, sagte der Sozialdemokrat im Gespräch mit der Frankfurter Rundschau. Der Status Quo bedeute für europäische Unternehmen eine enorme Belastung. „Das muss sich so schnell wie möglich ändern“, mahnt Lange.
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Auch wenn eine Rahmenvereinbarung schnell getroffen werden müsse, sollte die Ausgestaltung final und klar sein. Zentrale Anforderungen seien:
- eine sofortige Reduzierung der aktuellen US-Zölle
- keine neuen Zölle
- das europäische Recht darf nicht gebeugt werden
- das internationale Handelssystem muss gestärkt werden
Langes Parteifreund Udo Bullmann glaubt, dass es für eine Einigung im Handelskrieg zwischen den USA und der EU bis zum Ablauf Trumps neuer Frist zum 1. August „eine gewisse Chance gibt“. Zwar trete Trump in Verhandlungen „machtbewusst und dominant“ auf. Aber: „Letztlich kennen wir seine Achillesferse – und das ist die US-amerikanische Wirtschaft. Auch sie leidet unter der Verschlechterung des internationalen Handels“, sagte Bullmann. Vor allem leide zurzeit die internationale Position des US-Dollars – das sei aktuell der allerschwächste Punkt der USA.
EU-Politiker Bullmann: US-Wirtschaft leidet unter Trumps Zöllen
Bullmanns Begründung: Die auf Schulden basierende US-Wirtschaft lebe von der Rolle des US-Dollar als nach wie vor die stärkste internationale Reservewährung. Allerdings habe beispielsweise die chinesische Währung aufgeholt – unter anderem, weil seit dem Ukraine-Krieg viele Gas- und Ölgeschäfte in Renminbi abgewickelt worden seien. Und auch der Euro gewinne an Wert. „In dem Moment, in dem die Dominanz des US-Dollars als Reservewährung leidet, wird die gesamte US-Wirtschaft leiden. Dann werden die USA vor eklatanten Finanzierungsproblemen stehen“, meint Bullmann.
Der Vorsitzende des EU-Handelsausschusses, Bernd Lange (SPD), stellt zentrale Anforderungen an ein mögliches Zoll-Abkommen mit US-Präsident Donald Trump. © Denis Lomme/Europäisches Parlament
Dennoch zeigt sich die US-Seite laut EU-Diplomaten aus verschiedenen Ländern nicht bereit, die aktuellen Basiszölle in Höhe von zehn Prozent auf EU-Produkte zu senken. Dies habe auch Bullmann erfahren: „Unsere Verhandler berichten, dass die Trump-Regierung wild entschlossen ist, dass die Basiszollhöhe bleiben soll.“ Der Grund liege in angeblich Handelsbenachteiligungen, denen Bullmann – vor allem mit Blick auf die Handelsbilanzen im Dienstleistungssektor – widerspricht. „Dennoch glaube ich nicht, dass wir auf ein Verhandlungsende zulaufen, an dem alles wieder gut ist“, so der Sozialdemokrat.
Er zeigt sich von Trumps Zollpolitik auch mit Blick auf die US-Bürger nicht überzeugt. Die reichsten zehn Prozent der US-Bevölkerung kauften rund 50 Prozent des Konsumgütermarktes. Der amerikanische Mittelstand sei auf günstigere Produkte – wie Textilien und Elektronikartikel – angewiesen, vor allem aus dem asiatischen Markt. Diese Billigprodukte würden in den USA nun teurer werden. Aus diesem Grund meint Bullmann, dass man in einigen Jahren sehen werde, wie sehr Trump den USA geschadet haben wird. „Trump schwächt die USA nicht nur politisch und isoliert das Land auf internationaler Bühne. Er katapultiert die Weltmacht auch ökonomisch mindestens eine Etage nach unten“, sagte der SPD-Politiker.
US-Zölle: Trumps „Steinzeitkeulen“-Strategie in der EU-Kritik
Er kritisiert Trumps erpresserischen Politikstil. Dass der Republikaner in seinen Zollbriefen den betroffenen Ländern wie Japan und Südkorea mit weiteren Zöllen droht, sollten diese mit eigenen Zöllen reagieren, bezeichnet Bullmann als „Steinzeitkeule“. Diese Tendenz zeige Trumps Sympathie für das „Recht des Stärkeren“ und ein Entfernen der US-Regierung von der regelbasierten Weltordnung.
Der EU-Abgeordnete Udo Bullmann (SPD) kritisiert Trumps Sympathie für das Recht des Stärkeren. © Philippe Buissin/Europäisches Parlament
Hier sieht auch Lange Europa in der Pflicht: „Gerade die EU darf sich nicht zum Erfüllungsgehilfen für die Legitimierung des Recht des Stärkeren machen.“ Die Union müsse sich weiter für den regelbasierten Handel starkmachen und dürfe sich nicht „politisch erpressen lassen“. Laut Lange sollte die EU dafür auf neue geeignete legislative Maßnahmen der defensiven Handelsinstrumente setzen – wie beispielsweise das Instrument zur Bekämpfung von Zwangsmaßnahmen.
Führt Trump die Welt in eine Anti-USA-Koalition?
Auch Bullmann kritisiert die konsistenten Drohgebärden der Trump-Regierung, mit denen der Präsident vor allem den USA politisch, ökonomisch und diplomatisch enorm schadeten. „Jedem Staat, dem Trump droht, zwingt er in eine Anti-USA-Koalition. Ich glaube, dass sich der Autokrat Trump massiv überschätzt“, sagte Bullmann.
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Die Gefahr sei groß, dass sich die internationale Rechtskultur immer weiter zerbrösele. Diese Prozesse fänden bereits statt – im internationalen Welthandel und der multilateralen Ordnung. In dieser unsicheren Welt müsse Europa nun seinen Weg finden. „Und dieser Weg entscheidet sich nicht mehr mit dem Blick nach innen, wie wir das in den letzten Jahrzehnten gewohnt waren. Europas Zukunft entscheidet sich auf globaler Ebene“, sagte Bullmann. (Interviews: Jan-Frederik Wendt)