Wer in Berlin digital einen Termin zur Eheschließung, zur Anmeldung eines Wohnsitzes oder eines Autos machen möchte, braucht Geduld und gute Nerven. Viele Wochen können vergehen, bis in der Hauptstadt des digitalen Entwicklungslandes etwas vorangeht. Nur bei einem Thema hat Berlin den Digitalturbo gezündet: Migranten können sich per Mausklick einbürgern lassen.

Dieses Angebot erfreut sich großer Beliebtheit. Die Zahl der Einbürgerungen hat sich seit der Einführung des Service im vergangenen Jahr verdoppelt. Für 2025 rechnet das Landesamt für Einwanderung mit einer weiteren Verdopplung auf mehr als 40.000 Einbürgerungen. Nicht nur der beschwerliche Gang zum Amt entfällt für die Migranten. Auch möglicherweise lästige Nachfragen, wie man es mit der freiheitlich demokratischen Grundordnung oder dem Bekenntnis zum Schutz jüdischen Lebens hält, muss sich niemand mehr gefallen lassen. Eine persönliche Vorsprache ist erst bei der Aushändigung der Einbürgerungsurkunde Pflicht.

Andere Bundesländer sind noch nicht ganz so fortschrittlich. Ein Sprecher des Innenministeriums von Baden-Württemberg etwa erklärte gegenüber „Bild“, die Behörden müssten sich „vergewissern, dass die Bekenntnisse der inneren Überzeugung der Antragsteller entsprechen und nicht lediglich Lippenbekenntnisse sind“. Da gerät Berlins Bürgermeister Kai Wegner plötzlich ins Grübeln und will nun seine Innensenatorin prüfen lassen, ob wirklich alles mit rechten Dingen zugeht.

Wegner ist ein echter Prüf-Profi. Nachdem am vergangenen Wochenende 1500 Menschen bei einer Pro-Gaza-Demo in Berlin die Einführung eines Kalifats gefordert haben, will Wegner nun auch prüfen lassen, wie solche Aufmärsche in Zukunft verhindert werden können. Wir wünschen dabei viel Erfolg. Denn wie heißt es so schön:  „Ein Land ist immer nur so gut wie seine Hauptstadt“.