Noch immer ist das Schicksal des Radiosenders Cosmo nicht entschieden. Im Zuge der ARD-Sparmaßnahmen sollte der interkulturelle Sender ganz abgeschafft werden. Daran hat auch die erfolgreiche Petition mit 66.000 Unterzeichnern, die auch Herbert Grönemeyer, Fatih Akin, Chilly Gonzalez, Jan Delay und die Staatsministerin im Auswärtigen Amt, Serap Güler (CDU), unterschrieben haben, noch nicht viel geändert. Auch die ARD-Intendantenkonferenz Ende Juni, auf der die verantwortlichen Anstalten WDR und RBB das Thema bescheiden wollte, blieb vage dazu.

Der WDR, gemeinsam mit dem RBB eine der hauptverantwortlichen Anstalten für Cosmo, hat inzwischen angekündigt, das Programm „weiterentwickeln“ zu wollen. Der Verlust würde eine große migrantische Community und Fangemeinde sehr betroffen machen, sehen diese doch im interkulturellen Programm ein Stück Heimat. Oder wie es ein Unterschreiber der Petition formulierte: „Wenn Cosmo verstummt, verlieren wir mehr als Musik. Wir verlieren Diversität, Sichtbarkeit, Zukunft.“

„Die Lage im Haus ist sehr angespannt“

Der RBB, der sich bislang zurückhielt mit Cosmo-Solidaritätsadressen, vermeldet in dieser Woche, dass sich Rundfunkratsmitglieder für den Erhalt ausgesprochen haben. Weiter heißt es: „Auch im Zusammenhang mit seinen Sparmaßnahmen hatte der RBB angekündigt, sein Engagement bei Cosmo zu überprüfen.“ Insgesamt will der Sender rund 22 Millionen Euro an Personal- und Honoraraufwand einsparen, Cosmo macht lediglich 0,13 Prozent seines Gesamtbudgets aus. Der Reform-Rundfunkstaatsvertrag für ganz Deutschland will 16 Radiowellen einsparen.

Auch die Cosmo-Mitarbeiter selbst setzen sich vehement für den Erhalt ihres Senders und natürlich ihrer Arbeitsplätze ein. Doch während man „draußen“ noch Hoffnung auf den Erhalt der beliebten Welle hat, manifestiert sich innerhalb des Senders die Angst: „Die Lage im Haus ist sehr angespannt“, sagt ein Mitarbeiter, der seit langem dabei ist, aber lieber anonym bleiben möchte, „unsere Infos über den Stand der Dinge holen wir von außen, die Geschäftsleitung hüllt sich in Schweigen. “

Man glaube zwar erst, dass man keine Zukunft mehr habe, wenn einer der Verantwortlichen das Aus verkünden würde, aber diese Schwebesituation würde die Mitarbeiter zusehends zermürben. Hinzu komme, dass auch aus der Chefredaktion „nur noch kalter Wind und Halbsätze“ kämen, wie es die Belegschaft empfindet, und beides nichts Gutes verheiße, auch wenn man sich an Spekulationen nicht beteiligen möchte.

Cosmo ist aus dem Radiosender „Multikulti“ hervorgegangen, der 2008 von der ehemaligen RBB-Intendantin Dagmar Reim abgeschaltet wurde, „ohne auch nur an adäquaten Ersatz zu denken“, formuliert es der Cosmo-Mitarbeiter. Während die Welle früher das mediale Zuhause vieler Migrantinnen und Migranten und das einzige Radioprogramm der ARD war, das seine Inhalte in verschiedenen Sprachen präsentierte, richtet es sich heute an ein junges, internationales und queeres Publikum.

Cosmo (vormals „Funkhaus Europa“) hat Redaktionen in Köln, Bremen und Berlin. Den Anfang machte 1994 das „Radiomultikulti“ als Antwort auf die Ausschreitungen gegen Migranten in den damals neuen Bundesländern. Vorher gab es sogenannte „Gastarbeiterprogramme“, die Migranten in Deutschland medial versorgten. Da sich Deutschland aber inzwischen als Einwanderungsland begreift, sind solche Begriffe überholt, heute spricht man lieber von „Diversity“. Rund 21,2 Millionen Menschen in Deutschland haben eine Migrationsgeschichte. Unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen ist es jede dritte Person, im Sendegebiet NRW sogar jeder zweite.

Cosmo erste Welle, die ihr Programm in Podcasts überführte

Generell hat das Team von Cosmo zahlreiche Reformen durchgemacht, manche sogar gern und kreativ. „Immerhin waren wir die ersten, die das Radioprogramm erfolgreich in Podcasts überführt hat“, beschreibt der langjährige Cosmo-Mitarbeiter die Situation im Hause. Aber jetzt habe man in der internationalen Redaktion ein Gefühl, „als würde die Arbeit, die bis dahin immer gelobt worden ist, auf einmal nichts mehr wert sein“.

Auch Serap Güler (CDU) bekräftigt gegenüber der Berliner Zeitung noch einmal, wie wichtig die Existenz von Cosmo ist: „Für viele Menschen mit internationaler Geschichte ist Cosmo mehr als nur ein Radiosender – es ist ein Stück zuhause, eine Plattform, in der ihre Lebensrealitäten, Sprachen und Geschichten Raum bekommen. Gerade in Zeiten gesellschaftlicher Polarisierung brauchen wir Medienangebote wie Cosmo, die Brücken bauen, statt Gräben zu vertiefen.“