Tourreporter

Stand: 11.07.2025 20:20 Uhr

Tadej Pogacar übernimmt nach der 7. Etappe der Tour de France wieder das Gelbe Trikot auch dank seines Teams. Um einen Helfer muss er bangen, Nils Politt widmet er eine Lobeshymne.


Michael Ostermann

Im Staub hinter dem Ziel auf dem Hügel oberhalb von Mûr-de-Bretagne stand der Portugiese Joao Almeida und sah arg mitgenommen aus. Trikot und Hose waren zerfetzt. Er hatte blutige Wunden an Beinen, Armen und am Rücken. „Die Hüfte ist am schlimmsten“, sagte er und griff sich an die linke Seite. Dann stieg er mit gequältem Gesichtsausdruck in ein Teamauto, das ihn zum Röntgentruck unten im Ort brachte.

Almeida kann wohl weiterfahren

Währenddessen wurde sein Kapitän Tadej Pogacar für seinen zweiten Tour-Etappensieg in diesem Jahr geehrt und nahm das Gelbe Trikot entgegen, das er am Tag zuvor vorübergehend an den Niederländer Mathieu van der Poel abgegeben hatte. Almeidas Zustand trübte Pogacars Freude über den Sieg auf der 7. Etappe der Tour de France ein wenig. „Ich hoffe, er ist okay“, sagte Pogacar.

Da wusste der Slowene noch nicht, dass Almeida zumindest keine schwereren Verletzungen erlitten hat. „Einen unkomplizierten Rippenbruch links und schwere Hautabschürfungen“ habe Almeida davongetragen, ließ der UAE-Teamarzt Adrian Rotunno später mitteilen. Der Portugiese werde beobachtet, aber zur 8. Etappe wohl am Start stehen.

Sportschau Tourfunk, 11.07.2025 18:36 Uhr

Das dürfte auch Pogacar erleichtern, denn Almeida gilt als sein wichtigster Helfer für das Hochgebirge. Pogacar mag seine Siege alleine feiern, aber auch er profitiert dabei von den Diensten seiner Mannschaft. So auch auf dem Weg nach Mûr-de-Bretagne, wo ihm seine Teamkollegen den Erfolg nach Plan vorbereitet hatten. „Ich bin sehr stolz darauf, wie wir gefahren sind“, erklärte Pogacar. „Heute waren wir nahe an der Perfektion.“

Der Tagessieg auf der 7. Etappe der Tour de France war ein Sieg mit Ansage. „Wir fahren auf den Etappensieg“, hatte Pogacar schon am Vormittag am Start in Saint Malo angekündigt und dieses Vorhaben dann von seinem Team vorbereiten lassen. Das Ziel in Mûr-de-Bretagne sei ikonisch, erklärte Pogacar, der sich offenbar unbedingt auf jede Seite der Radsportgeschichte eintragen will.

Lobeshymne vom Chef nach harter Arbeit

Das bedeutete vor allem einen harten Arbeitstag für Nils Politt, der viele Kilometer an der Spitze des Feldes verbrachte, um die Fluchtgruppe des Tages in Schach zu halten. Stundenlang sah man den Kölner sich vorne abrackern. Der Vorsprung der Ausreißer, zu denen auch der Toursieger von 2018, Geraint Thomas, gehörte, wuchs dank Politt nie auf viel mehr als anderthalb Minuten an. „Das war viel Arbeit, aber die wurde mit dem Sieg belohnt, insofern sehr schön“, sagte Politt später am Teambus recht nüchtern.

Pogacar dagegen reagierte mit einer Lobeshymne, als er auf seinen deutschen Helfer angesprochen wurde. „Nils ist unsere Giraffe“, begann der Slowene in Anspielung auf die 1,92 Meter Länge des Kölners. In den ersten Tagen habe Politt ein wenig gelitten, erzählte er. „Aber jetzt, wo es drauf ankommt, zeigt er, dass er einer der besten Domestiken der Welt ist, wenn nicht sogar der beste für den Job. Nils Politt ist einzigartig.“

Der beste Fahrer der Welt im wohl besten Team

Politts Job war rund 20 Kilometer vor dem Ziel getan, dann übernahmen andere die Aufgabe, Pogacar den Sieg vorzubereiten. Tim Wellens etwa, der seinen Kapitän in den Schlussanstieg führte. Und später Jhonatan Navárez, der es nicht nur schaffte, auf den letzten zwei steilen Kilometern mit den Favoriten mitzufahren, sondern Pogacar auch noch den Sprint anzufahren, den dieser dann vor seinem ärgsten Widersacher Jonas Vingegaard gewann.

Pogacar – unbestritten der derzeit beste Radfahrer der Welt – schafft viele Dinge im Alleingang, aber auch noch eins der besten, wenn nicht das beste Team der Welt um sich zu haben, macht ihn noch unangreifbarer. Das mit einem von den Vereinigten Arabischen Emiraten mit einem Budget von angeblich rund 60 Millionen Euro ausgestattete UAE-Team kann Pogacar locker Helfer von diesem Kaliber zur Seite stellen.

Umso glücklicher dürfte der Slowene sein, dass Almeida – Sieger der Tour de Suisse im Juni und Vierter der Tour de France im vergangenen Jahr – offenbar weitermachen kann. Pogacar wird ihn brauchen auf dem Weg zu seinem vierten Toursieg. Am Wochenende folgen zwei Flachetappen, die Pogacar in Mûr-de-Bretagne schon als Ruhetage bezeichnete, die Almeida aber irgendwie überstehen muss, genau wie die anstehende Etappe im Zentralmassiv. Danach folgt der Ruhetag, bevor es in den Pyrenäen dann ernst wird.