Fußball
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Fünf vergessene Berliner Talente und was aus ihnen wurde
Sa 12.07.25 | 10:06 Uhr | Von Ilja Behnisch
Bild: imago images
Unlängst verlängerte Hertha BSC den Vertrag mit Mamuzah Lum, der der jüngste Spieler der Vereinsgeschichte ist und als riesiges Talent gilt. Dass sein Weg kein Selbstläufer ist, zeigt dieser Rückblick. Von Ilja Behnisch
Der 2000 geborene, offensive Mittelfeldspieler Elias Abouchabaka begann bei Blau-Weiss Berolina Mitte mit dem Fußballspielen und wechselte im Alter von zehn Jahren zur Hertha. Fünf Jahre später ging er für die damalige Jugendspieler-Rekordablöse zu RB Leipzig, die für Abouchabaka eine Viertel Million Euro Ablöse zahlten. Ein Schritt, der sich zunächst auszuzahlen schien. Im zweiten B-Junioren-Jahr erzielte er 17 Tore in 21 Spielen. Abouchabaka war von der U16 bis zur U19 Junioren-Nationalspieler und unterschrieb im Mai 2018 seinen ersten Profi-Vertrag. Dann ging es bergab.
Ausgeliehen nach Fürth (2018-2020) kam er in der dortigen Zweitliga-Mannschaft kaum zum Zug, sondern nur in der Regionalliga-Mannschaft auf Amateurebene. Anschließend wechselte er nach Portugal, zum Erstligisten Vitoria Guimares. Doch auch dort wurde er schnell in die zweite Mannschaft abgeschoben. Zusammen mit Yann-Aurel Bisseck, der inzwischen für Inter Mailand spielt und deutscher Nationalspieler ist. Abouchabaka hingegen hat die Profi-Karriere aufgegeben.
Er galt als eines der größten deutschen Mittelfeld-Talente seiner Generation: Geboren 1997 erhielt Damir Bektic seine fußballerische Ausbildung bei Hertha BSC, wo er 2015 mit der U19 den DFB-Junioren-Pokal gewann. Ein Jahr zuvor wurde ihm die Fritz-Walter-Medaille in Silber verliehen, die die besten Spieler eines Jahrgangs ehrt. Zu der Zeit war der technisch versierte Mittelfeldspieler ein absoluter Fixpunkt in der deutschen U17-Nationalmannschaft.
Nach dem Wechsel in den Herrenbereich spielte Bektic für Hertha BSC II in der Regionalliga, bevor er 2018 zur zweiten Mannschaft von Werder Bremen in die 3. Liga wechselte. Dort kam er allerdings nur zu einem Kurzeinsatz, bevor er zum FC St. Pauli II und anschließend zu Energie Cottbus wechselte. Ab 2020 lief er für den SV Tasmania Berlin auf, wo er nach mehreren schweren Verletzungen 2022 seine aktive Karriere beendete und ins Trainerteam wechselte.
Eigentlich, so der Wunsch der Eltern, soll der 1995 geborene Abwehrspieler Leander Siemann einfach nur ein schulisches Austauschjahr in England absolvieren. Papa Joachim, ein Kardiologe, organisiert daher ein Probetraining beim Weltklasse-Klub Arsenal London. Siemann überzeugt, soll von 2011 an aber gleich für drei Jahre unterschreiben. Hertha kassiert eine circa eine Viertelmillion Euro Ablöse.
Doch der erst 15-Jährige, der einst beim BFC Preußen mit dem Fußball begann, fremdelt in der englischen Hauptstadt und sagt dem Berliner „Tagesspiegel“ im Jahr 2014: „Im Rückblick war es für mich zu früh.“ Und: „Es ist schon professioneller und kein Spaß mehr.“ Zwar schafft er immerhin sein Abitur und spielt regelmäßig in den Nachwuchsteams des mit Talenten aus aller Welt gespickten Klubs. Für die erste Mannschaft aber reicht es nicht.
2014 geht Leander Siemann zum FC Porto, noch so ein gigantischer Klub. Dort kommt er auf vier Spiele in der zweiten Mannschaft. Nach einem Jahr Vereinslosigkeit geht es von 2018 an über die Regionalligisten 1. FC Köln II und Berliner AK zum Drittliga-Aufsteiger SC Verl. Nach nur sieben Minuten in der Liga wird sein Vertrag nicht mehr verlängert. Aktuell gilt Siemann mit 29 Jahren als vereinslos.
Noch ein Verteidiger aus der Hertha-Jugend, der die ihm angedachte, ganz große Karriere dann doch nicht gemacht hat: 1995 geboren spielte der B-Juniorenmeister Anthony Syhre von 2012 und U19-Europameister von 2014 zunächst für den Nordberliner SC und den SC Heiligensee, ehe es zur Hertha ging. Dort war er bereits von 2012 an Teil der zweiten Mannschaft. 2013 schließlich wurde er mit der Fritz-Walter-Medaille in Bronze ausgezeichnet. 2015 folgte der Wechsel zum VfL Osnabrück in die 3. Liga, wo er sein Profidebüt gab.
Nach zwei Jahren schloss sich Syhre den Würzburger Kickers an, ehe er 2019 zum niederländischen Erstligisten Fortuna Sittard wechselte, dort aber verletzungsbedingt nur ein Spiel absolvierte. Es folgten Stationen beim Halleschen FC, FSV Zwickau, Greifswalder FC und der SpVgg Bayreuth. 2024 wechselte er zum SV Horn in die österreichische 2. Liga. Seit diesem Sommer ist der inzwischen 30-Jährige vereinslos.
Auch der 1998 geborene Mittelfeldspieler Gedion Zelalem lief nach seinen Anfängen beim BFC Germania 1888 zwischen 2003 und 2006 für die Hertha auf, zog dann aber 2007 mit seiner Familie in die USA. Dem Fußball blieb der Sohn äthiopischer Eltern auch in Amerika treu. Bei einem Turnier in Dallas wurde er dann von einem Scout des FC Arsenal entdeckt. Doch anders als Leander Siemann schaffte es Zelalem bis zu den Profis, spielte im englischen Pokal und im Dezember 2014 sogar in der Champions League.
Der ansonsten eher nüchterne „Guardian“ schrieb vom „Wunderkind“, dem „die Welt zu Füßen“ liege. Doch statt Traum-Karriere bei Arsenal folgte ein Leben als Globetrotter. Die Stationen seit 2015: Glasgow Rangers, VVV Venlo, Kansas City, Swope Park, New York City, FC Den Bosch, NK Lokomotiva, New Mexiko United. Beim amerikanischen Zweitligisten ist der inzwischen 28-Jährige aktuell immerhin Stammspieler.
Sendung: rbb|24 Inforadio, 11.07.2025, 22:15 Uhr
Beitrag von Ilja Behnisch