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Der EU-Abgeordnete Lagodinsky kritisiert Trumps Ukraine-Politik. Das Handeln des US-Präsidenten sei „mit rationalen Argumenten“ nicht zu verstehen.

Kiew/Straßburg – Laut dem EU-Abgeordneten Sergey Lagodinsky lässt sich US-Präsident Donald Trump in den Verhandlungen über einen Frieden im Ukraine-Krieg von Kremlchef Wladimir Putin „erniedrigen“. Zum Beginn seiner Amtszeit hatte Trump immer wieder einen schnellen Frieden versprochen, aber die Gespräche mit Putin endeten jeweils ohne Ergebnis, sagte der Grünenpolitiker im Interview mit der Frankfurter Rundschau von IPPEN.MEDIA in Straßburg.

„Putin hat alle Trump-Vorschläge gegen die Wand gefahren – und trotzdem ändert Trump seinen Kurs nicht“, so Lagodinsky. Mit rationalen Argumenten könne man Trumps Handeln nicht begründen. Eine neue Strategie sei auch im Interesse der hinter Trump stehenden Maga-Bewegung. „Die Maga-Leute wollen ein Ende des Ukraine-Krieges. Aber dieses Ende ist nicht abzusehen, weil Putin freie Hand hat. Demzufolge müssten die USA die freie Hand von Putin binden. Aber das passiert nicht und ist in keiner Weise zu erklären“, meint der 49-Jährige.

Trumps Gleichgültigkeit in Putins Ukraine-Krieg?

Dafür seien die Menschen in der Ukraine im Abwehrkampf gegen das imperialistische Russland unter Putin weiterhin festentschlossen – und „das macht sie nur noch entschlossener“, meint Lagodinsky fügt hinzu: „Aber natürlich zehrt der Krieg an ihren Kräften.“

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Die Lage in der Ukraine sei sehr gefährlich und die aktuellen schweren Angriffe zeigten, dass die Situation immer ernster wird. „Und dass die Russen mittlerweile alle Hemmschwellen hinter sich gelassen haben und durch die Gleichgültigkeit von Trump nun freie Hand haben“, sagte der Grünenpolitiker.

Immer mehr Ukrainer berichteten ihm, dass sie gar nicht mehr in ihrem Zuhause schlafen, sondern nur noch in Bunkern oder U-Bahnstationen. Besonders in der Hauptstadt Kiew habe sich die Lage in den vergangenen Wochen dramatisch verschlechtert. Lange Zeit war Kiew gut geschützt, aber die letzten massiven Luftangriffe der russischen Streitkräfte mit Drohnen und Raketen töteten viele Menschen und verursachten zahlreiche Schäden.

Ukraine-Krieg: EU-Abgeordneter Lagodinsky wirft Trump-Regierung „strategische Fehleinschätzung“ vor

In der Vergangenheit bekämpfte die ukrainische Armee diese russischen Attacken vor allem mit Patriotsystemen. Das Problem: Für diese wichtigen Verteidigungswaffen hatte US-Verteidigungsminister Pete Hegseth zuletzt einen Lieferstopp angekündigt. Dabei geht es um Raketen und Präzisionsmunition, die bereits die US-Regierung unter Joe Biden zugesagt hatte, bevor Trump mit seinem heutigen Team am 20. Januar ins Weiße Haus einzog.

Sergey Lagodinsky steht am Rednerpult im EU-Parlament und spricht. Der EU-Parlamentarier Sergey Lagodinsky (Grüne)… © Christian Creutz/Europäisches Parlament

Die Entscheidung über die gestoppten US-Hilfen bezeichnete Lagodinsky als „die übliche Mischung aus Kakophonie und strategischer Fehleinschätzung der US-amerikanischen Regierung“. Trumps Politik setze auf Deals, aber Deals würden in geostrategischen Auseinandersetzungen – wenn es um Menschenleben geht – nicht funktionieren. Der US-Präsident versuche mit seinen Entscheidungen, den Druck auf die Ukraine zu erhöhen. Aber: „Dieser Druck kostet jede Nacht mehreren Menschen das Leben. Das finde ich unverantwortlich“, so Lagodinsky. Den Druck auf die Ukraine solle Trump mit Druck gegenüber Putin ersetzen.

In einem langen Brief von EU-Parlamentariern hatte auch Lagodinsky am 4. Juli an die USA appelliert, sich wieder parteiübergreifend zur Verantwortung und globalen US-Mission zu bekennen, Menschenleben auf der gesamten Welt zu retten und sich für Menschenrechte sowie Freiheit einzusetzen.

Möglicher Scheinfrieden zwischen Trump und Putin im Ukraine-Krieg – Nato-Gipfel weckt Hoffnung

„Leider glaube ich, dass Trump alles egal ist, was nicht unmittelbaren US-Interessen gilt. Auch wenn es im krassen Gegensatz zu dem steht, was er üblicherweise sagt“, sagte Lagodinsky. Dem Republikaner seien zivile Opfer egal. Wenn es Trump tatsächlich darum gehe, den ukrainischen Widerstand im Sinne eines Scheinfriedens zu brechen, dann würde es langfristig durch russische Besatzer keinen gerechten Frieden und noch viel mehr Tote geben.

Wladimir Putin sitzt in einem Stuhl und lacht. Ukraine-Krieg: Russlands Präsident Wladimir Putin lässt sich von US-Präsident Donald Trump nicht aufhalten. © Denis Balibouse/dpa

Zumindest der Beschluss auf dem kürzlichen Nato-Gipfel – dass die Ukraine-Hilfen der Länder nun als Beitrag für die Fünf-Prozent-Ziele hinsichtlich der Verteidigungsausgaben angerechnet werden – ist für Lagodinsky „ein Lichtblick“. Ein weiterer sei die Europäisierung der Verteidigungsindustrie und dass die Ukraine in die Prozesse integriert werde. Nun gehe es darum, EU-Gelder unter anderem für Forschung und innovative Bereiche freizumachen.

Lagodinsky rechnet mit EU-Sanktionen gegen Putins Russland – Kritik an Orbán und Fico

Zwei Punkte sind Lagodinsky besonders wichtig: Erstens müssten die Verteidigungsausgaben transparent sein und zweitens dürfe nicht der Eindruck entstehen, dass die EU ihren gesamten Haushalt für die Sicherheit ausgibt. „Wir müssen den Bürgerinnen und Bürgern erklären, warum wir so viel Geld für unsere Verteidigung ausgeben“, meint das Ausschussmitglied für auswärtige Angelegenheiten. Gleichzeitig müssten Synergieeffekte oder zusätzliche Mittel für andere Bereiche wie Klimaschutz, Sozialpolitik und Wirtschaft geschaffen werden.

Lagodinsky rechnet mit der Verabschiedung des 18. EU-Sanktionspakets gegen Russland – eventuell in einer abgeschwächten Form. Der Beschluss war zuletzt unter anderem an den Einwänden des slowakischen Ministerpräsidenten Robert Fico und des ungarischen Regierungschefs Viktor Orbán gescheitert. „Zwar konnten wir diese Widerstände immer brechen. Aber ich finde es unter aller Sau, dass diese beiden Putin-Fans die Sanktionen nicht mittragen, während täglich Menschen in der Ukraine sterben.“ (Interview: Jan-Frederik Wendt)